Abu Mohammed al-Dschulani: Der neue starke Mann in Syrien?
Anführer der Rebellenmiliz:Al-Dschulani: Der neue starke Mann in Syrien?
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Der Anführer der islamistischen Miliz HTS versucht, sich einen staatsmännischen Anstrich zu geben. Was sind seine Ziele? Und wie radikal ist er?
Die Rolle der Rebellen um Anführer Abu Mohammed al-Dschulani ist undurchsichtig. Fakt ist: sie haben das Assad-Regime gestürzt. Aber welche Interessen verfolgen sie tatsächlich?08.12.2024 | 1:35 min
Der Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad war das große Ziel von Abu Mohammed al-Dschulani. Am Sonntag sind al-Dschulanis islamistische Kämpfer in Syriens Machtzentrum, die Hauptstadt Damaskus, eingedrungen und haben die Stadt "für frei" erklärt - 13 Jahre, nachdem Assad Proteste gegen die Regierung im Land mit Gewalt hatte niederschlagen lassen.
Al-Dschulani ist Anführer der Miliz Hajat Tahrir al-Scham
Al-Dschulani ist der heutige Chef der Miliz Hajat Tahrir al-Scham (HTS), eines früheren Zweigs des Terrornetzwerks Al-Kaida in Syrien. Die HTS-Kämpfer und verbündete Gruppen hatten nach Jahren des weitgehenden Stillstands im syrischen Bürgerkrieg am 27. November überraschend eine Großoffensive gegen die Regierungstruppen gestartet.
Die islamistischen Rebellen in Syrien haben die Herrschaft Assads beendet. In der Hauptstadt Damaskus wurde die Machtübernahme auf den Straßen gefeiert.08.12.2024 | 1:57 min
Jahrelang hatte Al-Dschulani im Verborgenen agiert. Heute steht er im Rampenlicht, gibt Erklärungen ab und spricht mit internationalen Medien. Den Turban der Dschihadisten, den er noch zu Beginn des syrischen Krieges im Jahr 2011 trug, legte er nach und nach ab - zugunsten einer Militäruniform.
Seit seinem Bruch mit Al-Kaida im Jahr 2016 versucht al-Dschulani, sein Image zu glätten und sich moderater zu zeigen. Experten und westliche Regierungen überzeugt das nicht. Sie stufen die HTS als Terrorgruppe ein. Der Wissenschaftler Thomas Pierret von Frankreichs nationalem Forschungsinstitut CNRS nennt ihn einen "pragmatischen Radikalen". 2014 sei al-Dschulani auf dem Höhepunkt seiner Radikalität gewesen, sagt der Experte und verweist darauf, dass er sich damals gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) habe durchsetzen wollen. Seitdem habe er "seine Rhetorik gemildert".
Nach Angaben des syrischen Militärs wird die Offensive von der Gruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) angeführt, die einen Großteil des Nordwestens von Syrien kontrolliert. Die Gruppe war früher als Nusra-Front bekannt, dem syrischen Ableger des Terrornetzwerks Al-Kaida. Seither hat sie ihren Namen mehrmals geändert und sich von Al-Kaida distanziert.
Zunächst bei Al-Kaida, dann Al-Nusra
Der 1982 geborene al-Dschulani wuchs in Masseh auf, einem gutbetuchten Stadtteil von Damaskus.
Nach einem Bericht der Website "Middle East Eye" fühlte er sich erstmals nach den Anschlägen vom 11. September 2001 zum Gedankengut der Dschihadisten hingezogen. Er habe an "geheimen Predigten und Podiumsdiskussionen in abgehängten Vororten von Damaskus" teilgenommen.
Die Machtübernahme der islamistischen Rebellen in Syrien sei wohl "seit längerem geplant worden", so ZDF-Korrespondentin Golineh Atai. Die Freude im Land sei überwältigend.08.12.2024 | 3:26 min
Nach der US-geführten Invasion im Irak verließ er Syrien, um im Nachbarland zu kämpfen. Im Irak schloss sich der heutige HTS-Chef Al-Kaida an und wurde anschließend fünf Jahre inhaftiert. Im März 2011, als die Revolte gegen Assads Regierung in Syrien begann, kehrte er in sein Heimatland zurück und gründete die Al-Nusra-Front - den syrischen Ableger von Al-Kaida, aus dem später die HTS hervorging.
Abu Muhammad al-Dschaulani - ein von den USA gesuchter Dschihadist - will den Westen davon überzeugen, heute ein vertrauenswürdiger Führer der Opposition in Syrien zu sein.
04.11.2021 | 44:21 min
Al-Dschulani kontrollierte Syriens Nordwesten
Im Nordwesten Syriens zwang al-Dschulani rivalisierenden islamistischen Gruppen im Januar 2017 einen Zusammenschluss mit der HTS auf und beanspruchte damit die Kontrolle über weite Teile der nordwestsyrischen Provinz Idlib. HTS baute in den von ihr kontrollierten Gegenden eine zivile Regierung auf und richtete eine Art Staat in Idlib ein, während sie zugleich ihre Rivalen zerschlug.
HTS wurden in dieser Zeit von Bewohnern und Menschenrechtsgruppen brutales Vorgehen gegen Andersdenkende vorgeworfen - die Vereinten Nationen stufen diese als Kriegsverbrechen ein. Womöglich im Wissen um die Angst und den Hass, den seine Miliz hervorrief, hat al-Dschulani sich an die Bewohner von Aleppo gerichtet, um ihnen zu versichern, dass ihnen nichts passieren werde. In Aleppo gibt es eine große christliche Minderheit. Außerdem rief er seine Kämpfer dazu auf, die Sicherheit in den nun eingenommenen Gebieten zu gewährleisten.
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Das sei zunächst einmal ein politisch gutes Vorgehen, erklärte Aron Lund von der Denkfabrik Century International. "Je weniger Panik auf lokaler und internationaler Ebene herrscht und je mehr al-Dschulani wie ein verantwortungsbewusster Akteur und nicht wie ein toxischer Dschihad-Extremist erscheint, desto einfacher wird seine Aufgabe. Ist er völlig aufrichtig? Sicherlich nicht", sagte er. "Aber es ist das Klügste, was man im Moment sagen und tun kann."
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