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ZDF-Korrespondent zu Assad-Sturz:"Für Russland ist das Ganze eine Blamage"
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Russland war jahrelang wichtiger Unterstützer von Syriens Machthaber Assad. Sein Sturz dürfte Putins Glaubwürdigkeit beschädigen. ZDF-Korrespondent Coerper sieht eine "Blamage".
Der Kreml hat Berichte bestätigt, wonach der syrische Präsident Baschar al-Assad in Moskau Asyl erhalten habe. Präsident Wladimir Putin persönlich habe die Entscheidung getroffen, Assad Asyl anzubieten, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am heutigen Montag.
Wo in Russland sich Assad nach seiner Flucht konkret aufhielt, wollte Peskow nicht sagen. Ein Treffen mit Putin sei nicht geplant. Russische Medien hatten berichtet, Assad sei in Moskau.
"Für Russland ist das Ganze eine Blamage", sagte ZDF-Korrespondent Armin Coerper. Denn jetzt stehe die Frage im Raum, ob die Streitkräfte überhaupt neben der Ukraine noch Kapazitäten haben, an anderen Krisenherden mitzumischen. Und zum anderen habe Assad für das Prinzip des Kreml gestanden, dass man seine Schützlinge nicht im Stich lasse.
Asyl aus humanitären Gründen, so nennt das der Kreml. Mehr war für den einstigen, sehr engen Verbündeten Wladimir Putins offensichtlich nicht mehr drin.
Armin Coerper, ZDF-Korrespondent
Kreml-Sprecher: Putin traf Entscheidung für Asyl
Kreml-Sprecher Peskow räumte ein, dass die Ereignisse auch Russland erstaunt hätten. Syrien galt stets als wichtigster Verbündeter des Landes im Nahen Osten, seit 2015 hatte der Kreml das Assad-Regime auch militärisch unterstützt. Putin, der sich immer wieder mit Assad getroffen hatte, habe entschieden, die Familie in Russland aufzunehmen. Moskau hat immer wieder gefallenen autoritären Staatsmännern Asyl gewährt.
Natürlich sei es wichtig, den Dialog mit allen Ländern der Region aufrechtzuerhalten, betonte Peskow. Auch mit der Türkei sei Russland zu Syrien im Gespräch.
Assad war nach der Blitzoffensive syrischer Rebellen am Wochenende mit seiner Familie nach Russland geflohen. Eine Rebellenkoalition unter Führung der Miliz Haiat Tahrir al-Scham (HTS) hatte am Sonntag die syrische Hauptstadt Damaskus eingenommen.
ZDF-Korrespondent: Putin hat Seiten gewechselt
Interessant sei auch, dass Putin offenbar die Seiten gewechselt hat zu Ungunsten Assads und zu Gunsten des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, betont ZDF-Korrespondent Coerper. "Denn der ist für Russland zuletzt bei der Umgehung westlicher Sanktionen zum Beispiel immer wichtiger geworden."
Auch das US-Institut für Kriegsstudien (ISW) sieht im Sturz Assads die Glaubwürdigkeit Putins bei dessen Verbündeten erschüttert. Putin habe autoritäre Machthaber in verschiedenen Ländern vor Protesten gegen ihre Herrschaft geschützt, um sein Ziel einer multipolaren Weltordnung mithilfe ausländischer Partner zu befördern und die Vormachtstellung der USA zu untergraben, schreibt das Institut in einer aktuellen Lageeinschätzung. In der Analyse heißt es:
Russlands Unfähigkeit oder bewusster Verzicht darauf, Assads Regime trotz des schnellen Vorrückens der Oppositionskräfte im ganzen Land zu stärken, wird auch Russlands Glaubwürdigkeit als verlässlicher und effektiver Sicherheitspartner in der ganzen Welt beschädigen.
Analyse des US-Instituts für Kriegsstudien
Die Zukunft der zwei russischen Militärstützpunkte in Syrien nach Assads Sturz soll laut Kreml mit den künftigen Machthabern besprochen werden. Es sei zum jetzigen Zeitpunkt noch zu früh zu sagen, was mit den Stützpunkten passieren werde.
Quelle: ZDF, dpa, AFP
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