Hausaufgaben: Stress vermeiden und Kinder unterstützen
Streitthema Hausaufgaben:Wie Hausaufgaben weniger stressig werden
von Lisa Brockschmidt
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Vokabeln abfragen, Diktate üben, Mathe pauken: Hausaufgaben sollen Kindern helfen, das Gelernte zu vertiefen. Nicht selten kommt es dabei zu Streit. Wie kann man ihn vermeiden?
Stress bei den Hausaufgaben? So können Eltern Streit vermeiden, ihre Kinder unterstützen und Selbstständigkeit beim Lernen fördern.
Quelle: dpa
Das Kind versteht es nicht schnell genug, die Eltern erklären es "falsch" oder anders als die Lehrperson - schon hängt der Haussegen schief. "Hausaufgabenkonflikte entstehen meist dann, wenn Kinder mit dem Fach oder der Aufgabe Schwierigkeiten haben", sagt Dr. Lorenz Huck, Diplom-Psychologe und Lerntherapeut bei den Duden-Instituten. Münde dieser erhöhte Unterstützungsbedarf dann in korrigierendes und kontrollierendes Verhalten der Eltern, verstünden Kinder das oft als einmischen. "Und das führt dann typischerweise zu Streit."
Wie viele Hausaufgaben sind zu viel?
Zum einen hängt das richtige Pensum stark von den individuellen Fähigkeiten des Kindes ab. Zum anderen seien Alter und Schulform entscheidend. "In der Grundschule sollte das Kind natürlich nicht den ganzen Nachmittag dran sitzen", sagt Familiencoach Markus Herbert von der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung (BKE). Auf dem Gymnasium könne das aber durchaus vorkommen.
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Sich eine Obergrenze zu überlegen und mit den Lehrkräften zu kommunizieren, sei auch wichtig: "Was man in ein bis zwei Stunden in der fünften Klasse nicht erledigen konnte, das ist dann auch eine Rückmeldung an die Lehrer", sagt Herbert.
Hausaufgaben sollen das im Unterricht Gelernte vertiefen und der Leistungsfähigkeit der Schüler entsprechen. Die Aufgaben sollen ohne fremde Hilfe lösbar sein und dürfen den Unterricht nicht ersetzen, dementsprechend sind Eltern auch nicht als zusätzliche Lehrkraft vorgesehen.
Für die Dauer der Hausaufgaben haben einige Bundesländer Richtwerte zur Orientierung:
1. und 2. Klasse: maximal 30 Minuten 3. und 4. Klasse: bis zu 45 Minuten Ab der 5. Klasse: 60 Minuten
Ferien und Wochenenden sollten bis auf Ausnahmen frei bleiben.
Hilfe anbieten und Pause einbauen
Dass Kindern das Erledigen der Hausaufgaben oft schwerfällt, liegt für Herbert in der Natur der menschlichen Psyche. "Die ist darauf ausgelegt, sich möglichst wenig Arbeit zu machen", erklärt der Familiencoach. Die mittel- und langfristige Perspektive, dass Üben und Lernen gut ist, müssten Kinder und Jugendliche erst noch entwickeln.
Es komme darauf an, ein sinnvolles Gerüst zu bauen. Das bedeute, Hilfe anzubieten, dem Kind aber die Möglichkeit zu lassen, sich selbst mit der Aufgabe zu befassen. "Nach einer verabredeten Zeitspanne kann dann gemeinsam drauf geschaut werden", sagt Herbert. Auch eine zeitlich begrenzte Pause zwischen Schule und den Aufgaben sei durchaus sinnvoll, sofern diese wirklich zum Abschalten genutzt werde, etwa für Bewegung statt für Medienkonsum. "Das ist wie bei uns Erwachsenen, eine Viertelstunde Powernap ist super, aber wenn man sich eine Stunde ins Bett legt, kann man das mit der Nachmittagsarbeit vergessen."
Viele Schüler in Deutschland machen sich laut einer Studie Sorgen wegen Kriegen, der Klimakrise und des Leistungsdrucks in der Schule. Das hat Auswirkungen auf ihr Wohlbefinden.
In der Lerntherapie in den Duden-Instituten würden sich regelmäßig die Ergebnisse von Überlastung und Überforderung zeigen. Hier betreuen Lorenz Huck und Kolleginnen Kinder, die große Schwierigkeiten beim Lernen haben. "Es gibt Familien, die stehen um fünf Uhr morgens auf, damit das Kind liegen gebliebene Schularbeiten vom Vortag erledigen kann", erzählt Huck. Stress sei dann programmiert.
Ideal fände es Lorenz Huck daher, das Hausaufgabenpensum individueller zu gestalten. Einem Kind, das große Schwierigkeiten mit einem bestimmten Aufgabentyp habe, sei etwa mehr damit geholfen, sich mit wenigeren Aufgaben auseinanderzusetzen - dafür aber gründlich.
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Eltern können keine Lehrkraft ersetzen
Es gehe außerdem nicht darum, dass Eltern die Hausaufgaben erledigen oder die ganze Zeit daneben hocken, betont Markus Herbert. Letzteres würde dem Kind ohnehin oft vermitteln, dass das alles alleine nicht zu schaffen sei.
Eltern können und sollten keine Lehrkräfte ersetzen, da sind sich Expertinnen und Experten einig. Dennoch versuchen dies viele Eltern oft. Lorenz Huck hält deswegen viel von Ganztagsschulen und Hausaufgabenbetreuung: "Das würde ein Stück weit Unabhängigkeit vom Elternhaus ermöglichen", sagt er.
Lisa Brockschmidt ist Redakteurin des ZDF-Magazins "WISO".
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von Felix Rappsilber
mit Video
Quelle: ZDF
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