Tagebuch schreiben: Für die psychische Gesundheit

    Interview

    Therapeutisches Werkzeug:Tagebücher helfen bei psychischer Gesundheit

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    Tagebuch schreiben wird oft belächelt. Andrea Heine erklärt, warum Tagebücher bei der psychischen Gesundheit helfen. Und hat Ideen, wie man mit dem Tagebuch-Schreiben anfängt.

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    Von vielen wird es belächelt: das Tagebuch. Doch für viele hat es auch heute noch einen besonderen Wert. Psychologin Andrea Heine erklärt, warum.
    ZDFheute: Kann das Schreiben von Tagebüchern überhaupt bei der psychischen Gesundheit helfen?
    Andrea Heine: Ich würde das mit ja beantworten, vor allem, wenn man an das Thema Resilienz denkt. Resilienz ist die psychische Widerstandsfähigkeit. Ein Thema ist dabei unter anderem die Selbstwirksamkeit - also, dass ich mir Dinge zutraue und dass ich eher positiv gestimmt bin. Um diesen positiven Blick einzunehmen, hilft es durchaus. Man sollte sich eine Zeit lang jeden Abend hinsetzen und sich ein bis zwei Dinge aufschreiben, die positiv verlaufen sind. Allein diesen Blick zu verändern, trägt auch schon zu einer Einstellungsänderung bei.

    Man lernt mit Krisen und Situationen umzugehen, an denen man nicht wirklich etwas ändern kann

    Andrea Heine, Psychologin

    Portrait von Andrea Heine
    Quelle: Andrea Heine

    ... freiberufliche Psychologin und Betriebswirtin. Ihre Schwerpunkte sind Notfallpsychologie und Krisenintervention; Stressbewältigung, Resilienz und Burnout-Prävention; Gesund Führen; Konfliktmanagement und Kommunikation; Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung nach Arbeitsschutzgesetz §5.

    ZDFheute: Ist dieses Rekapitulieren, dass nicht alles schlimm ist, der entscheidende Faktor?
    Heine: Ja, auf jeden Fall. Für Menschen mit Depressionen ist häufig alles schwarz oder zumindest grau. Dann vergisst man selbstverständlich, dass es auch schöne Dinge gibt. Und auf diese schönen Dinge wieder den Fokus draufzulegen, ist unglaublich wertvoll. Wenn man dann mal so ein "Erfolgstagebuch" geschrieben hat und man kommt wieder in eine Situation, in der es nicht so gut läuft, dann kann man sich wieder darauf zurückbesinnen und überlegen, was hat mir denn damals geholfen.
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    ZDFheute: Hilft diese Vergegenwärtigung des Guten auch bei Menschen, die jetzt vielleicht nicht direkt unter Depressionen leiden?
    Heine: Depression ist je nach Schweregrad natürlich noch mal eine besondere Geschichte, weil da tatsächlich auch Botenstoffe im Gehirn fehlen. Wenn jemand wirklich schwerere Depressionen hat, dann wird ihm das "Erfolgstagebuch" alleine mit Sicherheit nicht helfen. Aber ich sag es mal so: Für den alltäglichen "Winter-Blues" hilft es durchaus. Ob das jetzt positive Dinge sind oder Ziele, die man sich vorgenommen hat.

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    ZDFheute: In welchen Lebenslagen ist das denn besonders gefragt?
    Heine: In vielen Lebenslagen, in denen man mit sich und der Welt nicht so ganz im Reinen ist und wo man Dinge eher pessimistisch sieht und ein bisschen den Sinn verloren hat. Wenn man sich da dann auf die positiven Dinge rückbesinnt, hilft das schon. Das ist aber natürlich ein längerer Prozess. Es fängt damit an, dass man sich die Dinge erst einmal bewusst macht. Und wenn ich mir den Dingen bewusst bin und weiß, ich bin gerade in einer Situation, die nicht so schön ist, dann nimmt man sich einfach mal die Zeit und dreht die Medaille um.
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    ZDFheute: Kann das Schreiben von Tagebüchern auch negative Folgen haben?
    Heine: Das kann auch passieren. Deswegen ist mein Favorit das "Erfolgstagebuch". Also man sagt sich ganz bewusst, ich schreibe mir nur die positiven Dinge auf.

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    ZDFheute: Ist das personenabhängig, ob das Schreiben von Tagebüchern bei psychischen Problemen hilft oder nicht?
    Heine: Ich sage es mal so: Man muss sich drauf einlassen. Wenn ich von vornherein die Einstellung habe, dass das sowieso Humbug ist, dann wird es auch nichts bringen. Wenn ich aber auch da positiv gestimmt bin, kann es mittelfristig zu einer Einstellungsänderung führen.
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    ZDFheute: Auf was sollte man beim Tagebuch-Schreiben sonst noch achten?
    Heine: Da gibt es eigentlich keine Regeln. Vom Grundsatz her sollte man sich nicht überfordern. Man kann sich zum Beispiel darauf beschränken, nur drei Punkte aufzuschreiben.

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    ZDFheute: Wie sollte die Routine denn aussehen: Jeden Tag oder jede Woche?
    Heine: Es macht schon Sinn das mal eine ganze Zeit lang jeden Tag zu machen. Irgendwann wird man vielleicht feststellen, dass man es nicht mehr braucht.

    Ich empfehle, jeden Tag drei positive Dinge aufzuschreiben.

    Andrea Heine, Psychologin

    ZDFheute: Haben Sie bereits persönliche Erfahrungen mit Patient*innen gemacht?
    Heine: Meine Erfahrungen sind wirklich gut, aber man braucht die Konsequenz. Man sollte also Geduld mit sich haben. Da gibt's jetzt keine genaue Regel, wie lang das sein muss. Das muss dann jeder selbst beurteilen.

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    ZDFheute: Diese "Erfolgstagebücher" sind ein relativ einfacher Ansatz. Kann das jeder einfach mal so ausprobieren?
    Heine: Auf jeden Fall. Das geht schon allein aus dem Grund, weil es so einfach ist. Das kann jeder machen und dabei geht ja nichts kaputt. Das sage ich auch immer meinen Kunden: Kaufen Sie sich ein schönes Notizbuch, wo Sie wirklich Freude haben, etwas reinzuschreiben.

    Man hat dann einfach auch Spaß zu sehen, wie sich das Notizbuch füllt.

    Andrea Heine, Psychologin

    Das Interview führte Josua Schwarz. Es ist erstmals am 14.1.2023 veröffentlicht worden.

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