Getreide für Afrika: "Putin will sich als Retter aufspielen"

    Getreide aus Russland für Afrika:"Putin will sich als Retter aufspielen"

    Julia Klaus
    von Julia Klaus
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    Putin hat das Getreideabkommen beendet - und will, dass Russland als Lieferant für den afrikanischen Markt einspringt. Ein Handelsexperte über die Gefahren von Putins Taktieren.

    Ein Bagger verlädt in einem Getreidehafen Getreide in ein Frachtschiff im Hafen von Ismajil, Ukraine.
    Ein Bagger verlädt Getreide in ein Frachtschiff im Hafen von Ismajil, Ukraine.
    Quelle: dpa

    Die Weizenernte dürfte dieses Jahr gut in Russland ausfallen. So gut, dass es erneut als Weltmarktführer im Export von Weizen dastehen dürfte, so Eurostat. Vor dem russischen Angriffskrieg war auch die Ukraine ein größerer Konkurrent. Nun jedoch wird der ukrainische Anteil kleiner und kleiner. Wo Bomben fallen und das Land vermint wird, können Bauern nicht mehr sicher ernten und exportieren.
    Helfen sollte das Getreideabkommen, das seit Juli 2022 bestand und das Wladimir Putin nun nicht verlängert hat - aus teils fadenscheinigen Gründen, wie unsere Analyse zeigt:
    Die Ukraine konnte mit dem Abkommen trotz Krieg knapp 33 Millionen Tonnen Getreide aus ihren Häfen über das Schwarze Meer verschiffen. Das hat nun vorerst ein Ende.
    Zuletzt haben russische Raketen auf die Ukraine die zum Unesco-Welterbe gehörende orthodoxe Kathedrale in Odessa schwer beschädigt:

    Putins "Retter"-Narrativ und sein Taktieren

    Vor dem Russland-Afrika-Gipfel bietet Putin nun in einem Online-Artikel auf der Kreml-Webseite an, Russland könne einspringen und Getreide nach Afrika liefern. Das Land sei "in der Lage, ukrainisches Getreide auf kommerzieller Basis und kostenfrei zu ersetzen", erklärte Putin.
    Francisco Mari, Experte für Handel und Ernährungssicherheit bei "Brot für die Welt", ordnet Putins Taktieren am Beispiel des Weizens ein:

    Putin will sich damit als Retter des afrikanischen Kontinents aufspielen.

    Francisco Mari, Brot für die Welt

    Mengenmäßig könne Russland eine Lücke durch fehlenden ukrainischen Weizen auch schließen, so Handelsexperte Mari. Denn Russland soll 2022/2023 rund 45,5 Millionen Tonnen Weizen exportieren, wie Zahlen des US-Landwirtschaftsministeriums zeigen. Russlands Top-Abnehmer sind demnach Iran, Ägypten und Algerien.
    Die Ukraine soll 2022/2023 nur noch 16,8 Millionen Tonnen exportieren - ein kriegsbedingter Einbruch von mehr als 40 Prozent. Aktuell größte Abnehmer sind EU-Länder und die Türkei, vor dem Krieg waren es Staaten in Nordafrika und Asien.
    Handelsexperte Mari sagt: "Bis auf Ägypten sind die Importmengen afrikanischer Staaten nicht so hoch, dass die Importeure nicht andere Lieferanten finden." Er glaubt:

    Durch das Ende des Getreideabkommens werden sich die betroffenen afrikanischen Länder Ersatz suchen - und ihn möglicherweise in Russland finden, denn viele haben sich nicht eindeutig zum Ukraine-Krieg positioniert.

    Francisco Mari, Brot für die Welt

    Er kann gerade noch rechtzeitig seine Saat ausbringen - ein deutscher Landwirt, der in der Westukraine einen Hof und Ackerflächen besitzt. Mehr dazu im Video:

    Schießt Russland bald Getreideschiffe im Schwarzen Meer ab?

    Interessant ist: Wegen weltweit guter Ernten gibt es etwa beim Weizen derzeit gar kein Mengenproblem.

    Leider entsteht manchmal der Eindruck, dass Putin Recht hat mit seiner Hungerwaffe gegen die ärmsten Länder und Weizen fehlen würde. Aber auch diesmal ist die Bedrohung vor allem eine Preiskrise.

    Francisco Mari, Brot für die Welt

    Die könnte entstehen, wenn Putin eine weitere Drohung wahrmacht. Nach dem Ende des Abkommens hatte er angekündigt, alle Frachter im Schwarzen Meer mit dem Ziel Ukraine als Schiffe einzustufen, "die potenziell militärische Ladung transportieren".
    Der Inlandsgeheimdienst FSB behauptet bereits, Sprengstoffspuren auf einem ausländischen Getreideschiff entdeckt zu haben. Eine systematische Bombardierung hätte laut Mari massive Auswirkungen für die weltweite Ernährungssicherheit:

    Sollte Russland tatsächlich Schiffe aus der Ukraine versenken, könnte schnell eine Preiskrise entstehen. Vor allem, wenn dann paradoxerweise auch die russischen Exporte ausfallen. Das könnte dann tatsächlich von einer Preis- zu einer Mengenkrise führen.

    Francisco Mari, Brot für die Welt

    Chancen für ein Folgeabkommen durch Druck aus China?

    Das Schwarze Meer ist nicht die einzige Möglichkeit, um ukrainisches Getreide zu exportieren. Auch Flüsse oder Transporte per Lastwagen sind möglich - und werden nun wichtiger. Deshalb überrascht es aus einer Kriegslogik heraus kaum, dass russische Truppen in der Nacht zu Montag die Hafenstadt Odessa sowie Hafenanlagen entlang der Donau angegriffen haben.
    ZDF-Korrespondentin Phoebe Gaa erklärt, warum sich die russische Regierung weigert, das Abkommen zu verlängern:
    Wie stehen die Chancen aber für ein neues Getreideabkommen? Sogar Russlands Verbündeter China hatte im UN-Sicherheitsrat vergangene Woche darauf gedrängt. Vielleicht hilft Druck aus Peking, um eine Hungerkrise abzuwenden.
    Aktuelle Meldungen zu Russlands Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit in unserem Liveblog:

    Russland greift die Ukraine an
    :Aktuelles zum Krieg in der Ukraine

    Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.
    Auf dem Bild sieht man ukrainische Soldaten von hinten.
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