Ukraine-Krieg: Warum Kiew im russischen Belgorod vorstößt

    Analyse

    Überraschungsangriff in Russland:Belgorod-Vorstoß: Was Kiew damit bezweckt

    von Christian Mölling und András Rácz
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    In der russischen Region Belgorod hat die Ukraine wieder einen Überraschungsangriff gestartet - ein russischer General wurde wohl getötet. Was Kiew mit dem Vorstoß erreichen will.

    Belgorod
    Die Ukraine hat nach kleineren Attacken in vergangenen Jahren erneut einen Überraschungsangriff in der russischen Region Belgorod gestartet. (Archivbild)
    Quelle: dpa

    Die Ukraine hat ab dem 18. März einen weiteren Überraschungsangriff gegen Russland gestartet, diesmal in Belgorod. Es ist nicht das erste Mal, dass ukrainische Truppen die russische Region angreifen: sowohl im Sommer 2023 als auch 2024 gab es kleinere Attacken.
    Ähnlich wie bei den vorangegangenen Angriffen scheint auch die jetzige Operation von begrenztem Umfang und Ausmaß zu sein. Zunächst nahmen die Ukrainer wahrscheinlich die kleinen Dörfer Popowka und Demidowka ein und schafften es auch, einen Kommando-Posten in der Region zu zerstören. Eine Woche später, ab dem 25. März, dehnten sie die territoriale Kontrolle nach Süden aus, auch auf die Siedlung Prilesye.
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    Ukraine: Gute Aufklärung als Grundlage für Belgorod-Angriff

    Der Angriff war gut vorbereitet und beruhte offenbar auf sehr konkreten, verwertbaren Erkenntnissen der Aufklärung: Am 24. März gelang es der ukrainischen Artillerie, mit einem einzigen Schlag vier russische Kampfhubschrauber zu zerstören, die in der Nähe des Grenzgebiets gelandet waren, zwei Kamov Ka-52-Angriffshubschrauber und auch zwei Mi-8 Mehrzweckhubschrauber.
    Dieser Teil der Region Belgorod ist aufgrund des komplizierten Geländes und der schlechten Straßenverhältnisse relativ isoliert vom Rest der Oblast. Dies macht es für die Ukraine ebenso schwierig, weiter in die Tiefe vorzudringen, wie für Russland, die ukrainischen Truppen zu vertreiben.



    Die in der Region stationierten russischen Streitkräfte versuchten sofort einen Gegenangriff, aber die Ukrainer halten immer noch den größten Teil des Gebiets, das sie ursprünglich erobert hatten.
    Dieses grenznahe Gebiet ist so isoliert, dass die nächstgelegene Hauptstraße, die E105, die Kursk mit Belgorod verbindet, etwa 50 Kilometer von den derzeit von den Ukrainern gehaltenen Stellungen entfernt ist.

    Keine größere Ausweitung erwartbar

    Daher kann man davon ausgehen, dass der gegenwärtige Angriff nicht darauf abzielt, eine gewisse operative Tiefe zu erreichen oder etwas militärisch oder politisch Bedeutendes zu erobern.
    Stattdessen geht es wahrscheinlich darum, die in der Region Kursk kämpfenden russischen Truppen abzulenken und zu spalten, um so den Druck auf die ukrainischen Truppen zu verringern, die noch einige Dörfer in Kursk halten.
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    Außerdem könnte die Ukraine im Rahmen der laufenden Waffenstillstandsverhandlungen versuchen, durch die Eroberung selbst kleiner Gebiete im russischen Kerngebiet politischen Druck auf Moskau auszuüben - im Falle eines sofortigen Waffenstillstands müsste Russland also auch über sein eigenes Gebiet verhandeln.

    Möglicher Tod eines hochrangigen russischen Generals

    Es gibt zudem inoffizielle Berichte über einen hochrangigen russischen General, Alexander Lapin, der während der Kämpfe vermisst wird und möglicherweise getötet wurde.
    Bislang wurde jedoch weder eine offizielle Bestätigung noch ein Dementi veröffentlicht.
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    Sollte es der Ukraine wirklich gelungen sein, Lapin zu töten, wäre dies ein wichtiger militärischer Erfolg: Er wäre der erste russische Vier-Sterne-General, der im Krieg getötet wurde.
    Außerdem wird er vom ukrainischen Staat wegen angeblicher Kriegsverbrechen an der Zivilbevölkerung gesucht.
    Wenn dies zutrifft, könnte sein Tod am 18. März eingetreten sein, als die Ukraine Berichten zufolge einen Gefechtsstand in der Region Belgorod in der Nähe von Demidowka zerstörte - oder beim Beschuss der russischen Hubschrauber am 24. März.
    Es gibt jedoch noch immer keine offizielle Bestätigung für seinen Tod. Lapin ist seitdem auch nicht mehr in der Öffentlichkeit aufgetreten.
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