Menschenrechtsaktivistin Tekkal zur Lage in Syrien
Düzen Tekkal zur Lage in Syrien:Forderungen "auf dem Rücken Schutzbedürftiger"
von Petra Mertens
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"Kaltherzig." "Unmenschlich." So nennt Düzen Tekkal die Forderungen nach schneller Rückführung aus Syrien Geflüchteter nur wenige Stunden nach dem Sturz Assads.
Kurz nach dem Sturz des Assad-Regimes drängen mehrere Politiker auf die Rückführung syrischer Geflüchteter und fordern einen Aufnahmestopp. "Kaltherzig und unmenschlich" seien solche Forderungen, so die Menschenrechtsaktivistin Düzen Tekkal. 10.12.2024 | 5:28 min
Nur wenige Stunden nach dem Sturz von Syriens Machthaber Baschar al-Assad diskutieren deutsche Politiker schon über die Rückkehr syrischer Geflüchteter in ihre Heimat. Die Menschenrechtsaktivistin Düzen Tekkal findet dafür im ZDF-Morgenmagazin klare Worte: "Kaltherzig" und "unmenschlich" seien solche Forderungen.
Tekkal erinnert an Bilder aus Saidnaja-Gefängnis
"Gerade auch vor dem Hintergrund der Bilder aus den Foltergefängnissen", fährt Tekkal fort. "Wer das gesehen hat, in Saidnaja beispielsweise, wo ja die Foltermethoden Assads ein Gesicht bekommen haben, wo wir von Frauen sprechen müssen, die mit 18 verhaftet worden sind und mit 34 sechs Kinder hatten, wo sie die Väter nicht kennen wegen der sexuellen Gewalt und Vergewaltigung dort."
In einer Situation, in der man nicht sagen könne, wie sich die Lage in Syrien entwickelt - "von einem Kalifat bis hin zum Bürgerkrieg oder eben die Hoffnung auf Frieden" - derartige Forderungen "auf dem Rücken Schutzbedürftiger zu stellen", empfindet die Menschenrechtsaktivistin als unmenschlich.
Nach dem Sturz Assads werden Tausende Gefangene freigelassen, die jahrelang im Saidnaja-Gefängnis in Syrien gefoltert wurden - darunter viele Frauen und Kinder. 09.12.2024 | 3:05 min
Tekkal: Syrer "zwischen Hoffnung und Schmerz"
Die gute Nachricht sei für die Menschen aus Syrien der Sturz Baschar al-Assads. Darüber freuten sie sich auch und gingen auf die Straßen, um zu feiern, so die Politikwissenschaftlerin.
Man dürfe aber nicht unterschätzen, dass die Islamisten zurück seien: "Das ist die schlechte Nachricht", so Tekkal. Daher sei es ein "Bangen zwischen Hoffnung und Schmerz". Die Menschen seien voller Schmerz um ihre Angehörigen.
Ihr großes Engagement macht sie zum Vorbild für viele: Düzen Tekkal10.12.2022 | 30:15 min
Lage der Minderheiten nicht vergessen
Ein Wermutstropfen sei, bei aller Hoffnung für Syrien, die Lage der Minderheiten. Zehn Prozent der Bevölkerung sind laut Tekkal Kurden, das seien drei Millionen Menschen. Der türkische Präsident Recep Erdogan nutze die Unruhe.
"Wir haben heute Morgen leider auch Videos bekommen von Köpfungen, Enthauptungen", sagt Tekkal. Sie nehme in Europa und Deutschland eine Naivität wahr, "die mir das Blut in den Adern gefrieren lässt." Türkische Söldnermilizen griffen in Manbidsch gerade diejenigen Menschen an, die die Kurden 2015 vor dem IS gerettet hätten.
Syrien sei ein Vielvölkerstaat: "Es geht nicht darum, den Schmerz der einen mit dem Schmerz der anderen auszukompensieren". Ihre Hilfsorganisation Hawar.help setze sich für die Schicksale aller Menschen ein, multireligiös und multiethnisch.
... ist eine deutsche Autorin, Filmemacherin, Fernsehjournalistin. Sie wurde 1978 in Hannover geboren und stammte aus einer jesidischen Einwandererfamilie. Sie gründete die Hilfsorganisation Hawar.help.
Es sei im Sinne der syrischen Zivilbevölkerung, dass dort kein Kalifat errichtet werde. "Die Ideologie des Islamismus ist international, alles was dort stattfindet und was wir dort gewähren lassen, findet hier auch statt."
In Syrien haben Rebellengruppen Machthaber Assad gestürzt. Nun will die EU die Bevölkerung über eine "Luftbrücke" mit Hilfsgütern unterstützen. Alle Entwicklungen im Liveblog.
Liveblog
Quelle: ZDF
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