Wie die EU-Außenminister in Kiew gegen Zweifel ankämpfen

    Außenminister in Ukraine:Wie die EU in Kiew gegen Zweifel ankämpft

    Florian Neuhann
    von Florian Neuhann
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    Europas Außenminister wollen in Kiew Zweifel an der Zuverlässigkeit des Westens ausräumen. Nur gelingt das nicht ganz.

    Ukraine-Krieg - EU-Außenminister in Kiew
    Mitten im Ukraine-Krieg besuchen die EU-Außenminister Kiew
    Quelle: epa

    Am Morgen wartet Dmytro Kuleba erstmal. Die Sekunden ziehen sich, der ukrainische Außenminister steht vor den Kameras, scheint sich zu sammeln, blickt gen Decke, dann auf den Boden. Natürlich darf man nicht zu viel hineingeheimnissen in solche Szenen. Und doch fragt man sich beim Betrachten unwillkürlich: zweifelt da gerade jemand, wie lange das noch gut geht?
    Die Frage wäre berechtigt. Nach einem Wochenende, an dem es bittere Nachrichten für die Ukraine hagelte: im EU-Mitgliedsland Slowakei gewann der Populist Robert Fico die Wahl mit der Ansage, die Hilfe an die Ukraine zu stoppen. Und: in den USA beschloss der Kongress einen Übergangshaushalt, der vorerst keine weitere Hilfe für die Ukraine enthält.

    Europas Außenminister wollen Zweifel in Kiew zerstreuen

    Europas Außenminister sind also auch nach Kiew gereist, um Zweifel an der Zuverlässigkeit zu zerstreuen. Zweifel daran, dass die EU den letzten Schritt gehen wird, um die Ukraine zu unterstützen. Dass sie bereit steht, wenn die USA im Wahljahr 2024 ausfällt.
    Der Besuch - in der Öffentlichkeit als "Überraschung" verkauft, aber natürlich von langer Hand geplant - soll also ein Symbol sein: der Westen, Europa steht an Kiews Seite. Und tatsächlich ist es das erste Mal, dass sich Europas Außenminister außerhalb der Grenzen der EU treffen. Oder, wie es Dmytro Kuleba anfügt: "innerhalb der künftigen europäischen Grenzen" - sein Land will schließlich lieber morgen als übermorgen Teil der EU werden.
    Ukraine-Krieg - EU-Außenminister in Kiew
    So etwas hat es noch nie gegeben: Die EU-Außenminister in Kiew
    Quelle: epa

    Sicher, man darf die Symbolkraft eines solchen Besuchs nicht unterschätzen. Es ist schließlich immer noch Kriegsgebiet, das Europas Diplomaten hier besuchen. Und es ist auch ein Signal an die eigene Bevölkerung zuhause, wie es Außenministerin Annalena Baerbock formuliert: Das Treffen sei wichtig, um der eigenen Öffentlichkeit "zurückzuspiegeln", was da passiert. "Krieg darf nicht Normalität werden", so Baerbock.

    Mehr als ein Symbol hat die EU nicht dabei

    Doch je mehr die Außenministerinnen und Außenminister in Kiew über das "historische Signal" und die "starke politische Botschaft" ihres Besuchs reden - desto klarer wird: mehr als ein Symbol haben sie nicht mitgebracht. Keine Zusage über eine langfristige europäische Militärhilfe, wie vom EU-Chefdiplomaten Josep Borrell vor Wochen vorgeschlagen. Und natürlich keine Aussage über nächste Schritte zur EU-Mitgliedschaft - ob die EU formell Verhandlungen eröffnet, müssen die Staats- und Regierungschefs im Dezember entscheiden.
    Und so steht der EU-Außenbeauftragte Borrell am Nachmittag auf der Pressekonferenz - und klingt fast beschwörend, als er wiederholt: "Die EU bleibt in ihrer Unterstützung für die Ukraine geeint." Und weiter:

    Ich sehe nicht, dass auch nur ein Mitgliedstaat von dem Engagement abrückt, die Ukraine mit unseren Mitteln zu unterstützen.

    Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell

    Doch die EU-Reisegruppe ist nicht vollzählig

    Auch nur ein Mitgliedstaat? Die Botschaft würde überzeugender wirken, wäre die Reisegruppe vollzählig. Doch ausgerechnet aus den Wackelkandidaten fehlen die Außenminister in Kiew. Polens Außenminister etwa ist nicht dabei; seine Regierung hatte im Wahlkampf die Waffenhilfe für die Ukraine infrage gestellt. Und auch der notorische Quertreiber aus Ungarn ist nur mit einem stellvertretenden Staatssekretär vertreten - viel tiefer in der diplomatischen Rangordnung geht kaum.
    Auch das ist ein Symbol. Wenn auch nicht das, was Borrell und andere wohl im Kopf hatten.

    "Dann werden Zweifel aufkommen"

    Und so trifft es vielleicht der litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis mit seinen Anmerkungen am besten. Landsbergis, 41, ist bekannt für prägnante Plädoyers für die Ukraine. In Kiew ist von ihm eher Nachdenkliches zu hören: "Wir kommen in eine kritische Phase, was unsere Unterstützung für die Ukraine betrifft", sagt er. "Wenn wichtige Zusagen nicht eingehalten, wichtige Schritte nicht gemacht werden, dann werden Zweifel aufkommen."

    Falls sie nicht schon längst da sind.
    Florian Neuhann ist ZDF-Korrespondent im Studio Brüssel.
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