Gesundheits-App mit KI: Hilfe bei psychischer Belastung

Gesundheits-Apps mit KI:Individuelle Hilfe bei psychischer Belastung

von Andreas Kürten
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Meldungen zu globalen Krisen und Sorgen um die eigene Zukunft: Jeder vierte Jugendliche in Deutschland ist psychisch belastet. Apps mit künstlicher Intelligenz sollen helfen.

KI in der Psychotherapie
Künstliche Intelligenz hat in der Medizin Einzug gehalten. Wie eine Gesundheits-App mit KI jungen Menschen helfen soll, mit psychischen Belastungen besser umzugehen.02.04.2025 | 5:12 min
Schon länger gibt es Apps, die die Gesundheit fördern sollen. Auch im Hinblick auf psychische Erkrankungen tauchen auf dem Markt immer mehr digitale Angebote auf. Sie sollen vorbeugend wirken oder therapeutisch unterstützen.
Bei diesen Gesundheits-Apps gewinnt der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) zunehmend an Bedeutung. Algorithmen sollen den individuellen Umgang mit psychischen Herausforderungen im Alltag erleichtern.

Ein Algorithmus besteht aus einer Reihe vordefinierter Handlungsvorschläge. Das Ziel ist die Lösung bestehender Probleme.

Grundlage von Algorithmen sind umfangreiche Datenerhebungen. Computer werten die Datenbasis nach vorgegebenen Regeln wesentlich schneller aus als Menschen.

Der Einsatz von KI macht dabei eine möglichst individuelle Anwendung der Daten für den einzelnen Nutzer möglich.

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Individuelle Lösungen durch KI für psychische Probleme

Am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim beschäftigen sich Forschende in Studien damit, wie jungen Menschen durch eine KI-unterstützte App im Umgang mit Zukunftsängsten, Sorgen und Stress geholfen werden kann. Georgia Koppe, Leiterin der Arbeitsgruppe Computational Psychiatry, war an den Forschungen beteiligt.

Die KI hat mit Hilfe von Algorithmen individuelle Vorschläge für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer entwickelt, damit diese besser mit den von ihnen geschilderten Problemen umgehen können.

Prof. Dr. Georgia Koppe, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Mannheim

Als Zielgruppe wurden für die Studien bewusst junge Probanden im Alter zwischen 14 und 25 Jahren ausgewählt. Außerdem haben neben den Forschenden auch junge Menschen mitgeholfen, den Fragenkatalog der App zu entwickeln.

Im Jahr 2024 wurden drei Studien mit insgesamt 180 Teilnehmern durchgeführt, um den Einfluss künstlicher Intelligenz auf die Entwicklung individueller Lösungen für psychische Belastungen zu untersuchen.

Die Probanden klagten über leichte psychische Verstimmungen und hatten bisher keine Psychotherapie absolviert. Pro Studie wurde ihre Stimmung jeweils 40 Tage lang mehrmals täglich nach festgelegten Kriterien über eine Smartphone-App abgefragt.

Welche Maßnahmen die KI vorschlägt

Von Studie zu Studie wird die Datenbasis immer größer. Dadurch können die Vorschläge von der KI immer weiter verfeinert werden. Sie gliedern sich in fünf verschiedene Bereiche:

  • Atemübungen und Atemtechniken
  • Imaginationsübungen und Entspannungstechniken
  • Planung von Aktivitäten und Verhaltensveränderungen im Alltag
  • Schreiben eines Glückstagebuches
  • Veranschaulichung von Fortschritten in einem "Dashboard"
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Personalisierung der App als Erfolg

Erste Auswertungen zeigen: Die Probanden können durch die Nutzung der App mit psychischen Belastungen besser umgehen. Dabei betonen die Forscher, dass es sich nicht um eine Untersuchung von Angeboten zur Unterstützung bereits bestehender Therapien handele. Georgia Koppe erklärt, das es durch den Einsatz von KI vielmehr um eine möglichst individuelle Unterstützung gehe.

Wir können zeigen, dass eine Personalisierung durch künstliche Intelligenz viele Vorteile bietet.

Prof. Dr. Georgia Koppe, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Mannheim

Dabei reagieren die verschiedenen Teilnehmer, wie in der Psychotherapie, unterschiedlich auf individuelle Angebote der App, so Georgia Koppe.

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Kein Ersatz für Psychotherapie

Das digitale Gesundheitsangebot ist auf den Umgang mit Stress und Belastungen ausgerichtet. Laut den Mannheimer Experten kann es kein Ersatz für den Kontakt zu einem Therapeuten sein. Das gelte besonders für Menschen mit fremdaggressiven oder suizidalen Gedanken. Vielmehr dienten solche Apps dazu, Wartezeiten auf einen Therapieplatz zu überbrücken oder Hemmschwellen für eine psychotherapeutische Behandlung abzubauen.
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Matti sucht seit vier Jahren einen Therapieplatz. Doch die sind rar. Es mangelt an praktischen Weiterbildungen für Psychotherapeuten. Vor allem wegen fehlender Finanzierung.21.11.2024 | 3:04 min

Datenschutz ist Vorausetzung für Zulassung

In Ländern wie den USA, China oder Großbritannien sind digitale Angebote zur Psychotherapie bereits stärker verbreitet als in Deutschland. Die Anforderungen für eine Zulassung als Medizinprodukt in der EU sind hoch. Dabei spiele Datenschutz zurecht eine große Rolle, erklärt Florian Bähner von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie.

In Ländern wie China gibt es Interessen der Überwachung. Da ist es natürlich gut, dass es in der EU rechtliche Hürden gibt.

Dr. Florian Bähner, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Mannheim

Auch wirtschaftliche Interessen könnten hinter Angeboten von Apps zur digitalen Gesundheitsvorsorge stecken. Das müsse man ausschließen können, sagt Florian Bähner.

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Quelle: dpa

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