"Sponsoren" des Krieges: Ukrainische Liste wühlt Europa auf
"Sponsoren" des Krieges:Die ukrainische Liste, die Europa aufwühlt
von Patrick Müthing und Florian Neuhann
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Die Veröffentlichung einer Liste mit mutmaßlichen "Sponsoren" des russischen Angriffskriegs sorgt in Europa für Aufsehen. Darin aufgezählt wird auch ein deutsches Unternehmen.
In Brüssel ist man uneins darüber, ob sich die Ukraine mit der Veröffentlichung der Liste einen Gefallen getan hat (Symbolbild).
Quelle: Reuters
Sie sind nur zu fünft in Kiew, in einer Abteilung der Anti-Korruptionsbehörde des Landes. Sie stellen eine Liste ins Netz. Es ist eine Liste, die mittlerweile in ganz Europa für Aufregung sorgt. "Die internationalen Sponsoren des Krieges", so ist die Liste überschrieben. Auch ein deutsches Unternehmen steht darauf: der Metro-Konzern.
Aufgelistet sind bisher 26 Unternehmen aus 13 Ländern plus einzelne Personen, die laut ukrainischer Regierung durch ihre Geschäfte in Russland den russischen Angriffskrieg unterstützen. Wer auf der "Schwarzen Liste" steht, hat keine direkten rechtlichen Konsequenzen zu fürchten - eher einen massiven Imageschaden.
Liste könnte die Ukraine Unterstützung kosten
Kaum veröffentlicht, aber wird die Liste selbst zum Thema bei der Europäischen Union. Ungarn kündigt an, den geplanten Militärhilfen der EU für die Ukraine erst zuzustimmen, wenn die ungarische OTP-Bank von der schwarzen Liste gestrichen werde.
Der österreichische Außenminister Alexander Schallenberg kritisierte am vergangenen Montag: Es sei nicht der richtige Weg, "einzelne Unternehmen rauszugreifen und andere nicht" - auch die österreichische Raiffeisenbank steht auf der Liste. Und auch Diplomaten aus anderen EU-Staaten fragen in Hintergrundgesprächen offen, ob sich die Ukraine mit dieser Liste einen Gefallen getan habe.
Ukrainische Liste der "Sponsoren" wirft Fragen auf
Unklar ist, wie die "Schwarze Liste" genau zustande kommt. Eine aktuelle Studie der Yale Universität kommt auf über 1.000 Unternehmen, die noch in Russland aktiv sind.
Bei dieser Geschwindigkeit könne die ukrainische Behörde mit ihrem kleinen Team nicht mithalten, erklärt Agiya Zagrebelska von der ukrainischen Anti-Korruptionsbehörde. Ihr Team prüfe jeden Fall einzeln. Der Wirtschaftswissenschaftler Janis Kluge von der Stiftung Wissenschaft und Politik findet die Idee hinter der Liste nachvollziehbar:
Indirekt würden die Unternehmen so schon den Krieg finanzieren. Unternehmen würden ihren Standort aufrechterhalten, um nach einem Ende des Krieges wieder Gewinne abführen zu können. Der Metro-Konzern betreibt beispielsweise weiterhin fast 100 Filialen in Russland.
Metro-Konzern nennt Listung "nicht sachgerecht"
Auf Anfrage von ZDFheute argumentieren einige der gelisteten Firmen, sie hätten ihre Geschäftsaktivitäten in Russland bereits deutlich reduziert und würden zudem die Ukraine großzügig unterstützen.
So würde sich Procter & Gamble nur noch auf Produkte des täglichen Bedarfs konzentrieren. Metro argumentiert, man habe außerdem große Mengen an Hilfsgütern an die ukrainische Bevölkerung gespendet. Ein Sprecher der Metro AG schreibt daher, die Listung sei aus ihrer Sicht "nicht sachgerecht".
Kiew: Klare Haltung zu Metro-Geschäften in Russland
Es sind Argumente, die die ukrainische Anti-Korruptionsbehörde nicht beeindrucken. Die Aktivität auf dem russischen Markt sei gravierender als die Spenden, sagt Agiya Zagrebelska im Interview mit ZDFheute.
Obwohl Hilfen für die Ukraine und weitere Sanktionen Europas gegen Russland auf dem Spiel stehen, will die Ukraine die Liste weiterführen. Was ihr damit wieder einmal gelingt: den Westen vor sich herzutreiben.
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Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.