Sicherheitsexperte Lange: "Putsch gegen die Militärführung"
Sicherheitsexperte Nico Lange:"Sehr bedrohlich für Putin"
von Oliver Klein
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Der Aufstand von Wagner-Chef Prigoschin richte sich jetzt gegen Putin, sagt Sicherheitsexperte Nico Lange. Der könne seine Macht nur erhalten, wenn er sich mit Gewalt durchsetze.
Zuerst war der Aufstand der Wagner-Söldner ein Putsch gegen die russische Militärführung, jetzt geht es direkt gegen den Präsidenten Wladimir Putin - das sagt der Sicherheits- und Militärexperte Nico Lange im ZDF spezial. "Nachdem Putin sich sehr kritisch gegenüber Prigoschin geäußert hat und ihn zum Verräter erklärt hat, hat Prigoschin und seine Wagner-Truppe erklärt: Dann richtet sich das Ganze eben auch gegen Putin. Und dann muss eben gegen Moskau marschiert werden und der Präsident ausgetauscht werden", so Lange. Er spricht von einem Putschversuch in Russland.
Alles wirke, als ob Prigoschin einen vorbereiteten Plan abarbeiten würde. Das Problem für Putin: Der russische Präsident habe gegen Wagner-Chef Prigoschin nur wenig in der Hand, so Lange:
"Polizeieinheiten und die Nationalgarde sind geschwächt, viele wurden an die Front eingezogen. Die übrigen sind schlecht ausgebildet, das sind relativ kleine Gruppen - man hat in den ersten Stunden gesehen, dass die Bereitschaft, für Putin gegen die schwerbewaffnete, kriegserfahrene Wagner-Gruppe zu kämpfen, nicht besonders groß ist", sagt Lange.
Experten des britischen Verteidigungsministeriums sagen, ein Erfolg des Aufstands hänge maßgeblich von der Reaktion der Sicherheitskräfte ab, vor allem der Nationalgarde. Teile der russischen Sicherheitskräfte verhielten sich bisher wohl passiv, hieß es. London stufte den Konflikt als größte Herausforderung für den russischen Staat in der jüngsten Zeit ein.
Prigoschin will Macht und Kontrolle
Die politische Analystin Tatjana Stanowaja zeigt sich mit Blick auf einen Erfolg der Wagner-Gruppe deutlich skeptischer, prophezeite sogar schon das Ende von Prigoschin: "Jetzt, wo der Staat aktiv geworden ist, gibt es kein Zurück mehr", twitterte sie. "Das Ende von Prigoschin und Wagner steht unmittelbar bevor. Die einzige Möglichkeit ist jetzt die absolute Auslöschung, wobei der Grad des Widerstands der Wagner-Gruppe die einzige Variable ist."
Tweet von Tatjana Stanowaja
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Doch was treibt Prigoschin an? "Er will eine stärkere Stellung der Wagner-Gruppe - mehr Munition, mehr Anerkennung - letztendlich will er die Kontrolle über die Kriegsführung und das Verteidigungsministerium", erklärt Lange. Der Aufstand der Wagner-Gruppe sei eine Reaktion auf Versuche des Kremls, die privaten Söldner-Gruppen vollständig unter seine Macht zu bekommen.
Experte: Man wird Prigoschin etwas anbieten müssen
Hintergrund: Das Verteidigungsministerium hatte eine Frist bis zum 1. Juli gesetzt, dann sollten alle Freiwilligenverbände und private Militärdienstleister, die an der Seite der regulären russischen Armee kämpfen, einen Vertrag mit dem Verteidigungsministerium unterzeichnen. Wagner-Chef Prigoschin stand also vor einem Dilemma: Verlust der Kontrolle oder Auflösung seiner Privatarmee, wie Militärexperte Christian Mölling vergangene Woche analysierte.
Wie weit Prigoschin damit gehen will, wie seine Chancen stehen - unklar. Aber: "Putin kann seine Macht nur sichern, wenn er sich mit Gewalt gegen Jewgeni Prigoschin und gegen die Wagner-Truppe durchsetzt", so Lange.
mit Material von Reuters
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