Nachfolge von Franziskus:Papst aus Afrika: Ist das realistisch?
von Susann von Lojewski, Nairobi
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Noch nie war ein Geistlicher aus Afrika Hausherr im Vatikan - doch auf dem Kontinent sehnen sie sich danach. Ein Kardinal aus Ghana könnte ein möglicher Anwärter sein.
Kardinal Peter Turkson, Archivbild
Quelle: dpa
Volle Kirchen, lange Gottesdienste und der feste Glaube, dass es eine höhere Macht gibt: Die katholische Kirche ist in vielen Ländern Afrikas tief verwurzelt. Die Mitgliederzahlen auf dem Kontinent steigen: rund 273 Millionen Männer und Frauen sind es, 2022 kam damit jeder fünfte Katholik aus Afrika.
Liegt also ein afrikanischer Nachfolger von Papst Franziskus nahe? Vatikan-Beobachter sind skeptisch, doch Afrikas Geistliche machen Druck. "Alles deutet darauf hin, dass die Zukunft der Kirche in Afrika liegt", sagte unlängst der kongolesische Kardinal Fridolin Ambongo Besungu.
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Kirche in Afrika mit großer gesellschaftlicher Rolle
In Europa seien die Kirchen leer, die Gläubigen älter, so der Kardinal. In Afrika dagegen gehöre der Kirchenbesuch am Sonntag zum festen Ritual, würde Gott gefeiert, sähen auch junge Menschen in ihrem schwierigen Alltag einen Halt im Katholizismus.
Viel hat das zu tun mit dem Alten Testament - mit Geschichten von Hirten, Landwirtschaft, Epidemien und Kriegen und damit Themen, die in Afrika immer noch aktuell sind und mit denen sich die Menschen identifizieren können. Die Kirche des Nordens aber gilt als "die Mutterkirche".
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Folgt Kardinal aus Ghana auf Papst Franziskus?
Einer, der sich schon bei der letzten Papstwahl in 2013 Chancen auf das höchste Amt in der katholischen Kirche ausgerechnet hatte, ist der ghanaische Kardinal Peter Turkson. Er dient als Kanzler der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften im Vatikan.
Der 76-jährige Westafrikaner wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf, spricht sieben Sprachen und gilt als Vertrauter von Papst Franziskus, der Turkson seit Jahren als Entsandten des Heiligen Stuhls zum Weltwirtschaftsforum in Davos schickt. Das Credo des Ghanaers: Der Mensch müsse wieder stärker im Mittelpunkt stehen. Als diplomatischer Vermittler der Kirche schickte Rom ihn in Krisenregionen wie die Elfenbeinküste oder den Südsudan. Turkson zeigte sich als geschickter Diplomat, der sich für sozialen Ausgleich einsetzt.
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Kardinal mit Äußerungen gegen Homosexualität aufgefallen
Theologisch allerdings gilt Turkson als stark konservativ. Tatsächlich hatte er sich in der Vergangenheit abfällig über Homosexualität geäußert, diese sogar negiert. Eine Haltung, die viele Kirchen Afrikas teilen und entsprechend auch Einfluss auf ihre Staatsführungen nehmen.
So hatte etwa die Kirche Ugandas ihre Regierung bei der Verabschiedung einer "Anti Gay Bill", eines Anti-Schwulen-Gesetzes, massiv unterstützt.
Die Katholische Kirche in Italien erlaubt schwulen Männern, sich zu Priestern auszubilden zu lassen. Diese Lockerung könne zu "größerer Reife" der Kandidaten beitragen.
Papst-Nachfolge: Peter Turkson wohl eher Außenseiter
In jüngsten Interviews allerdings äußerte sich Kardinal Peter Turkson wieder moderater. LGBTQIA-Menschen sollten nicht kriminalisiert werden, "da sie kein Verbrechen begangen haben", sagte er. Es müsse besser informiert werden über Homosexualität, so der 76-Jährige in einem Interview mit der BBC. Allerdings, so fügte er an, seien gleichgeschlechtliche Beziehungen nach Ansicht der katholischen Kirche immer noch "Sünde".
Es scheint ein Spagat zu sein zwischen den stark konservativen Kirchen Afrikas und den im Vergleich eher progressiveren Europäern, mit dem sich der Ghanaer seine Chancen auf den Heiligen Stuhl offenhalten will. Experten räumen ihm allerdings eher Außenseiterchancen ein. Noch sei die Zeit nicht reif für einen Papst aus Afrika.
Susann von Lojewski ist Korrespondentin und Studioleiterin im ZDF-Studio in Nairobi und berichtet aus Ost-, Zentral- und Westafrika.
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Quelle: dpa
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