EU-Kommission empfiehlt Beitrittsgespräche mit Ukraine

    FAQ

    Kommission will Bericht vorlegen:EU empfiehlt Beitrittsgespräche mit Ukraine

    |

    Die EU empfiehlt die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und mit Moldau. Zuvor soll Kiew aber begonnene Reformen abschließen. Georgien wird Beitrittskandidat.

    Die EU-Kommission empfiehlt die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine. Vor der ersten Gesprächsrunde soll das Land allerdings begonnene Reformen abschließen müssen. Das geht aus einem am Mittwoch vorgelegten Bericht der Behörde unter der Leitung von Ursula von der Leyen hervor. Die Deutsche sprach von einem "historischen Tag".
    Auf Grundlage neuer Bewertungen können zudem auch Moldau und eingeschränkt Bosnien-Herzegowina auf einen Start von EU-Beitrittsverhandlungen hoffen. Georgien sollte nach Ansicht der EU-Kommission den Status eines Beitrittskandidaten bekommen können. Dies ist der erste Schritt im Beitrittsprozess.
    Sollten die Regierungen der Europäischen Union der Empfehlung der EU-Kommission zustimmen, könnten erstmals in der Geschichte der EU Beitrittsverhandlungen mit einem Land im Krieg geführt werden. Die Ukraine hatte am 28. Februar vergangenen Jahres kurz nach dem Beginn der russischen Invasion ihren Antrag auf Beitritt zur EU gestellt.

    Was hat die Ukraine konkret geleistet?

    Nach Ansicht von der Leyens hat die Ukraine sieben von Brüssel genannte Kriterien weitgehend erfüllt. Dazu zählen unter anderem die Reform der Verfassungsjustiz, ein Antikorruptionsprogramm sowie Maßnahmen, um den Einfluss der Oligarchen einzudämmen.
    Zudem gebe es ein neues Mediengesetz und Fortschritte beim Schutz von Minderheiten, sagte von der Leyen.

    In welchen Bereichen gibt es noch Defizite?

    Von der Leyen forderte am Wochenende bei einem Besuch in Kiew eine noch nachdrücklichere Korruptionsbekämpfung und die Verabschiedung des neuen Gesetzes über Lobbytätigkeiten. Zudem mahnte sie die Verschärfung von Vorschriften über die Angabe von Vermögenswerten sowie die vollständige Umsetzung von Empfehlungen zum Schutz von nationalen Minderheiten an.
    Letzter Punkt ist zum Beispiel dem EU-Land Ungarn wichtig. Die Regierung in Budapest war beispielsweise in der Vergangenheit der Meinung, dass die Ukraine die Rechte der ungarischen ethnischen Minderheit in der Region Transkarpatien verletzt - zum Beispiel über ein Bildungsgesetz, das den Schulunterricht in den Sprachen der Minderheiten nur noch in eingeschränkter Form zulässt.

    Welchen Status hat die Ukraine?

    Seit Juni 2022 ist die Ukraine EU-Beitrittskandidatin, wie auch das kleine Nachbarland Moldau. Die EU vollzog den Schritt im Rekordtempo: Nur rund drei Monate zuvor hatte Kiew den Antrag gestellt, kurz nach dem russischen Angriff. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach von einer "Antwort Europas auf die Zeitenwende". Nun soll auch Georgien den Status eines EU-Beitrittskandidaten erhalten.

    Warum machen die Kommission und Kiew beim Thema Beitritt Tempo?

    Beide Seiten wollen den mehr als 40 Millionen Ukrainern zeigen, dass sie eine Perspektive haben, EU-Bürger zu werden. Der Start der Beitrittsverhandlungen könnte zudem ein weiteres Zeichen sein, dass es sich lohnt, für Freiheit und Demokratie zu kämpfen. Von der Leyen sagte jüngst an die Adresse des ukrainischen Volkes gerichtet:

    Sie kämpfen nicht nur für Ihre eigene Freiheit, Demokratie und Zukunft, sondern auch für unsere.

    Ursula von der Leyen, EU-Kommissionspräsidentin

    Welche Rolle spielt Russlands Krieg auf dem EU-Weg der Ukraine?

    Vermutlich eine zweischneidige. Auf der einen Seite hätte die Ukraine ohne den Krieg wohl niemals so schnell den Kandidatenstatus bekommen. Auf der anderen Seite dürfte der Krieg notwendige Anpassungsprozesse erschweren. Zudem gilt es als ausgeschlossen, dass die Ukraine vor Kriegsende EU-Mitglied wird. Denn dann könnte Kiew nach Artikel 42, Absatz 7 des EU-Vertrags militärischen Beistand von anderen EU-Staaten einfordern - die EU wäre offiziell Kriegspartei.

    Welche weiteren EU-Beitrittsanwärter gibt es?

    Neben der Ukraine wurde am Mittwoch auch Moldau als EU-Beitrittsanwärter von der EU-Kommission bewertet. Das Land kann damit ebenfalls auf den Start von EU-Beitrittsgesprächen hoffen. Unter Auflagen empfiehlt die EU-Kommission zudem den Start von EU-Beitrittsverhandlungen mit Bosnien-Herzegowina. Georgien darf wohl auf den Status eines Beitrittskandidaten hoffen.
    Zur Türkei ist ebenfalls ein Bericht geplant, der Beitrittsprozess liegt allerdings bereits seit Jahren wegen rechtsstaatlicher Defizite auf Eis.

    Wie steht es um die Westbalkan-Staaten?

    Sie warten teils seit Jahrzehnten auf einen EU-Beitritt. Deutschland, Österreich und andere warnen deshalb davor, die Westbalkan-Länder immer wieder leer ausgehen zu lassen.
    • Nordmazedonien hat bereits seit 2005 den Kandidatenstatus
    • Montenegro seit 2010
    • Serbien seit 2012
    • Albanien seit 2014
    Das Kosovo gilt nur als "möglicher Beitrittskandidat". Bosnien-Herzegowina wiederum sieht Licht am Horizont. Die EU-Kommission empfiehlt - laut von der Leyen - "unter Auflagen" die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen, "sobald das erforderliche Maß an Erfüllung der Beitrittskriterien erreicht ist".

    Können die Gespräche auch scheitern?

    Ja, das zeigt das Beispiel Türkei. Die 2004 mit Ankara gestarteten Verhandlungen sind seit Jahren eingefroren. Hauptgrund ist das Vorgehen von Präsident Recep Tayyip Erdogan gegen Oppositionelle nach dem Putschversuch von 2016.

    Wie geht es nun weiter?

    Alle Blicke richten sich auf die 27 EU-Staats- und Regierungschefs, die am 14. und 15. Dezember in Brüssel tagen. Die Aufnahme der Beitrittsgespräche etwa mit der Ukraine erfordert einen einstimmigen Beschluss.
    Aktuelle Meldungen zu Russlands Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit in unserem Liveblog:

    Russland greift die Ukraine an
    :Aktuelles zum Krieg in der Ukraine

    Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.
    Auf dem Bild sieht man ukrainische Soldaten von hinten.
    Update
    Quelle: dpa, AFP

    Aktuelle Nachrichten zur Ukraine