Staudamm-Zerstörung: Die Folgen für Natur und Front

    Krieg in der Südukraine:Staudammbruch: Die Folgen für Natur und Front

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    Die Zerstörung des Kachowka-Staudamms wirft die Ukraine in ihrer Gegenoffensive zurück. Aber auch Russland hat Nachteile. Die Folgen der Flut im Überblick.

    Überschwemmung nach der Zerstörung des  Kachowka-Staudamms
    Überschwemmung nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms.
    Quelle: Imago

    Es waren nicht Bilder von der Front, die in den vergangenen Tagen aus der Ukraine um die Welt gingen. Es waren Bilder der schwersten humanitären Krise seit Kriegsbeginn: Wassermassen, die sich mit ungeheuerlicher Wucht ihren Weg durch den gebrochenen Damm des Kachowka-Stausees bahnen, weite Landstriche überfluten und Tausende Häuser nahezu komplett verschlucken.
    Doch abseits vom menschlichen Leid sowie den massiven wirtschaftlichen und ökologischen Schäden hat der Dammbruch auch eine handfeste militärische Komponente - insbesondere vor dem Hintergrund der ukrainischen Großoffensive, die nun wohl begonnen hat. Die Karten am Schlachtfeld werden neu gemischt.

    Ukrainische Gegenoffensive durch Flut kaum möglich

    Durch die neue Lage ergeben sich sowohl für Moskau als auch für Kiew Vor- und Nachteile. Für den Augenblick scheint der von Überflutungen betroffene Frontabschnitt als Angriffsziel für die Ukrainer aus dem Spiel. Die ukrainische Armee ist gleichzeitig weiter damit beschäftigt, Flutopfer zu retten - und gerät dabei teilweise unter Beschuss.
    [Die Fluten treffen auch Menschen in den russisch besetzten Gebieten. Nach viel Kritik sollen nun auch sie Hilfe erhalten].
    Die Flut lässt zudem auch den Wasserstand von Nebenflüssen am Unterlauf des Dnipro steigen, was zu logistischen Problemen im Hinterland führen kann. Unter diesen Umständen ist in der Region nicht an eine ukrainische Offensive zu denken.

    Nach dem Wasser kommt der Schlamm

    Die Überschwemmung hat aber auch langfristig Auswirkungen auf mögliche Kampfhandlungen. Selbst nach dem Absinken der Wassermassen wird der Boden einigen Experten zufolge über Wochen, wenn nicht Monate sumpfig sein. Ein schnelles Vorankommen ist damit praktisch unmöglich. Schweres Gerät droht einfach einzusacken. Das ist ein Nachteil für die Ukrainer, die bei vergangenen Offensiven auf schnelle und bewegliche Einheiten gesetzt hatten.
    Vize-Verteidigungsministerin Hannah Maljar warf Russland vor, den Staudamm gesprengt zu haben, um eine Offensive der Ukrainer im Gebiet Cherson unmöglich zu machen, so Reserven zu befreien, um sie an andere Frontabschnitte zu verlegen.

    Gegenoffensive in der Region Saporischschja

    Jüngste Gegenangriffe der Ukraine hatten sich vor allem auf die Region Saporischschja konzentriert, um bei einem Durchbruch Richtung Schwarzmeer-Küste vorzurücken und damit einen Keil zwischen die dort stationierten russischen Streitkräfte treiben zu könnten. Deren Versorgung würde dadurch erschwert.
    Nach Einschätzung des US-Militärexperten Phillips O'Brien könnte es noch Wochen dauern, ehe die Ukrainer in Saporischschja mit Angriffen Erfolg haben. Die Russen seien sich über die Bedeutung der Front im Klaren.

    Sie haben einige der tiefsten Verteidigungslinien aufgebaut und nutzen einige ihrer besten Kräfte, um das Gebiet zu verteidigen.

    Phillips O'Brien, US-Militärexperte

    Das nun zu Teilen überflutete Cherson galt als eine Möglichkeit, das russische Militär zu zwingen, andere Frontabschnitte zu verteidigen und die Einheiten Moskaus so zu überlasten. Mit der Schaffung eines Brückenkopfes auf der linken - bislang von Russland besetzten - Seite des Dnipro hätten die Ukrainer die Russen in eine gefährliche Lage bringen können.

    Auch Russland hat Nachteile durch Dammbruch

    Ben Hodges, Generalleutnant a.D. und einst Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte in Europa, sieht den russischen Vorteil allerdings nur von kurzer Dauer. Seiner Einschätzung nach werden die hohen Temperaturen im Sommer den Boden schnell wieder austrocknen.
    Auf der Gegenseite haben die Wassermassen auch die Verteidigungsanlagen der Russen fortgespült, womöglich Munitions- und Treibstofflager zerstört.

    Russen vom Hinterland abgeschnitten

    Die derzeit von Moskauer Truppen kontrollierte strategisch wichtige Halbinsel Kinburn im Dnipro-Delta vor dem Ausgang ins Schwarze Meer ist durch die Flut vom Hinterland abgeschnitten und könnte zum Ziel ukrainischer Angriffe werden.
    Mit der Halbinsel, die weit gen Westen reicht, kontrolliert Russland nicht nur den Dnipro, sondern verlängert seinen Einfluss weit in das westliche Schwarze Meer hinein. Der Seehafen Mykolajiw, der neben Odessa zu den wichtigsten zählt, ist durch die russische Kontrolle auf der Kinburn-Halbinsel praktisch vom Welthandel abgeschnitten.
    Für Kiew wäre die Rückeroberung des Landzipfels also durchaus von Bedeutung, zumal damit dann auch die Schwarzmeer-Halbinsel Krim in Schussweite gerät.

    Russland muss größere Frontabschnitte überwachen

    Zudem sinkt mit dem Abfließen gewaltiger Wassermassen Richtung Schwarzes Meer im Kachowka-Stausee der Wasserstand dramatisch. Damit wird eine Überquerung des Dnipro künftig auch an anderen Stellen zur Option, die bislang aufgrund der Breite des Stausees keine Chance auf Erfolg boten.
    Russland ist damit gezwungen, auch diese Frontabschnitte zu überwachen - und damit Kräfte zu streuen.
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    Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.
    Auf dem Bild sieht man ukrainische Soldaten von hinten.
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    Quelle: André Ballin, dpa
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