Hamas und Israel: Genozid-Vorwürfe - das sagen Experten
Hamas und Israel:Genozid-Vorwürfe: Das sagen Rechtsexperten
von Moritz Flocke
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Mit dem Vorwurf des Genozids beschuldigen sich Israel und die radikalislamische Hamas im aktuellen Konflikt gegenseitig. Wie sind die Vorwürfe völkerrechtlich einzuschätzen?
Vor allem nach der Explosion an einem Krankenhaus im Gazastreifen am 18. Oktober warf die Hamas Israel Völkermord vor.
Quelle: dpa
Mit dem Konflikt zwischen Israel und der Hamas ist auch ein Krieg der Worte ausgebrochen. Der Ton ist auf beiden Seiten hart. Ein Wort, das immer wieder fällt: "Genozid" - ein Begriff, der in den vergangenen Jahren auch in anderen Konflikten benutzt wurde, etwa beim russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine angesichts russischer Gräueltaten in dem Land. Doch was heißt "Genozid" eigentlich?
Wie ist der Begriff "Genozid" entstanden?
Der Begriff "Genozid" ist gleichbedeutend mit Völkermord. 1943 prägte der polnisch-jüdische Jurist Raphael Lemkin den Begriff für die systematische Ermordung der Juden. Lemkin verlor alle Familienmitglieder bis auf seinen Bruder. Er engagierte sich dafür, dass Völkermord nach internationalem Recht bestraft wird. In Deutschland ist Völkermord außerdem nach nationalem Recht strafbar.
Völkermorde gab es schon vor dem Holocaust: Zum Beispiel von 1904 bis 1908 an den Bevölkerungsgruppen der Herero und Nama durch die deutsche Kolonialmacht.
UN-Konvention zu Völkermord seit 1951
Der Straftatbestand soll die gezielte Verfolgung von Bevölkerungsgruppen, die sich durch Sprache, Religion und Traditionen von anderen unterscheiden, verhindern. Die Konvention trat 1951 in Kraft - als Folge des von Nazi-Deutschland ausgehenden Holocausts, bei dem Millionen Menschen ermordet wurden.
Die Zahl der Opfer spielt nach der UN-Konvention jedoch keine Rolle. Der Völkerrechtler Stefan Talmon von der Universität Bonn betont:
Theoretisch sei die Tötung von einzelnen Mitgliedern der Gruppe dafür bereits ausreichend, so Talmon.
Warum Juristen das Hamas-Vorgehen als Völkermord bewerten
Bei dem Angriff der Hamas auf Israel kamen mehr als 1.400 Menschen ums Leben.
Dieser Einschätzung haben sich mehr als 250 Juristen weltweit angeschlossen. In einem offenen Brief schreiben sie, dass die Hamas-Terroristen "offenbar mit der Absicht" handelten, "eine nationale Gruppe - die Israelis - ganz oder teilweise zu vernichten".
Experte sieht in Israels Vorgehen bislang keinen Völkermord
Insbesondere nach der verheerenden Explosion an einem Krankenhaus im Gazastreifen, warf die Hamas Israel Völkermord vor. Sie konnten diese Schuldzuweisungen nicht belegen. Israel hat dagegen Beweise für eine fehlgeleitete Rakete des Islamischen Dschihad vorgelegt. Die Hamas propagierte trotzdem einen angeblichen Völkermord durch Israel.
Oliver Harry Gerson, Experte für Völkerstrafrecht, sagt: "Der Vorwurf des Völkermords als Straftatbestand wird in vielen Fällen verfrüht erhoben. Das sehen wir aktuell auch im Diskurs über die Ereignisse in Gaza seitens der Hamas." Mit Blick auf Israel sagt der Jurist:
Rechtliche Aufarbeitung noch nicht absehbar
Ob Hamas-Führer für ihre Taten bestraft werden, ist derzeit unklar. Theoretisch könnten sie vor dem Internationalen Strafgerichtshof angeklagt werden. Das ist jedoch sehr unwahrscheinlich. Denn sofern sie in den Händen des israelischen Staates wären, würden sie wohl dort angeklagt werden.
Ob Hamas-Kämpfer einen Völkermord begangen haben, muss ein Gericht entscheiden. Angesichts der anhaltenden Kämpfe ist aber völlig offen, ob und wann eine rechtliche Aufarbeitung erfolgt.
Moritz Flocke ist Rechtsreferendar in der ZDF-Redaktion Recht und Justiz.
Angriff auf Israel (Karte Israel, Gazastreifen etc.)
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