Was kann Selenskyjs geplanter Friedensgipfel erreichen?

    FAQ

    Geplanter Gipfel in der Schweiz:Was kann Selenskyjs Friedensvision erreichen?

    ZDFheute Update - Jan Schneider
    von Jan Schneider
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    Wolodymyr Selenskyj hat angekündigt, auf einem internationalen Gipfel in der Schweiz ein Konzept für Friedensverhandlungen mit Russland vorzustellen. Welche Erfolgschancen hat das?

    Wolodymyr Selenskyj auf einer Pressekonferenz in Kiew
    Wolodymyr Selenskyj auf einer Pressekonferenz in Kiew.
    Quelle: dpa

    Weniger Waffenlieferungen, mehr Friedensverhandlungen - diese Forderung und der dahinterstehende Wunsch nach einem Ende der Kämpfe in der Ukraine werden seit dem ersten Tag des russischen Angriffskriegs auf das Nachbarland in regelmäßigen Abständen hervorgebracht und diskutiert. Oft haben die Konfliktparteien direkte Gespräche kategorisch ausgeschlossen, das letzte offizielle Treffen wurden nach dem Bekanntwerden des Massakers von Butscha für gescheitert erklärt.
    Aus Kiew ist nun aber zu hören, dass direkte Friedensverhandlungen mit Russland zumindest in Erwägung gezogen werden. Was steckt dahinter und kann dadurch tatsächlich eine Friedenslösung gefunden werden?

    Welchen Vorschlag hat die Ukraine gemacht?

    Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat angekündigt, auf einem Gipfeltreffen in der Schweiz im Frühjahr seine Friedensvision mit den Verbündeten zu erörtern. Dieses Konzept könnte bei einer zweiten Konferenz Russland offiziell übergeben werden. "Es könnte eine Situation entstehen, in der wir gemeinsam Vertreter der Russischen Föderation einladen. Dort wird ihnen der Plan vorgelegt", sagt der Leiter des Präsidialamtes, Andrij Jermak, im Fernsehen.
    Der Friedensgipfel in der Schweiz soll zustande gekommen sein nach einem Gespräch, das Selenskyj mit der Schweizer Bundespräsidentin Viola Amherd am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos geführt hat.
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    Wie sieht die ukrainische Friedenslösung aus?

    Die ukrainische Vorstellung für Frieden stammt bereits aus dem Herbst 2022: Damals stellte Selenskyj seine Friedensformel vor den Vereinten Nationen vor. Darin wird gefordert, dass sich Russland aus dem gesamten Territorium der Ukraine zurückzieht inklusive der Halbinsel Krim und der Hafenstadt Sewastopol dort. Außerdem solle Russland zu Reparationszahlungen für die angerichtete Zerstörung verpflichtetet werden und Kriegsverbrechen bis zur obersten Ebene des Staates - also Präsident Wladimir Putin - geahndet werden.
    Es handle sich bei dieser Friedensformel um eine Maximalforderung, die einen vollständigen Sieg der Ukraine auf dem Schlachtfeld voraussetzt, erklärt der Russland-Experte Gerhard Mangott von der Universität Innsbruck.

    Die Ukraine versucht mit so einem Friedensgipfel möglichst viel diplomatische Unterstützung für diese Maximalforderungen zu bekommen. Viele Staaten unterstützen diese Friedensformel auch. Die Frage ist aber nur: Wie soll man dahin kommen?

    Gerhart Mangott, Universität Innsbruck

    Welche Aussichten auf Erfolg hat der Friedensgipfel?

    Die Chancen für ein Ende der Kampfhandlungen sind aktuell sehr gering. Russland hat bereits erklärt, dass es derzeit keine Grundlage für Friedensgespräche gebe. Auf dem Schlachtfeld hat Moskau aktuell die Initiative und setzt die ukrainischen Truppen stark unter Druck.
    Die meisten Militärexperten stufen die Ukraine in diesem Jahr im besten Fall als verteidigungsfähig ein - Sie kann vermutlich die Verteidigungslinien halten, hat aber wenig Potenzial für größere Gegenoffensiven. "Militärisch steht sie gerade im Osten mit dem Rücken zur Wand", berichtet ZDF-Reporterin Katrin Eigendorf aus dem Land.
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    Nicole Deitelhoff vom Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) wertet Selenskyjs Ankündigung vor allem als strategische Kommunikation, um möglichst viele Staaten in den Friedensprozess zu involvieren.
    Die Ukraine wolle sich damit als die Konfliktpartei präsentieren, die an einer Beilegung des Konflikts ernsthaft interessiert ist und eine breite Unterstützung auch abseits der westlichen Staaten für eine Friedenslösung gewinnen.

    Das, denke ich, ist das strategische Kalkül dahinter, und das ist absolut richtig.

    Nicole Deitelhoff, Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung

    Dass Selenskyj allerdings größere Abstriche von seiner Maximalforderung machen wird, erwartet Deitelhoff nicht. Dazu sei der innenpolitische Druck auf ihn zu groß. Bewegung in diese Frage könnte lediglich ein größerer Durchbruch der russischen Streitkräfte an der Front bringen. Dieser ist aktuell nicht ausgeschlossen, aber noch nicht abzusehen.
    Im heute journal erklärt Konfliktforscherin Deitelhoff die Bedeutung der Unterstützung für die Ukraine:
    25.02.24: Dunja Hayali spricht mit Nicole Deitelhoff
    Ob militärische Ausrüstung für die Ukraine sinnvoller sei, als sie für den Notfall zurückzuhalten, sei eine Frage, die man sich stellen müsse, so Konfliktforscherin Deitelhoff.25.02.2024 | 5:36 min

    Welche Rolle spielt die US-Wahl für die Friedensverhandlungen?

    Die Situation auf dem Schlachtfeld ist ein Aspekt, der Verhandlungen für Russland aktuell unattraktiv macht, ein zweiter ist die bevorstehende Wahl des US-Präsidenten im kommenden Herbst.

    Russland hat kein Interesse an den Verhandlungen, weil es die US-Wahl abwarten möchte.

    Gerhart Mangott, Universität Innsbruck

    Der Kreml habe eine klare Präferenz für Donald Trump, schildert Mangott die Lage. Man hoffe in Moskau darauf, dass Trump tatsächlich die Militär- und Finanzhilfen für Kiew deutlich reduziert oder gar ganz einstellt. Gleichzeitig setze man allerdings nicht allzu große Hoffnung auf den Wechsel im Weißen Haus. Russland sei sich durchaus bewusst, dass es auch weiterhin zahlreiche "Vetoakteure" geben wird, die an den Hilfen für Kiew festhalten werden wollen.
    Es sei allgemein Putins Strategie, den Konflikt in die Länge zu ziehen und zu hoffen, dass die Unterstützung für die Ukraine irgendwann nachlassen wird, meint Deitelhoff:

    Er setzt darauf, dass er länger durchhalten kann, und er setzt auch momentan ganz stark auf psychologische Kriegsführung

    Nicole Deitelhoff, Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK)

    Das habe sich erst kürzlich beim gewaltsamen Tod des übergelaufenen russischen Hubschrauberpiloten in Spanien gezeigt. Donald Trump wäre auf diesem Weg zwar hilfreich, aber nicht entscheidend.



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