Mit Dehnübungen Muskelkater und Verletzungen vermeiden

    Richtig dehnen:Dehnübungen: Fünf Mythen im Check

    von Franziska Matthiessen
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    Kann Dehnen Muskelkater verhindern oder beugt es Verletzungen vor? Es gibt viele Theorien rund um das Thema. Arzt und Sportwissenschaftler Markus de Marées klärt auf.

    Joggerin bei einer Dehnübung vor einem Lauf in der Stadt
    Mythen rund ums Dehnen und Stretching: Schützt es vor Verletzungen oder Muskelkater? Welche Rolle Dehnen für die Beweglichkeit spielt.
    Quelle: imago/Westend61

    "Grundsätzlich ist Dehnen für alle Menschen eine tolle Methode, um den Bewegungsradius der Muskulatur zu erhalten", sagt Markus de Marées von der Sportfakultät der Ruhr Universität Bochum. Zum Thema Dehnen kursieren jedoch viele Mythen - der Arzt erklärt, was an ihnen dran ist.

    Mythos 1: Dehnen verlängert die Muskeln

    "Der Muskel selbst kann nicht verlängert werden", stellt de Marées klar. "Wer sich regelmäßig dehnt, kann zwar beobachten, dass die Übungen leichter fallen und sie weniger schmerzhaft sind." Das liege aber an einer höheren Schmerztoleranz und verringerten Sensibilität der Muskelspindeln, dem sogenannten Sinnesorgan der Muskeln. Auch würden die Muskulatur und das Fasziengewebe mit der Zeit geschmeidiger und flexibler. "Wichtig ist, achtsam zu dehnen und die Schmerzsignale des Körpers zu beachten", so der Experte.
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    Mythos 2: Dehnen hilft bei Schmerzen

    "Bei Schmerzen sollte man auf keinen Fall einfach dehnen", mahnt de Marées. Manche Beschwerden wie Sehnenentzündungen, Fehlstellungen und Muskelkater können durch Dehnen schlimmer werden, warnt de Marées. Deshalb gilt: bei Schmerzen erst die Ursache ermitteln. Aber, so de Marées weiter, Dehnen könne die Heilung unterstützen. "Beispielsweise kann es bei einer Wirbelblockade helfen, die durch Schmerzen verspannte Muskulatur zu lösen - aber erst, nachdem die Fehlstellung behoben ist", betont der Sportmediziner.
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    Oft verkürzt der Hüftbeuger durch häufiges und langes Sitzen und es kommt zu Haltungsschäden. Zwei gute Dehnübungen, um diese Beschwerden zu lindern:

    • Knie zur Brust: Legen Sie sich auf den Boden, ziehen Sie mit Unterstützung Ihrer Hände ein Knie zur Brust. Das andere Bein strecken Sie aktiv auf dem Boden aus. 15 bis 30 Sekunden halten, dann Seitenwechsel.

    • Knie zum Gesäß: Lösen Sie im Stehen einen Fuß vom Boden, greifen Sie nach der Ferse und ziehen Sie diese nah an das Gesäß. Schieben Sie dabei die Hüfte nach vorne in die Dehnung hinein. 15 bis 30 Sekunden halten, dann Seitenwechsel.

    Mythos 3: Dehnen verhindert Muskelkater

    "Hierfür gibt es keine wissenschaftliche Evidenz", sagt de Marées. Zwar verbessere spezielles Dehnen die Durchblutung, erweitere den Bewegungsradius der Muskulatur und schaffe die Voraussetzung für ein effektives Training. "Muskelkater aber entsteht bei Überbelastung der Muskeln und Mikroverletzungen des Gewebes. Das kann Dehnen nicht beeinflussen", erklärt er. Insbesondere nach längerer Trainingspause könne anschließendes Dehnen die Mikroverletzungen und den Muskelkater verstärken. Wer regelmäßig trainiere, dem könne das Dehnen aber guttun.
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    Mythos 4: Dehnen beugt Verletzungen vor

    Hierbei ist laut de Marées entscheidend, auf welche Weise gedehnt wird:
    • Dynamisches Dehnen: Gedehnt wird in der Bewegung, etwa bei einem Ausfallschritt. "Das stärkt die Muskulatur, stabilisiert Gelenke und schützt Bänder oder Sehnen. Zudem bereitet es die Muskeln gut auf die bevorstehende Anstrengung vor."
    • Aktives Dehnen: Der Zielmuskel wird durch Aktivierung seines Gegenspielers (Antagonisten) in die gedehnte Position gebracht - etwa durch das Anziehen der Fußspitzen bei der Dehnung der Beinrückseiten. "Auch das wirkt stärkend und stabilisierend."
    • Statisches Dehnen: Dabei dehnt man den Muskel über längere Zeit, was ihn flexibler macht. "Man kann aber auch sagen: Er ist labberiger als ein gestärkter, aktivierter Muskel und damit verletzungsanfälliger."
    • Passives Dehnen: Gedehnt wird ohne Muskelspannung und durch andere Personen oder Hilfsmittel. "Wer im Anschluss ohne Muskelaktivierung ins Training startet, erhöht das Verletzungsrisiko", warnt de Marées.
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    Mythos 5: Je mehr, desto besser

    Intensives Dehnen sei zum Beispiel für Balletttänzer oder Turner wichtig, damit sie sich nicht verletzen, so der Sportexperte. "Für die meisten anderen Menschen gilt: Jedes Dehnen ist besser als keines, es gibt aber auch ein Zuviel", sagt de Marées. Vor allem exzessives statisches Dehnen könne die Muskelkraft und Stabilität verringern.
    "Auch für die Dauer einer Dehnübung gilt: Viel hilft nicht viel." Im Idealfall sollten Dehnungen laut de Marées 15 bis 30 Sekunden gehalten werden. "Kürzer hat es kaum Effekt und länger gehalten besteht die Gefahr, über einen gesunden Schmerzpunkt hinaus zu dehnen und sich zu verletzen".

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