Schlafstörung in der Lebensmitte:Midlife-Sleep-Crisis erkennen und bewältigen
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Schlaflos trotz Müdigkeit: Gerade im mittleren Lebensalter können einige Faktoren die Nachtruhe empfindlich stören. Woran das liegt und was hilft, um wieder besser zu schlafen.
Schlafmediziner Haralampos Gouveris hilft Patienten in der Lebensmitte, eine gute Schlafhygiene zu entwickeln.25.03.2025 | 4:28 min
Immer wieder nachts aufwachen oder gar nicht erst einschlafen: Das sind häufige Schlafstörungen im Alter zwischen Mitte vierzig und Mitte sechzig. Experten bezeichnen das als Midlife-Sleep-Crisis.
In Deutschland sind laut einer Umfrage der Barmer-Ersatzkasse 13 Prozent der Menschen im mittleren Lebensalter davon betroffen, Tendenz steigend. Haralampos Gouveris, Leiter des Schlaflabors an der Universitätsmedizin Mainz, überrascht das nicht, denn es sei ein Alter, in dem es um vieles geht.
Die Zeitspanne von 45 bis 55 oder 60 ist tatsächlich ein Alter, wo man privat und beruflich sehr gefordert wird.
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Prof. Dr. Haralampos Gouveris, Schlafmediziner
Bei vielen Menschen in der Lebensmitte löse das laut dem Schlafexperten Grübelschleifen aus, die sie vom Schlafen abhalten.
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Psychosoziale Probleme als Ursache
Nächtliches Grübeln, verursacht durch Probleme am Arbeitsplatz, Sorgen um Kinder oder Eltern sowie finanzielle Zukunftsängste, zum Beispiel angesichts der Rente, können regelrechte Schlafräuber sein. Entspannungskurse, Entspannungsapps oder das Aufschreiben von Sorgen können Linderung verschaffen. Bei anhaltenden Problemen über mehr als drei Monate kann eine Psychotherapie helfen, um mit Sorgen umzugehen.
Auch biologische Veränderungen mindern Schlafqualität
Hormonelle Schwankungen spielen bei Schlafproblemen in der Lebensmitte eine wichtige Rolle. Bei Frauen kann Östrogenmangel rund um die Wechseljahre den Schlaf-Wach-Rhythmus stören. Außerdem nimmt mit zunehmendem Alter die körpereigene Produktion des Schlafhormons Melatonin ab. Bei Männern kann ein sinkender Testosteronspiegel in der zweiten Lebenshälfte dazu führen, dass es vermehrt zu Schlafstörungen und chronischer Müdigkeit kommt.
Eine Hormonersatztherapie kann unter Umständen den Schlaf verbessern. Fachärzte wie Gynäkologen, Urologen oder Endokrinologen beraten die Betroffenen bei Bedarf.
Lautes und unregelmäßiges Schnarchen mit Atemaussetzern
Häufiges nächtliches Aufwachen mit Schwierigkeiten beim Wiedereinschlafen
Kribbeln oder Unruhe in den Beinen, die nur durch Bewegung gelindert wird
Schlafwandeln oder andere ungewöhnliche Verhaltensweisen im Schlaf
Anhaltende Ein- oder Durchschlafstörungen über vier Wochen
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Atemaussetzer stören Schlaf
Bereits ab dem 30. Lebensjahr beginnt bei Männern und Frauen der Muskelabbau. Wirkt man nicht entgegen, gehen bis zu 50 Prozent der Muskelmasse bis zum achtzigsten Lebensjahr verloren. Schon in der Lebensmitte kann das Auswirkungen auf den Schlaf haben. Im Mund-Rachen-Bereich kann eine schlaffe Muskulatur zu einer Verengung der Atemwege und Atemaussetzern (Schlafapnoe) führen. Betroffene fühlen sich trotz ausreichendem Schlaf ständig müde. Eine Untersuchung im Schlaflabor kann Aufschluss geben und Behandlungsmöglichkeiten aufzeigen.
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Pflegende Angehörige und Schichtarbeitende sind besonders gefährdet
Unregelmäßige Schlafzeiten können langfristig zu ernsthaften Erkrankungen wie Depressionen und Stoffwechselstörungen führen. Das betrifft laut Schlafmediziner Gouveris zum Beispiel pflegende Angehörige, deren Schlaf häufig unterbrochen wird. Sie sollten sich frühzeitig um Unterstützung kümmern, um in Abständen regelmäßig durchschlafen zu können.
Auch bei Menschen in Schichtarbeit sei der natürliche Schlaf-Wach-Rhythmus oft erheblich gestört.
Schichtarbeitende haben größere Risiken für Diabetes, Übergewicht, sogar kardiovaskuläre Probleme.
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Prof. Dr. Haralampos Gouveris, Universitätsmedizin Mainz
Vorbeugende Maßnahmen seien für diese Gruppe schwer umzusetzen. Der Schlafmediziner rät Schichtarbeitenden, bei Bildschirmarbeit Blaulichtfilter zu nutzen, da sonst die Melatoninbildung unterdrückt werde.
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Medikamente wie Benzodiazepine, bestimmte Antidepressiva oder Melatonin können kurzfristig helfen. Einige Wirkstoffe bergen aber auf Dauer erhebliche Risiken:
Schlechte Schlafqualität: Viele schlaffördernde Medikamente beeinträchtigen wichtige Schlafphasen wie Tief- oder REM-Schlaf. Der Schlaf ist weniger erholsam.
Hangover-Effekt: Die Wirkung kann zum Teil bis in den Folgetag anhalten und Müdigkeit oder verminderte Reaktionsfähigkeit auslösen.
Abhängigkeit: Benzodiazepine haben ein hohes Suchtpotenzial.
Nebenwirkungen: Gedächtnisstörungen, erhöhtes Sturzrisiko und Atemdepression sind mögliche Folgen vieler Schlafmittel.
Rebound-Insomnie: So werden von Medizinern Schlafprobleme bezeichnet, die nach dem Absetzen einiger Medikamente verstärkt auftreten.
Wechselwirkungen: Die Kombination von Schlafmitteln mit Alkohol oder anderen Medikamenten kann gefährliche Nebenwirkungen haben.
Schlafmittel sollten daher nur unter ärztlicher Aufsicht und nicht über einen längeren Zeitraum eingenommen werden.
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Was guten Schlaf fördert
Wer in der Lebensmitte immer wieder unter Schlafstörungen leidet, sollte folgende Regeln für einen erholsamen Schlaf beachten:
Regelmäßige Schlafenszeiten einhalten
Kurze Nickerchen tagsüber auf maximal zwanzig Minuten reduzieren
Schlafumgebung dunkel, ruhig und kühl gestalten
Bildschirmzeit vor dem Schlafengehen reduzieren
Auf regelmäßige Bewegung achten, aber nicht kurz vor dem Schlafengehen
Alkohol und Koffein am Abend vermeiden
Baldrian- und Lavendelpräparate können schlaffördernd wirken und sind rezeptfrei in Apotheke oder Drogerie erhältlich.
Schlafen ist gesund und macht fit für den Tag. Doch wer unter Schlafproblemen leidet, empfindet oft das Gegenteil. Mit diesen Tipps kann man seinen Schlaf nachhaltig verbessern.
von Sarah Hufnagel
Quelle: dpa
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