Schule schwänzen: Welche Strafen und Konsequenzen drohen
Schulpflicht gilt in Deutschland:Schule schwänzen: Was an Strafen droht
von Bonnie Kruse
|
In Deutschland gilt die gesetzliche Schulpflicht vom 6. bis zum 18. Lebensjahr. Wenn Kinder den Unterricht schwänzen, haften die Eltern - und riskieren Strafen wie ein Bußgeld.
Die Schule zu schwänzen, ist kein kleines Vergehen. Hohe Geldstrafen können die Folge sein.
Quelle: dpa
Keine Lust, Ängste oder früher in die Sommerferien starten: Gründe, warum Kinder und Jugendliche unentschuldigt im Unterricht fehlen, gibt es viele. Laut der Joachim Herz Stiftung fehlen Schätzungen zufolge in Deutschland fünf bis zehn Prozent aller Schüler und Schülerinnen regelmäßig im Unterricht.
Aber ist das eine Straftat? "Nein, eine Schulpflichtverletzung gilt als Ordnungswidrigkeit und ist nicht strafbar", erläutert Rechtsanwalt Kai Hentschelmann aus Hamburg. Es wird unterschieden zwischen:
strafbarem Verhalten und
als Ordnungswidrigkeit eingestuftem Verhalten.
Unterschiedliche Regelungen in den Bundesländern
Die Sanktionierung einer Ordnungswidrigkeit müsse nicht zwingend zur Auferlegung einer Geldbuße führen, auch wenn dies der häufigste Fall sei, so Hentschelmann. "Ab welchem Ausmaß der Schulpflichtverletzung eine Geldbuße auferlegt wird, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls", erklärt der Rechtsanwalt.
In Schulen kommt es immer wieder zu rassistischen Vorfällen, so auch an einer Schule in Brandenburg. ZDF-Reporterin Anna Bayer hat sich die Situation vor Ort angesehen. 08.05.2024 | 1:39 min
Schule schwänzen: Bußgeld bis zu 1.000 Euro möglich
"Wer einmal unentschuldigt nicht am Unterricht teilnimmt, muss nicht gleich mit einem Bußgeld rechnen", so Hentschelmann. Möglich sei auch eine bloße Verwarnung mit oder ohne Verwarnungsgeld. Im Falle einer Bußgeldzahlung wird der Betrag zwischen 5 Euro und 1.000 Euro, bei Fahrlässigkeit bis 500 Euro festgelegt. "Sofern das Landesrecht keine abweichende Regelung trifft."
Wird das Bußgeld entrichtet, die Schulpflichtverletzung dauert jedoch an, kann die Schulbehörde weitere Bußgelder verhängen. "Zeigt das keine Wirkung, kann der Schüler oder die Schülerin in einigen Bundesländern zwangsweise durch die Polizei der Schule zugeführt werden", sagt Kai Hentschelmann.
Schwänzen kann laut aktuellem Bußgeldkatalog in Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg*, Hessen*, Niedersachen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt und dem Saarland* bis zu 1.000 Euro kosten. In Bremen* müssen Schüler bis zu 500 Euro Bußgeld zahlen, die Eltern bis zu 1.000 Euro. Sachsen veranschlagt 1.250 Euro, Rheinland-Pfalz und Thüringen bis zu 1.500 Euro. Erziehungsberechtigte in Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern* zahlen bis zu 2.500 Euro Bußgeld.
*Ahndung als Straftat möglich: Geldstrafe bis 180 Tagessätze oder bis zu sechs Monate Freiheitsstrafe
Je nach Bundesland und Alter können Jugendliche auch vom Unterricht ausgeschlossen werden, wenn sie zu oft die Schule schwänzen.
Weiterhin kann der Verdacht einer Kindeswohlgefährdung bestehen, wenn es sachliche Anhaltspunkte dafür gibt, dass Eltern ihrer Verpflichtung nicht ausreichend nachkommen. "Das Jugendamt kann in schwerwiegenden Fällen ein familiengerichtliches Verfahren einleiten, im Rahmen dessen den Eltern das Sorgerecht entzogen werden kann", sagt Anwalt Kai Hentschelmann.
Eine Schule in Thüringen hatte ein Verbot für bauchfreie Oberteile erlassen - wegen Mobbing. Nun wurde es wieder aufgehoben.
Im schlimmsten Fall droht Erzwingungshaft
In Deutschland sind die Erziehungsberechtigten (in der Regel sind das die Eltern) nach dem Gesetz für die Einhaltung der Schulpflicht verantwortlich. Kommen sie für die Zahlung des verhängten Bußgelds nicht auf, kann die Forderung der öffentlichen Hand vollstreckt werden (vgl. §§ 89 ff. OWiG).
"Im Rahmen der Vollstreckung kann unter bestimmten Voraussetzungen dann Erzwingungshaft gegenüber den Eltern eines minderjährigen Schülers oder einer Schülerin angeordnet werden", erläutert Kai Hentschelmann.
Die Dauer der Erzwingungshaft richtet sich nach der Höhe des zu zahlenden Bußgeldes. Sie darf aber drei Monate nicht übersteigen. Sobald der Betroffene das Bußgeld bezahlt, muss er aus der Haft entlassen werden.
Reisen, Sport, Musikstunden - ihr Kind soll alles haben. Aber nicht jedes Kind möchte das. Es gibt welche, die ausbrechen und am Ende auf der Straße landen. Für Eltern ein Albtraum.25.01.2022 | 28:45 min
Schulabsentismus: Mehr als Schule schwänzen
Wenn Schüler oder Schülerinnen dem Unterricht unentschuldigt fernbleiben, sprechen Fachleute von "Schulabsentismus". "Der Begriff definiert unrechtmäßige Schulversäumnisse, unabhängig von Häufigkeit oder Ursache", erklärt der Absentismus-Forscher Heinrich Ricking von der Universität Leipzig.
Laut Forschungsergebnissen, so Ricking, habe in der achten Klasse jede zweite Schülerin beziehungsweise jeder zweite Schüler schon mal geschwänzt. Die Häufigkeit von Versäumnissen nehme mit zunehmendem Alter beziehungsweise Jahrgang zu.
Viele Kinder können nach dem Ende der Grundschule nicht richtig lesen, rechnen oder schreiben. Unser Schulsystem braucht dringend eine Verjüngungskur. Dann könnte Lernen wieder Spaß machen.07.12.2023 | 29:45 min
Wann Schule schwänzen problematisch wird
Aber wann wird das Schuleschwänzen problematisch? Dazu sind laut Ricking zwei Aspekte wichtig: Erstens die Häufigkeit.
Die Subjektivität ist der zweite Faktor, also die individuelle Antwort auf die Frage "Wie viele Fehlzeiten kann ich mir erlauben?".
So sei Ricking zufolge in der Forschung bekannt, "dass sehr gute und eigenständige Lerner, etwa am Gymnasium, deutlich risikoärmer schwänzen können als Schüler mit Lernproblemen, die ohnehin schon erhebliche Schwierigkeiten in der Schule haben".
Schulabsentismus-Forscher Heinrich Ricking geht von drei grundlegenden Mustern aus, wobei Mischformen auftreten können:
Angst: Leistungsdruck, Versagensangst, Mobbing, etc.
Benachteiligung: Das Elternhaus ist weit entfernt von Bildungsambitionen; Jugendliche bekommen wenig Unterstützung, haben Versagenserlebnisse und eine schulfeindliche Einstellung.
Zurückhalten: Hierunter fallen zum Beispiel Erziehungsberechtigte, die ihre Kinder zurückhalten, weil Vernachlässigung verdeckt bleiben soll. Oder psychisch kranke Eltern, die ihre Kinder als Unterstützung bei sich haben wollen.
Der Schulweg soll für Kinder sicher sein. Deutsche Verkehrswacht und Polizei geben praktische Hinweise, wie Kinder den Weg zur Schule üben können und was Eltern beachten sollten.