Wo Zucker in Lebensmitteln versteckt ist

    Tipps für weniger süße Ernährung:Wo Zucker in Lebensmitteln versteckt ist

    von Christina-Maria Pfersdorf
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    Verarbeitete Lebensmittel enthalten meist viel Zucker. Zu viel davon ist ungesund. Worauf man auf der Verpackung achten sollte und Tipps, wie man im Alltag weniger Zucker isst.

    Dr. Brigitte Bäuerlein über versteckten Zucker in Lebensmitteln
    In vielen verarbeiteten Produkten versteckt sich Zucker. Ökotrophologin Dr. Brigitte Bäuerlein klärt, wie viel Zucker ein Erwachsener täglich verzehren sollte und woran man ihn erkennen kann.28.04.2023 | 7:02 min
    Verbraucherschützer und Gesundheitsexperten fordern sie schon lange: Eine Steuer auf zuckerhaltige Getränke und Süßwaren. Doch die wird es vorerst nicht geben. Die Bundesregierung setzt weiterhin auf die Freiwilligkeit der Hersteller, den Zuckergehalt in ihren Produkten zu reduzieren.

    Zucker für Industrie ein Multitalent

    Für die Industrie ist Zucker mit etwa 400 Euro pro Tonne nicht nur ein billiger Rohstoff, sondern auch ein wahres Multitalent. Er dient als Geschmacksverstärker, Konservierungsstoff, sorgt für eine angenehme Textur und lockert in Backwaren den Teig auf. Außerdem wird er für die Gärung von Alkohol eingesetzt und sorgt zum Beispiel bei Toastbrot für eine schöne Bräunung und knusprige Konsistenz.

    Die Süße übertönt auch den Geschmack von billigen oder minderwertigen Rohstoffen und verstärkt Aromen.

    Dr. Brigitte Bäuerlein, Dipl.-Ökotrophologin und Buchautorin

    Versteckter Zucker
    In Babynahrung versteckt sich oft Zucker, der für Verbraucher schlecht zu erkennen ist. Worauf muss man achten, wenn man Babynahrungsprodukte ohne Zucker oder Zuckerersatz kaufen möchte? 28.04.2023 | 4:24 min

    Zuckerzusatz auf Verpackungen oft "versteckt"

    Die Industrie ist kreativ, diesen Zuckerzusatz für Laien auf den Verpackungen zu "verstecken". Zum einen im Zutatenverzeichnis, in dem mit Synonymen gearbeitet wird, manchmal aber auch mit Angaben wie beispielsweise 'Ohne Zusatz von Süßungsmitteln'. "Hier werden keine Zuckeraustauschstoffe oder Süßstoffe zugesetzt, jedoch jede Menge Zucker", erklärt die Ökotrophologin, die einen Ratgeber über Zucker veröffentlicht hat.

    Zucker steht nicht immer als solches in der Zutatenliste, sondern kann sich hinter vielen Begriffen verstecken. Neben Zutaten, die "Zucker" im Namen enthalten, verwenden Lebensmittelhersteller auch andere Zuckerarten oder süßende Zutaten, die mit ihrer kompliziert klingenden chemischen Bezeichnung zum Teil nur schwer als Zucker zu erkennen sind.

    Zu Zuckern und zuckerreichen Zutaten gehören:
    • Saccharose
    • Dextrose
    • Raffinose
    • Glukose
    • Fruktosesirup oder Fruktose-Glukose-Sirup
    • Glukosesirup, Glukose-Fruktose-Sirup oder Stärkesirup
    • Karamellsirup
    • Laktose
    • Maltose oder Malzextrakt / Gerstenmalzextrakt

    Auch das Kohlenhydrat Maltodextrin enthält Zucker, je nach Art des Maltodextrins bis zu 20 Prozent. Es schmeckt nicht oder kaum süß und wird teilweise in zuckerreduzierten Produkten eingesetzt.

    Quelle: Lebensmittelklarheit

    WHO: Nicht mehr als 50 Gramm Zucker am Tag

    Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt Erwachsenen, täglich nicht mehr als 25 bis 50 Gramm, also etwa sechs bis zwölf Teelöffel, freien Zucker zu verzehren. Das ist der Zucker, der Speisen und Getränken zugesetzt wird, sowie Zucker, der natürlicherweise in Honig, Sirup, Fruchtsäften und Fruchtsaftkonzentraten enthalten ist.
    Mit einem halben Liter Softdrink oder Orangensaft ist das Maximum schon erreicht, mit einer durchschnittlichen Tiefkühlpizza kommt man auf mindestens zehn Gramm Zucker, genauso wie mit einer Kugel Eis. So ist es kaum verwunderlich, dass die Deutschen mit etwa 95 Gramm freiem Zucker pro Tag weit über der empfohlenen Menge liegen.

    • Unter Zucker versteht man in erster Linie den weißen Kristallzucker, der aus Zuckerrohr oder Zuckerrüben hergestellt wird, auch Haushaltszucker (Saccharose) genannt.
    • Der Begriff Zucker bezeichnet aber auch eine ganze Reihe von Substanzen, die natürlicherweise in Lebensmitteln vorkommen oder bei der Herstellung von Fertigprodukten zugesetzt werden. Die bekanntesten Vertreter sind Fruchtzucker (Fruktose), Traubenzucker (Glukose) und Milchzucker (Laktose).
    • Zucker ist der Hauptbestandteil der Kohlenhydrate. Sie bestehen aus Ketten miteinander verknüpfter Zuckerbausteine. Allerdings schmecken nur die kurzkettigen Zuckerverbindungen süß, wie beispielsweise die Einfachzucker Glukose und Fruktose oder auch Zweifachzucker wie Saccharose.
    • Vielfachzucker, auch Polysaccharide genannt, die aus langen Ketten von miteinander verknüpften Bausteinen bestehen, haben dagegen keinen süßen Geschmack. Sie sind zum Beispiel in Form von Stärke in vielen pflanzlichen Lebensmitteln wie Kartoffeln, Brot und Nudeln enthalten. Sie dienen als wichtiger Energielieferant unserer Ernährung.

    Quelle: Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen

    Sorbit-Unverträglichkeit
    :Fünf Fakten zur Sorbit-Intoleranz

    Blähungen, Bauchschmerzen oder Durchfall nach dem Genuss zuckerfreier Kaugummis und Softdrinks? Ursache kann eine Sorbit-Unverträglichkeit sein.
    von Gunnar Fischer
    Süßstoff, Tabletten, Sorbit
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    Hoher Zuckerkonsum eine Gefahr für die Gesundheit?

    Ein erhöhter Zuckerkonsum kann zu mehr Gewicht führen, warnt Brigitte Bäuerlein. "Es zeigen sich größere Fettdepots um das Herz herum und im Bauchraum. Die Blutfettwerte steigen und somit auch der Blutdruck."
    Vor allem der Konsum von Süßgetränken stünde in Verdacht, dafür verantwortlich zu sein, so die Ernährungsexpertin. Zucker wird im Zusammenhang mit vielen Krankheiten diskutiert vor allem mit Diabetes Typ 2. Wissenschaftlich gesichert ist, dass Zucker die Entstehung von Karies begünstigt.
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    Sternekoch Nelson Müller kümmert sich um unsere gute Ernährung. Zucker brauchen wir alle – aber welchen und wie viel?10.05.2022 | 43:54 min

    Zucker eine Droge?

    Auch ob Zucker süchtig macht, ist bis heute noch nicht eindeutig geklärt.

    Eine exzessive Aufnahme von Zucker kombiniert mit viel Fett kann offenbar unser Belohnungssystem im Gehirn besonders gut aktivieren. Dabei entkoppelt sich unser Essverhalten von unserem tatsächlichen Kalorienbedarf.

    Dr. Brigitte Bäuerlein, Dipl.-Ökotrophologin

    Auch evolutionsbedingt habe man gelernt, dass verzehrbare Lebensmittel süß schmecken wie auch schon die Muttermilch.
    Sebastian Lege mit zweifelndem Blick, in der rechten Hand hält er eine Packung Kokosjoghurt, in der linken Hand eine frische, ungeöffnete Kokosnuss.
    Fiese Versprechen, versteckte Zuckerbomben und jede Menge Zusatzstoffe: Produktentwickler Sebastian Lege packt aus, was uns die Lebensmittelindustrie als gesund verkaufen will.09.09.2022 | 43:45 min

    Briten trinken mehr Wasser seit Steuereinführung

    Der menschliche Organismus benötigt Zucker in Form von Glukose. Und die bildet er ganz von selbst aus Kohlenhydraten und Zuckern, die über natürliche und unverarbeitete Lebensmittel aufgenommen werden. Aber: "Unser Gehirn braucht keinen extra Energie- oder Zuckerboost", so die Ernährungsexpertin weiter.
    In Großbritannien wurde 2018 eine Steuer auf zuckerhaltige Getränke eingeführt - mit Erfolg. Die Hersteller haben den Zuckergehalt stark reduziert, um diese Steuer zu umgehen. Die Briten trinken seitdem auch viel mehr Wasser.

    Die deutsche Politik will von einer Naschabgabe nichts wissen.

    Dr. Brigitte Bäuerlein, Dipl.-Ökotrophologin

    Sie setze weiter auf die Freiwilligkeit der Industrie und die Vernunft der Menschen.

    • Frühstück: Müsli selbst machen; Fertigmüslis und Cerealien enthalten oft viel Zucker. Marmelade mit hohem Fruchtanteil wählen. Kaffee und Tee ohne Zucker trinken. Vorsicht bei Instant-Kaffeegetränken. Hier ist häufig viel Zucker zugefügt.
    • Tagsüber nur Wasser oder ungesüßte Tees trinken, auf Smoothies und Säfte verzichten oder mit viel Wasser verdünnen. Alternative: Wasser mit Beeren, Zitronen- oder Orangenabrieb, Ingwer oder Gurkenscheiben aromatisieren.
    • Hauptmahlzeiten: Möglichst selbst kochen, Meal-Prep statt Fast Food. Bei fertigen Salatsoßen unbedingt auf den Zuckergehalt achten.
    • Snack: Nüsse statt Schokolade, Kuchen & Co seltener und bewusst genießen.
    • Generell: Nicht auf Süßstoffe zurückgreifen, sondern die Süßschwelle senken. Das gelingt durch Einsatz von Gewürzen wie Vanille, Tonkabohne, Zimt, Koriander oder Rohkakao.

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