Treffen: Welche Waffen Kim an Putin liefern könnte
Treffen in Wladiwostok:Welche Waffen Kim an Putin liefern könnte
von Elisabeth Schmidt
|
Vor dem Krieg bestand die Freundschaft zwischen Kim und Putin vor allem aus warmen Worten. Das könnte sich jetzt ändern. Nordkoreas Machthaber soll unterwegs nach Wladiwostok sein.
Seine elefantengraue Hülle wurde auf Hochglanz poliert, bunte Fahnen rahmen ihn feierlich ein. Sein Name: Hero Kim Kun Ok. Vor Nordkoreas großem, neuem Stolz stehen Marine-Soldaten in weißer Kluft akkurat aufgereiht für Kim Jong Un Spalier.
Am Mittwoch verkündet Nordkoreas Diktator, sein Land verfüge nun über ein "Atom-U-Boot". Das Gefährt könne bis zu zehn Raketen mit Nuklearsprengköpfen tragen und abfeuern. Nordkoreas Alleinherrscher ist begeistert von Technik: Je größer, je tödlicher, desto besser.
Nordkoreas Schlagkraft präsentieren
Während internationale Experten noch an der Funktionsfähigkeit des neuen U-Boots zweifeln, ist Kim eine Sache gelungen: Bilder von der Schlagkraft Nordkoreas zu erzeugen. Er wittert seine Chance, jetzt mit dem kriegsgeschwächten Russland aus einer vermeintlichen Position der Stärke heraus verhandeln zu können.
Die nordkoreanisch-russische Freundschaft basierte bislang vor allem auf der gemeinsamen Front gegen die USA. Doch seitdem Russland beim Krieg in der Ukraine die Munition knapp wird und das Land international weitgehend isoliert dasteht, wirft Wladimir Putin ein neues Augenmerk auf seinen - ebenfalls isoliert dastehenden - Verbündeten Nordkorea. Russische Militärs beklagen seit Wochen, dass Geschosse rationiert werden müssen und die Schlagkraft gegenüber den ukrainischen Streitkräften schrumpft.
Quelle: ap
Es ist Familientradition der Kims: Nordkoreas Herrscher ziehen es vor, zu Staatsbesuchen im Ausland mit einem gepanzerten Privat-Zug und nicht mit einem Flugzeug zu reisen. Kim Jong Un wird Flugangst nachgesagt.
Der Zug mit seinen pinken Ledersitzen bietet puren Luxus: Hummer, Bordeaux und Burgunder Wein, direkt aus Paris importiert. "Es war möglich, jedes Gericht der russischen, chinesischen, koreanischen, japanischen und französischen Küche zu bestellen", schrieb ein russischer Reporter, der eine der Fahrten begleiten durfte. Er fügte hinzu, dass die Gelage oft vier Stunden und mehr dauerten. Kims Panzerzug rollte zuletzt 2019 in Wladiwostok ein.
Stärkung der Militärbeziehung zwischen Russland und Nordkorea?
Dass ein Waffen-Deal zwischen Moskau und Pjöngjang vorbereitet wird, darauf könnte der Besuch des russischen Verteidigungsministers Sergei Schoigu hingedeutet haben: Im Juli reiste Schoigus anlässlich des 70. Jahrestages des Waffenstillstands im Korea-Krieg nach Nordkorea. Laut Nationalem Sicherheitsrat der USA habe er dabei auch um Waffenhilfe gebeten.
Im August habe dann der Gegenbesuch stattgefunden: Eine 20-köpfige Delegation aus Nordkorea sei nach Wladiwostok und Moskau gereist.
Karte: Nordkorea, Russland
Quelle: ZDF
Kim und Putin sollen sich außerdem in heimlichen Briefen über die Stärkung der Militär-Beziehungen ausgetauscht haben.
Er beobachtet und schreibt über Nordkorea als Korrespondent für NK News mit Sitz im südkoreanischen Seoul.
Waffen und Personal gegen Lebensmittel sowie Know-How?
Für Russland wären Kurzstrecken-Raketen, etwa vom Typ KN-23, interessant. Diese Waffen ähnelten dem russischen Iskander-Raketensystem, so Bremer gegenüber ZDFheute. Russland könnte diese Geschosse ohne größere Anpassungen des eigenen Waffensystems im Krieg in der Ukraine einsetzen. Denkbar wären weitere Munitionslieferungen: "152 bis 122 Millimeter-Geschosse für die Artillerie und 100 bis 150 Millimeter für die Panzer aus Sowjetunion-Zeiten, die Russland zurzeit immer noch in der Ukraine einsetzt", erklärt Bremer weiter.
Im Gegenzug könnte Nordkorea auch von Russland Technik fürs Militär und sein - bislang gescheitertes - Satellitenprogramm erhalten. Kim Jong Un könnte Putin auch Arbeitskräfte anbieten, dringend gesuchte Mechaniker etwa, und im Gegenzug Lebensmitteldeals herausschlagen. "Nordkorea leidet chronisch unter Nahrungsmittelknappheit", erläutert Bremer. Seit Januar diesen Jahres verschicke Russland regelmäßig Lieferungen nach Nordkorea.
Beim Krieg in der Ukraine stärkte Nordkorea Russland auch diplomatisch den Rücken: Es erkannte etwa die besetzte Krim als russisch an, ebenso die selbst ernannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk.
Deal zwischen Moskau und Pjöngjang braucht Pekings Segen
Doch derlei Deals sind alles andere als sicher. Ohne den Segen Chinas wird wohl nichts entschieden werden, zwischen Pekings beiden Junior-Partnern. China ist Nordkoreas und Russlands wichtigster Handelspartner. Kim und Putin können sich derzeit nicht leisten, Xi Jinping zu verärgern.
Das Aktuellste zum Krieg in der Ukraine und weitere Nachrichten kompakt zusammengefasst als Newsletter - morgens und abends.
Auf offizieller Bühne hat China Russlands Angriffskrieg in der Ukraine nie verurteilt. Doch im chinesischen Verhältnis zu Europa ist er für Peking immer mehr zur Belastung geworden. Ein potenzieller Deal zwischen Moskau und Pjöngjang könnte demnach auch eher klein ausfallen.
Er würde dennoch zwei Dinge sehr deutlich zeigen: Die Frontstellung gegenüber den USA und ihren westlichen Verbündeten verhärtet sich - aller russischen und chinesischen Propaganda von einer "multipolaren" Weltordnung zum Trotz. Das Treffen mit Kim ist aber auch ein Zeichen dafür, in welche Kreise sich Putin durch seinen Angriffskrieg in der Ukraine begeben hat. Es ist eine Allianz der Ausgestoßenen.
Elisabeth Schmidt ist ZDF-Ostasienkorrespondentin.
Aktuelle Meldungen zu Russlands Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit in unserem Liveblog:
Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.