LGBTQ: Diskriminierung von Queeren im Gesundheitswesen
Ausgrenzung im Gesundheitswesen:Wie queere Personen diskriminiert werden
von Maurice Göbel
|
Im Gesundheitswesen stoßen queere Menschen oft auf Unverständnis und Ausgrenzung. Das kann Folgen für ihre Gesundheit haben. Wie queersensible Medizin gelingen kann.
Beim Arzt abgewiesen, weil man queer ist? Das ist Sue Ehmisch als trans* Frau passiert. Was Praxen und Behandelnde besser machen können.17.03.2025 | 5:04 min
Trans* Frauen werden von Gynäkolog*innen abgewiesen, Homosexualität wird von Psycholog*innen als Phase abgetan, Pflegepersonal spricht non-binäre Personen bewusst mit falschen Pronomen an: Das sind nur einige Beispiele, womit queere Menschen im Gesundheitssystem zu kämpfen haben.
Doch Ausgrenzung und Ablehnung können für queere Personen zu einem Problem für ihre Gesundheit werden. Gerade bei Ärzt*innen und Therapeut*innen sollten sich Menschen eigentlich sicher fühlen und öffnen können, erklärt Gaby Knecht vom Infektiologikum Frankfurt am Main.
Wenn Patient*innen nicht offen über Sexualität reden können, werden schnell Fehldiagnosen gestellt. Das kann schlimmstenfalls lebensgefährlich sein.
„
Dr. Gaby Knecht, Fachärztin für Innere Medizin und Infektiologie
Personen im Gesundheitswesen sollten immer offen auf Patient*innen zugehen und über sexuelle Vielfalt Bescheid wissen.
"Queer" wird meist als Sammelbegriff für Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen verwendet, umfasst aber noch mehr Gruppen und Menschen. So können sich etwa auch nicht-binäre Personen als queer identifizieren. Nicht-binäre Personen verorten sich dabei entweder zwischen oder außerhalb des geschlechtlichen Spektrums und Kategorien wie "männlich" oder "weiblich".
Lange Zeit war der Begriff "queer" negativ besetzt und wurde als Beleidigung verwendet. Wie andere Begriffe sexueller und geschlechtlicher Vielfalt wurde auch "queer" im Laufe der Zeit von Aktivist*innen als Selbstbezeichnung zurückerobert und positiv umgedeutet. Als Zuschreibung soll "queer" dabei möglichst viele Menschen in ihrer Vielfalt miteinbeziehen und umfassen.
Kathy kann sich in Menschen jeden Geschlechts verlieben und fühlt sich nicht eindeutig als Mann oder Frau. ZDFheute erzählt Kathy vom ersten Coming-out - und weiteren.
Interview
Was queere Menschen im Gesundheitswesen erleben
Queere Menschen sind eine vielfältige Gruppe, weshalb auch ihre Erfahrungen mit Diskriminierung im Gesundheitswesen vielfältig sind. Dazu zählen:
• eine unsensible Sprache oder das Verwenden von falschen Pronomen,
• die Psychologisierung etwa von Homosexualität oder Transgeschlechtlichkeit als Phase oder Störung,
• unnötige, übergriffige oder beleidigende Kommentare und Fragen,
• die Verweigerung von Behandlungen.
Auch Sue Ehmisch hat als trans* Frau Diskriminierung im Gesundheitswesen erlebt. Die Untersuchung ihrer Brust lehnte eine Gynäkologin ab, weil sie noch nicht geschlechtsangleichend operiert war.
Gerade als trans* Person ist man auf gute Ärzte angewiesen, die einen ernst nehmen. Man braucht ein Vertrauensverhältnis und will respektvoll behandelt werden.
„
Sue Ehmisch, trans* Frau
Wie oft queere Menschen diskriminierendes Verhalten und unangebrachte Situationen im Gesundheitswesen erleben, ist unklar. Denn die Studienlage dazu ist bislang dünn, belastbare Zahlen fehlen noch. Das liegt auch daran, dass fast alle Landesärztekammern gemeldete Diskriminierungsfälle nicht nach queerfeindlichen Motiven differenzieren.
Aus Zahlen einer EU-weiten Studie von 2020 geht hervor, dass 17 Prozent der befragten queeren Menschen den letzten Diskriminierungsvorfall im Gesundheitswesen erlebt haben.
Für Sophie ist klar: Sie ist eine Frau. Doch immer wieder kommen Fragen zu ihrem trans* Sein.19.03.2024 | 28:28 min
Gesundheitliche Folgen von Diskriminierung
Neben Fehldiagnosen kann Diskriminierung auch dazu führen, dass queere Menschen aus Angst vor Ablehnung oder aufgrund fehlender Ansprache notwendige medizinische Angebote, etwa zur Früherkennung, nicht wahrnehmen oder Besuche bei Ärzt*innen ganz meiden. Gesundheitliche Versorgung sei aber wichtig, unabhängig von Sexualität und Identität, erklärt Gaby Knecht.
Auch ein trans* Mann, der genital nicht operiert ist, kann Gebärmutterhalskrebs bekommen und muss zur Früherkennung gehen.
„
Dr. Gaby Knecht, Internistin und Infektiologin
Dafür müsse das Gesundheitspersonal sensibilisiert sein. Die Suche nach geeigneten Praxen gestalte sich aber immer noch schwierig, so die Ärztin.
Nach Angaben des Bundeskriminalamtes nehmen Straftaten gegen LGBTQI*-Menschen in Deutschland zu. Eine Personengruppe soll dabei besonders betroffen sein.
mit Video
Was queersensible Medizin ausmacht
Queere Menschen, darunter trans* Personen und Regenbogenfamilien, haben oft einen Beratungs- und Behandlungsbedarf, der sich von der heterosexuellen Mehrheit abhebt. Hierzu zählt zum Beispiel eine Kinderwunschbehandlung gleichgeschlechtlicher Paare oder die Planung und Begleitung von Hormontherapien bei trans* Menschen.
Queersensible Medizin will diesem Bedarf gerecht werden. Einige Praxen haben sich darauf eingestellt, indem sie ihr Personal geschult und Abläufe optimiert haben. Initiativen wie Praxis Vielfalt der Deutschen Aidshilfe beraten Praxen auf diesem Weg.
Wer nach queersensiblen, inklusiven oder barrierefreien Angeboten sucht, findet beispielsweise auf queermed-deutschland.de geeignete Praxen. Die Empfehlungen auf der Plattform stammen aus der Community, richten sich also von Nutzenden an Nutzende. Bislang sind über 1.700 Empfehlungen online.
Gerade in ländlichen Gebieten zeigt sich, dass Deutschland von einem flächendeckenden Angebot queersensibler Praxen weit entfernt ist. Verbände oder queere Organisationen helfen bei der Vermittlung entsprechender Praxen.
In Städten ist der Anteil queerer Menschen höher als auf dem Land, wo viele ihre Sexualität nur im Verborgenen ausleben. Doch die LGBTQ-Community wird auch in den Provinzen sichtbarer.21.07.2024 | 30:09 min
Wie medizinische Versorgung besser werden kann
Damit queersensible Medizin gelingt, braucht auch medizinisches Personal Wissen und Routine im Umgang mit queeren Patient*innen. Einige Landesärztekammern bieten dazu Fortbildungen an.
Weil queersensible Inhalte kaum Bestandteil im Medizinstudium sind, wurde Medizinstudent Dario Ponto selbst tätig und gründete an der Ludwig-Maximilians-Universität München das Wahlfach "Medizin und LGBTIAQ⁺". Neben rechtlichen und medizinischen Aspekten lernen die Studierenden vor allem eine diskriminierungsfreie Kommunikation.
Als Arzt macht man sich das Leben so leichter, weil man sensibilisiert ist und weiß, worauf man achten muss.
„
Dario Ponto, Medizinstudent
Dies nutze am Ende beiden Seiten und garantiere eine gute medizinische Versorgung queerer Menschen, so der Medizinstudent. Nur mit einem breiten Verständnis für geschlechtliche Vielfalt lässt sich Diskriminierung auch im Gesundheitswesen abbauen.
Immer mehr Menschen bekennen sich dazu, ihre Liebe auf vielfältige Weise zu leben, jenseits traditioneller Normen. Wie frei können sie heute ihre Sexualität ausleben?13.08.2021 | 44:11 min
Quelle: dpa
Sie wollen auf dem Laufenden bleiben? Dann sind Sie beim ZDFheute-WhatsApp-Channel richtig. Hier erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten auf Ihr Smartphone. Nehmen Sie teil an Umfragen oder lassen Sie sich durch unseren Podcast "Kurze Auszeit" inspirieren. Zur Anmeldung: ZDFheute-WhatsApp-Channel.
Um dir eine optimale Website der ZDFmediathek, ZDFheute und ZDFtivi präsentieren zu können, setzen wir Cookies und vergleichbare Techniken ein. Einige der eingesetzten Techniken sind unbedingt erforderlich für unser Angebot. Mit deiner Zustimmung dürfen wir und unsere Dienstleister darüber hinaus Informationen auf deinem Gerät speichern und/oder abrufen. Dabei geben wir deine Daten ohne deine Einwilligung nicht an Dritte weiter, die nicht unsere direkten Dienstleister sind. Wir verwenden deine Daten auch nicht zu kommerziellen Zwecken.
Zustimmungspflichtige Datenverarbeitung • Personalisierung: Die Speicherung von bestimmten Interaktionen ermöglicht uns, dein Erlebnis im Angebot des ZDF an dich anzupassen und Personalisierungsfunktionen anzubieten. Dabei personalisieren wir ausschließlich auf Basis deiner Nutzung der ZDFmediathek, der ZDFheute und ZDFtivi. Daten von Dritten werden von uns nicht verwendet. • Social Media und externe Drittsysteme: Wir nutzen Social-Media-Tools und Dienste von anderen Anbietern. Unter anderem um das Teilen von Inhalten zu ermöglichen.
Du kannst entscheiden, für welche Zwecke wir deine Daten speichern und verarbeiten dürfen. Dies betrifft nur dein aktuell genutztes Gerät. Mit "Zustimmen" erklärst du deine Zustimmung zu unserer Datenverarbeitung, für die wir deine Einwilligung benötigen. Oder du legst unter "Einstellungen/Ablehnen" fest, welchen Zwecken du deine Zustimmung gibst und welchen nicht. Deine Datenschutzeinstellungen kannst du jederzeit mit Wirkung für die Zukunft in deinen Einstellungen widerrufen oder ändern.