Clusterkopfschmerzen erkennen und wirksam behandeln

    Unerträgliche Schmerzattacken:Warum Clusterkopfschmerzen keine Migräne sind

    von Markus Böhle
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    Clusterkopfschmerzen sind extrem starke Kopfschmerzen, die kaum zu ertragen sind. Bis zur richtigen Diagnose vergehen oft Jahre. Dabei gibt es Therapien, die gut helfen.

    Frau hält sich eine Hand vor Augen. Sie leidet unter Clusterkopfschmerzen.
    Die quälenden, einseitigen Kopfschmerzen kommen bei Petra Ott meist in der Nacht. Was ihr dann gegen die Schmerzattacken am besten hilft.01.04.2025 | 5:04 min
    Jeder kennt Kopfschmerzen. Vor allem Spannungskopfschmerzen und Migräne sind weit verbreitet. Experten unterscheiden über 300 Kopfschmerzarten. Zu den weniger bekannten zählen Clusterkopfschmerzen.
    Clusterkopfschmerzen sind besonders stark und herkömmliche Schmerzmittel helfen nicht. Man schlafe nicht, habe keine Energie. Auch die Seele leide, sagt Petra Ott, die davon betroffen ist.

    Es ist wie ein Monster aus der Hölle. Wenn es aufwacht, tobt es in meinem Kopf und versucht, mich zu vernichten.

    Petra Ott, Clusterkopfschmerz-Patientin

    Kopfschmerz-Experte Andreas Böger weiß um die Schwere der Krankheit: "Manche Betroffene schlagen den Kopf gegen die Wand, weil der Schmerz so stark ist." Auch das berufliche und soziale Leben sei stark beeinträchtigt.

    Warum Clusterkopfschmerzen oft spät erkannt werden

    Betroffene erhalten laut Böger oft erst nach Jahren die richtige Diagnose. Die Gründe dafür sind vielfältig:
    • Mangelnde Bekanntheit: Viele Ärzte kennen die seltene Kopfschmerzform kaum. Typische Symptome werden übersehen.
    • Fehldiagnosen: Der Clusterkopfschmerz wird häufig mit anderen Kopfschmerzen wie Migräne oder mit einer Trigeminusneuralgie verwechselt.
    • Intermittierender Verlauf: Da die Schmerzen meistens in Episoden auftreten, suchen Patienten oft keinen Arzt auf, wenn die Schmerzepisode abgeklungen ist.

    Wenn der Trigeminusnerv schmerzt
    :Das kann bei einer Trigeminusneuralgie helfen

    Plötzliche schwere Schmerzattacken im Gesicht, die Minuten anhalten können, darunter leiden Betroffene mit einer Trigeminusneuralgie. Wie ein Eingriff die Schmerzen lindern kann.
    von Maurice Göbel
    Ein Mann mittleren Alters mit Brille schaut in die Kamera. Auf der linken Seite seines Gesichts verlaufen gelb leuchtenden Linien. Sie symbolisieren den Trigeminusnerv mit seinen drei Ästen.
    mit Video
    Als Leiter eines zertifizierten Kopfschmerz-Zentrums sieht Böger viele Betroffene mit langem Leidensweg.

    Es gibt Patienten, denen man auf einer Seite mehrere Zähne gezogen hat, weil man den Schmerz dort lokalisiert hat.

    Dr. Andreas Böger, Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie

    Solche Fälle zu sehen, sei traurig, weil man den Betroffenen oft gut helfen könne, so der Experte. Über die Ursachen der Erkrankung weiß man allerdings noch wenig.

    Clusterkopfschmerzen zählen wie Migräne oder Spannungskopfschmerzen zu den primären Kopfschmerzarten, deren Ursache nicht in einer anderen Erkrankung oder Verletzung liegt. In Deutschland leiden etwa 70.000 bis 200.000 Menschen daran.

    Der Hypothalamus als Taktgeber der inneren Uhr könnte eine Rolle spielen, ebenso genetische Faktoren, da die Krankheit familiär gehäuft auftritt. Männer erkranken etwa dreimal häufiger als Frauen, vor allem im Alter zwischen 20 und 40 Jahren. Im Alter kann sich die Erkrankung bessern oder sogar von selbst verschwinden.

    Manche Betroffene reagieren auf Trigger wie Alkohol, Nikotin, bestimmte Nahrungsmittel, Gerüche oder veränderte Schlafzeiten

    Wo Betroffene mit Clusterkopfschmerzen Hilfe bekommen

    Hausärzte sollten bei unklaren Symptomen an einen Neurologen überweisen. Neben einer gründlichen Anamnese gehören zur Diagnostik neurologische Untersuchungen und ein MRT des Kopfes, um andere Ursachen auszuschließen.
    Schwer Betroffenen empfiehlt Böger mindestens einmal ein Kopfschmerz-Zentrum aufzusuchen. Solche Zentren sind erfahren mit komplexen Fällen, helfen schnell in Akutsituationen und bieten eine umfassende Betreuung an, um Folgen wie Erwerbsunfähigkeit oder Depressionen zu verhindern.
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    Wie sich Clusterkopfschmerzen äußern

    Clusterkopfschmerzen treten streng einseitig auf. Der Schmerz sticht, bohrt oder brennt, vor allem um das Auge. Oft ist das Auge gerötet und tränt oder das Lid schwillt an. Typisch ist auch eine verstopfte oder laufende Nase. Während Migräne-Patienten Ruhe suchen, drängt es Cluster-Betroffene zu Bewegung.
    Clusterkopfschmerz-Attacken können mehrmals täglich auftreten und unbehandelt 15 bis 180 Minuten andauern. Zum Vergleich: Migräne-Attacken halten mehrere Stunden bis zu drei Tage an.

    Der Name Cluster kommt daher, dass sich die Beschwerden in bestimmten Zeiten häufen (engl. cluster: Häufung, Gruppe). Experten unterschieden zwei Formen.

    Die typische episodische Form folgt oft einem jahreszeitlichen Rhythmus, etwa mit häufigen Attacken im Frühjahr oder Herbst. Dazwischen liegen monatelange schmerzfreie Phasen.

    Bei der seltenen chronischen Form ist die beschwerdefreie Zeit kürzer als ein Monat. Die Schmerzattacken folgen vor allem einem tageszeitlichen Rhythmus, oft nachts aus dem Schlaf heraus, aber auch tagsüber zu bestimmten Zeiten.

    In seltenen Fällen kann die episodische Form in die chronische Form übergehen und umgekehrt.

    Wie Clusterkopfschmerzen behandelt werden

    Die Erkrankung ist nicht heilbar, doch es gibt wirksame Therapien. Das Einatmen von hochkonzentriertem Sauerstoff hilft häufig, die Attacken nach fünf bis 15 Minuten zu unterbrechen. Auch Triptane, eigentlich Migräne-Medikamente, helfen. Damit sie schnell wirken, werden sie als Nasenspray oder Spritze angewendet.
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    Für Clusterkopfschmerz-Patientin Petra Ott sind diese Therapien unverzichtbar.

    Wenn die Schmerzen aufkommen, eile ich sofort zur Sauerstoffflasche.

    Petra Ott, Clusterkopfschmerz-Patientin

    Vorbeugend nimmt sie Verapamil. Der Wirkstoff kann, ebenso wie Topiramat oder Lithium, die Häufigkeit der Attacken verringern. Spezialisten müssen ihn genau dosieren, denn Nebenwirkungen sind häufig. In Kopfschmerz-Zentren kommen weitere Behandlungen zum Einsatz.
    Petra Ott hilft auch der Austausch in Selbsthilfegruppen. Sie hofft, dass die Krankheit noch bekannter wird und weitere Therapien gefunden werden, die das Leben mit Clusterkopfschmerzen erleichtern.

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    Quelle: dpa

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