Analyse: Westliche Waffen wirksam gegen Ziele in Russland
Analyse
Moskau eskaliert nicht:Ziele in Russland: Westliche Waffen wirksam
von Christian Mölling, András Rácz
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Die Ukraine setzt nun westliche Waffen jenseits der Grenze ein. Damit trifft sie russische Raketenwerfer im Bereich Belgorod und vertreibt Kampfjets, die Gleitbomben abwerfen.
Nach der Freigabe der Verbündeten hat die Ukraine erste Ziele in Russland mit westlichen Waffen angegriffen. Wie wirksam sie sind, erklärt Militäranalyst Remmel bei ZDFheute live.06.06.2024 | 37:32 min
Angekündigter Einsatz bietet Möglichkeit zum Rückzug
Die Ankündigung über den Einsatz war ein kluger, gut geplanter Zug, um ein mögliches Eskalationspotenzial zu begrenzen. Die Kommunikation fand statt, bevor die Genehmigung erteilt wurde. Dies verhinderte zum einen, dass die Ukraine spektakuläre Erfolge gegen russische Flugzeuge erzielen konnte, indem sie sie mit Luftabwehrraketen westlicher Bauart überraschte.
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So konnte die Ukraine die Abschussserie aus dem Frühjahr gegen Suchoi-Kampfjets nicht wiederholen. Damals hatte die Ukraine an der Südfront ein halbes Dutzend russischer Bomber durch einen heimlich näher an die Frontlinie verlegten Patriot-Raketenwerfer abschießen lassen.
Dieses Mal hatte Russland dagegen die Möglichkeit, seine wertvollsten Luftstreitkräfte rechtzeitig abzuziehen. Das verhinderte eine weitere weithin sichtbare Blamage.
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Charkiw wieder sicher vor Gleitbomben
In der Zwischenzeit konnte aber das Hauptziel der Genehmigung, nämlich der Schutz von Charkiw vor den verheerenden russischen Gleitbombenangriffen, immer noch erreicht werden. Denn die russischen Bomber wurden einfach zurückgedrängt, so dass sie die Stadt aufgrund der begrenzten Reichweite der Gleitbomben nicht mehr erreichen konnten.
Hauptziel ukrainischer Angriffe sind russische Luftabwehrraketen
Die Ukraine konzentrierte ihre Angriffe auf die russische Region Belgorod, von wo aus die Stadt Charkiw regelmäßig getroffen wurde. Neben der Verhinderung des Abwurfs von Gleitbomben in der Stadt konzentrierte die Ukraine ihre Angriffe auf die russischen Luftabwehrsysteme.
Quelle: DGAP
... leitet das Programm "Europas Zukunft" für die Bertelsmann Stiftung in Berlin. Er forscht und publiziert seit über 20 Jahren zu den Themenkomplexen Sicherheit und Verteidigung, Rüstung und Technologie, Stabilisierung und Krisenmanagement. Für ZDFheute analysiert er regelmäßig die militärischen Entwicklungen im Ukraine-Konflikt.
Quelle: DGAP
... ist Associate Fellow im Programm Sicherheit und Verteidigung der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in Berlin. Er forscht und publiziert zu Streitkräften in Osteuropa und Russland und hybrider Kriegsführung.
Ausgehend von visuellen Beweisen wurden bisher mindestens zwei Batterien von S-300/400-Raketenwerfern sowie ein Kurzstrecken-Pantsir-System zerstört. Ein Treffer der S-300 war für die Verteidigung von Charkiw besonders wichtig, da Russland diese Luftabwehrraketen regelmäßig im Boden-Boden-Modus einsetzte.
Die hohe Geschwindigkeit dieser Raketen (2 bis 3 Mach) machte es de facto unmöglich, sich gegen sie zu verteidigen, da ihre Flugzeit von der Region Belgorod nach Charkiw weniger als eine Minute beträgt.
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Sollte es der Ukraine gelingen, die Raketenabschussrampen weiter zu zerstören, würde der Druck auf Charkiw geringer - auch wenn die Stadt weiterhin moderneren russischen Systemen wie ballistischen Raketen und Marschflugkörpern ausgesetzt wäre.
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Russische Artillerie muss schwere Schläge hinnehmen
Die Ukraine setzte auch Waffen westlicher Herkunft ein, insbesondere verschiedene Himars-Raketen gegen russische Artillerieanlagen in der Region Belgorod. Durch den Beschuss dieser Geschütze kann die Ukraine den Bodenkampf ihrer Truppen in und um die Stadt Wowtschansk - gegen den russischen Einmarsch dort - wirksam unterstützen.
Ausgehend von veröffentlichten Videoaufnahmen verfügt Russland offenbar nicht über ausreichende Fähigkeiten zur elektronischen Störung der ukrainischen Aufklärung, um seine Artillerieanlagen in der Region Belgorod gegen ukrainische Angriffe zu verteidigen.
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Außerdem gewinnt die ukrainische Artillerie dank der größeren Reichweite westlicher Systeme und besserer Sensoren regelmäßig Duelle gegen russische Geschütze mit Gegenbatterien.
Moskaus Gegenreaktion bleibt bislang aus
Trotz früherer russischer Drohungen unternahm Moskau bisher keine sichtbaren Eskalationsschritte. Selbst dann nicht, nachdem die USA der Ukraine die Erlaubnis erteilt hatten, amerikanische Waffen gegen Ziele in der russischen Region Belgorod einzusetzen. Diese russischen "roten Linien" waren also offensichtlich nur ein weiterer informeller Abschreckungsversuch, nicht mehr.
Das ändert nichts daran, dass Russland nun seine Vorgehensweisen anpassen wird. Damit dürfte die Ukraine auch in Zukunft vor Herausforderungen durch neue russische Taktiken stehen.
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