Ende des Korea-Kriegs: Ein Modell für die Ukraine?

    Frieden in der Ukraine?:Ende des Korea-Kriegs: Modell für Ukraine?

    von Thomas Dudek
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    Ein Abkommen zum Waffenstillstand beendete vor 70 Jahren den Korea-Krieg. Ob das ein gutes Vorbild für ein Ende des Kriegs in der Ukraine sein könnte, ist umstritten.

    A Ukrainian national flag is seen near the front line in the newly liberated village Neskuchne
    Könnte die Korea-Lösung ein Vorbild für die Ukraine sein?
    Quelle: Reuters

    Obwohl der Korea-Krieg der erste große bewaffnete Konflikt nach dem Zweiten Weltkrieg war, galt dieser lange Zeit als der "vergessene Krieg". Trotz der schätzungsweise vier Millionen Zivilisten und Soldaten, die während des 1950 ausgebrochenen und 1953 mit einem Waffenstillstandsabkommen beendeten Gemetzels ums Leben kamen.
    Doch mit dem russischen Einmarsch in die Ukraine im Februar vergangenen Jahres wurde auch der "vergessene" Korea-Krieg wieder zum Thema. Seit den ersten Tagen des Krieges sind Stimmen zu vernehmen, wonach Korea ein Modell sein könnte, um die Waffen in der Ukraine zum Schweigen zu bringen. Genauer gesagt: das vor 70 Jahren vereinbarte Waffenstillstandsabkommen.

    Eine Ukraine nach südkoreanischem Vorbild?

    Das Abkommen besiegelte nicht nur die innerkoreanische Grenze entlang des 38. Breitengrads, sondern hatte auch die Schaffung einer vier Kilometer breiten entmilitarisierten Zone. Ein Friedensvertrag wurde jedoch bis heute nicht abgeschlossen.
    "Wir wollen eine Ukraine nach südkoreanischem Vorbild aufbauen", sagte beispielsweise der bekannte amerikanische Historiker Stephen Kotkin, zu dessen Themenschwerpunkten Russland und die ehemalige Sowjetunion gehören, in einem im Februar dieses Jahres erschienen Interview mit dem US-Magazin "The New Yorker".
    Laut Kotkin wäre es für die Ukraine die Chance, trotz möglicher Gebietsverluste an Russland, "das Land zu sein, das sie sein will, es verdient zu sein und mit unserer Unterstützung sein könnte".

    Sicherheit durch EU-Mitgliedschaft

    Ein Sieg und eine Sicherheitsgarantie wäre für die Ukraine nach Meinung des Historikers in solch einem Fall die EU-Mitgliedschaft. Eine weitere bekannte Stimme aus der Geschichtswissenschaft, die in den USA zum 1. Jahrestag des russischen Einmarsches in die Ukraine Parallelen zum Korea-Krieg zog, war Sergey Radchenko in einem Gastbeitrag für die New York Times.
    Es sind Gedankenspiele, die nicht nur wegen des Kriegsverlaufs nachvollziehbar sind, sondern auch wegen der im Frühjahr letzten Jahres gescheiterten Gespräche zwischen Russland und der Ukraine in der Türkei, die seitdem auch nicht wiederaufgenommen wurden. Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob der Korea-Krieg und der russische Krieg gegen die Ukraine überhaupt miteinander vergleichbar sind.

    Experte: Korea-Krieg war Stellvertreterkrieg

    "Vergleichen kann man vieles, was aber nicht bedeutet, dass man es gleichsetzen kann", sagt Thomas Jäger, Professor für Internationale Politik und Außenpolitik, ZDFheute.
    "Beim Korea-Krieg gab es mit Süd- und Nordkorea zwei nationale Akteure, doch in erster Linie ging es für die USA und die Sowjetunion um die Manifestation ihrer Einflusszonen auf der koreanischen Halbinsel, die auf der Konferenz von Jalta vereinbart wurden"
    Gleicher Meinung ist auch der renommierte Osteuropahistoriker Martin Schulze Wessel. "Der Korea-Krieg war ein Stellvertreterkrieg", so der in München lehrende Professor und fügt hinzu:

    In der Ukraine jedoch führt Russland einen imperialen Krieg.

    Martin Schulze Wessel, Osteuropahistoriker

    Keine Friedensverhandlungen in Sicht

    Dass der russische Krieg in der Ukraine kein Stellvertreterkrieg ist, zeigt sich auch bei der bisherigen Suche nach einer diplomatischen Lösung. "Die Ukraine ist ein selbstbewusster Akteur. Und der Westen betont, dass nichts ohne die Ukraine entschieden wird", erläutert der Politikwissenschaftler Jäger. Und wie selbstbewusst die Ukraine auftritt, zeigt der von Wolodomyr Selenskyj im November erstmals vorgestellte Friedensplan. Dieser sieht den Abzug aller russischer Truppen aus der Ukraine vor.
    Ob es jemals zu einem Friedensvertrag zwischen Russland und der Ukraine kommen wird, ist derzeit jedoch fraglich. Auch deshalb, weil derzeit Russland aber auch die Ukraine keine Verhandlungsbereitschaft zeigen. Und auch ein Waffenstillstandsabkommen ähnlich wie im Korea-Krieg garantiert keinen langfristigeren Frieden wie auf der koreanischen Halbinsel, wo sich bis heute zwei hochgerüstete Kräfte gegenüberstehen.
    Sergey Radchenko gab in der New York Times zu:

    Der Konflikt wird eingefroren, alles andere als ein ideales Ergebnis.

    Sergey Radchenko, Historiker

    Nicht nur deshalb, weil aus eingefrorenen Konflikten erneut heiße Kriege werden können. "Russland würde mit anderen Mitteln versuchen, die Ukraine zu schwächen und beispielsweise ihren EU-Beitritt zu verhindern", ist sich der Historiker Schulze Wessel sicher.
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