Masala zur Gegenoffensive: Was der Ukraine fehlt

    Interview

    Militärexperte Carlo Masala:Gegenoffensive: Was der Ukraine fehlt

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    Die Ukraine kommt nach eigenen Angaben bei ihrer Gegenoffensive voran. Welche Probleme es gibt und was den ukrainischen Streitkräften fehlt, erklärt Militärexperte Masala im ZDF.

    Prof. Carlo Masala | Politikwissenschaftler Universität der Bundeswehr München
    Selbst wenn die ukrainische Offensive gut läuft, "bis runter zum Asowschen Meer sind es noch 115 Kilometer", so Politikwissenschaftler Prof. Carlo Masala.28.07.2023 | 4:55 min
    Die ukrainische Regierung meldet Erfolge bei ihrer Gegenoffensive. So sei etwa das Dorf Staromajorske im Südosten des Landes befreit worden. Medienberichten zufolge haben die ukrainischen Streitkräfte ihren bislang wichtigsten Vorstoß gegen die russischen Truppen begonnen.
    Dabei gehe es darum, durch von Russland gelegte Minenfelder und andere Barrieren in Richtung Süden und, wenn möglich, bis ins etwa 40 Kilometer von der Küste entfernte Melitopol vorzudringen. Über den Stand der ukrainischen Gegenoffensive spricht der Militärexperte Carlo Masala im ZDF Morgenmagazin. [Sehen Sie das ganze Interview oben im Video und lesen Sie es hier in Auszügen.]
    Das sagt der Politikwissenschaftler und Professor an der Universität der Bundeswehr in München zur Frage …

    … wie realistisch eine Befreiung von Melitopol durch die ukrainischen Truppen ist

    "Wenn die Berichte stimmen, dann ist es schon der Erfolg, dass zum ersten Mal ein größerer Verband mit Reserven eingesetzt wurde, dass man jetzt an der ersten Verteidigungslinie der russischen Armee steht. Allerdings muss man sagen: Bis Melitopol, also bis runter zum Asowschen Meer, sind es noch 115 Kilometer."
    Masala erklärt, er würde nicht erwarten, dass, "selbst wenn diese Operation in der Konzentration gut und richtig in den nächsten Tagen läuft, dass das eine schnelle Sache wird, dass die ukrainischen Streitkräfte bis nach Melitopol runterstoßen können." Denn Russland habe mehrere Verteidigungslinien aufgebaut, die alle erst überwunden werden müssten.

    … ob durch russische Armee vermintes Gelände den Vormarsch der Ukrainer erschwere

    "Die Minenfelder waren auch bisher natürlich ein Grund, warum die ukrainischen Streitkräfte ihre Taktik geändert haben in dieser Gegenoffensive und von den mechanisierten Verbänden zum Infanterie-Kampf übergegangen sind." Denn Minenfelder zu räumen oder weiträumig zu umgehen, sei "extrem kompliziert".
    Gleichzeitig habe die russische Armee die Möglichkeit, über Minenwerfer bereits geräumte Minen wieder neu zu legen. Daher sei es eine hochkomplizierte Situation für die ukrainischen Streitkräfte.

    … warum die ukrainische Militärführung viele kleine Einheiten habe – wie kritisiert wird

    "Es liegt an vielen Faktoren. Es liegt natürlich zum einen an den Minenfeldern. Es liegt aber auch daran, dass die ukrainischen Streitkräfte mit den Brigaden, die sie für die Gegenoffensive einsetzen, keine Luftverteidigung im Nahbereich haben." Das heißt, sie hätten wenig Möglichkeiten, russische Drohnen und russische Kampfhubschrauber effektiv zu bekämpfen, erklärt Masala. Jedes großflächigere Vorgehen riskiere immer, dass die russische Luftwaffe dann diese Verbände bekämpfe.
    Daher gebe es "einige Sachen, die die ukrainischen Streitkräfte nicht haben, die, wenn sie sie hätten, diese Gegenoffensive möglicherweise erfolgreicher hätten machen können."

    … ob es für die Ukraine in Bachmut nach Abzug der Wagner-Söldner einfacher werde

    "Nein, es wird nicht einfacher, weil die russische Truppenmassierung in Bachmut noch immer sehr groß ist", sagt der Militärexperte. Aber es sei erstaunlich, dass die ukrainischen Streitkräfte bei aller Schwierigkeit, die sie in Bachmut hätten, in relativ kurzer Zeit mehr von der Stadt zurückeroberten, als es die Wagner-Söldner in Monaten geschafft hätten.
    "Das heißt aber nicht, dass Bachmut in den nächsten Wochen fallen wird", betont Masala. "Es werden weiterhin, genauso wie im südlichen Frontabschnitt, heftige Kämpfe sein. Den Ukrainern fehlen halt einige Waffen, um die russischen Truppen besser bekämpfen zu können. Und von daher müssen wir leider davon ausgehen, dass diese bislang begrenzt erfolgreichen, aber mit großen Verlusten einhergehenden, Operationen der Ukraine auch so weiter geführt werden."

    ... ob Russland Soldaten fehlen

    Russland bereite sich darauf vor, dass es mehr Kräfte an die Front verlegen müsse, sollte die ukrainische Gegenoffensive erfolgreicher sein. Das sehe man laut Masala seit Monaten: "Russland setzt auf Quantität, während die ukrainischen Streitkräfte mit ihrem Gerät und der Ausbildung, die die ukrainischen Soldaten genossen haben, auf Qualität setzt.“ Das sei im Prinzip der Kriegsverlauf seit Monaten: Quantität gegen Qualität.  
    Russland hoffe darauf, dass "Quantität irgendwann mal eine Qualität in sich selbst wird" und dass man so dann in der Lage sei, die ukrainischen Streitkräfte entscheidend zurückzuschlagen.
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