Masala warnt bei "Lanz": Taurus-Frage könnte obsolet werden

    Militärexperte warnt bei "Lanz":Masala: Taurus-Frage könnte obsolet werden

    von Michael C. Starke
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    Carlo Masala sieht in der US-Erlaubnis, Ziele in Russland anzugreifen, keine Wende im Ukraine-Krieg. Er warnt: Russlands Präsident Putin hat nur Trumps Amtsantritt im Blick.

    Die Runde bei Markus Lanz am 19. November 2024
    Sehen Sie hier die Sendung "Markus Lanz" vom 19. November 2024 in voller Länge.19.11.2024 | 76:12 min
    Am Dienstag war es genau 1.000 Tage her, seit das russische Militär seinen Angriffskrieg auf die Ukraine begann. Und genau an diesem symbolträchtigen Tag hat die Ukraine erstmals auch russisches Gebiet beschossen - mit Raketen vom Typ ATACMS aus US-Produktion.
    Die Erlaubnis, diese Waffen gegen Ziele in Russland einzusetzen, hatte unlängst der scheidende US-Präsident Joe Biden erteilt. Es ist allerdings auch eine Entscheidung, auf die die Regierung in Kiew seit Monaten gedrungen und ebenso lange vergeblich gewartet hat. Warum also gerade jetzt dieser Sinneswandel?
    Armin Coerper
    Die Ukraine hat erstmals amerikanische Raketen des Typs ATACMS auf russisches Territorium abgefeuert. ZDF-Korrespondent Armin Coerper schätzt ein, wie Moskau nun reagiert. 19.11.2024 | 1:11 min

    Biden-Entscheidung ein Signal an Putin

    Am Abend ordnete ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen bei "Markus Lanz" die Biden-Entscheidung als klare Botschaft in Richtung Kreml ein. Diese müsse vor allem vor dem Hintergrund gesehen werden, dass Soldaten aus Nordkorea auf Seiten Moskaus kämpfen. Zum Kalkül des Weißen Hauses sagte Theveßen:
    "Wenn er hier den Westen austestet in seiner Entschlossenheit und wenn es keine entschlossene Antwort darauf gegeben hätte, dann würde Wladimir Putin in der Lage sein, nicht nur die jetzt vorhandenen 12.000 nordkoreanischen Soldaten, sondern vielleicht Hunderttausende oder noch mehr dazu zu holen."
    Egon Ramms 1000 Tage Ukraine
    Die ATACMS-Freigabe der USA wird den Krieg wohl nicht entscheiden, sagt Ex-General Ramms. Sie sei trotzdem eine Möglichkeit für die Ukraine, die russische Kriegsführung zu stören.19.11.2024 | 7:07 min

    Kein Überraschungsmoment durch US-Ankündigung

    Eine Einschätzung, der Militärexperte Carlo Masala zustimmte, auch er sah in dem Kurswechsel in Washington ein Signal an den russischen Präsidenten. Der Politikwissenschaftler von der Universität der Bundeswehr kommentierte:

    Über die Ankündigung betreibt Biden eine Art Eskalationskontrolle.

    Carlo Masala, Militärexperte

    Das machte Masala vor allem an der Art der offenen Ankündigung fest, über die sich sogar der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj verärgert gezeigt hatte. Wenn man die Russen hätte überraschen wollen, führte Masala aus, wären die ATACMS einfach eingesetzt worden. So seien die USA aber eben nicht vorgegangen.
    Botschafterinnen und Botschafter der EU-Staaten, der EU-Beitrittskandidaten und der G7 halten eine große Fahne beim Fototermin «1000 Tage Krieg - Solidarität mit der Ukraine» im Haus der Europäischen Union.
    Vor 1.000 Tagen begann der russische Angriffskrieg in der Ukraine, hunderttausende Menschen wurden seitdem verletzt oder getötet. Ein Ende des Leids ist nicht in Sicht. 19.11.2024 | 1:29 min

    ATACMS wohl kein Gamechanger

    Eine echte Wende für die ukrainische Kriegsführung wollte Masala durch die Kurzstreckenraketen mit einer Reichweite von 300 Kilometern nicht so recht erkennen:

    Wir können relativ wenig dazu sagen, was der Effekt sein wird militärisch.

    Carlo Masala, Militärexperte

    Unklar sei etwa, über wie viele ATACMS-Raketen die Ukrainer insgesamt verfügen. Was für Masala zudem für einen begrenzten Effekt sprach: Die "New York Times" hatte berichtet, die Ukraine dürfe ATACMS nur in der russischen Region Kursk einsetzen - offiziell bestätigt von US-Seite ist das nicht.

    Masala: Taurus-Frage droht, obsolet zu werden

    Angesichts der US-Genehmigung sind auch die Rufe nach einer Lieferung von deutschen Taurus-Marschflugkörpern in die Ukraine wieder lauter geworden. Diese Waffenart hat sogar eine Reichweite von 500 Kilometern und könnte theoretisch Ziele in Moskau erreichen. Kanzler Olaf Scholz lehnt eine Taurus-Lieferung weiterhin kategorisch ab.
    Schaltgespräch Diana Zimmermann
    Die Taurus-Debatte "verfolgt den Kanzler auf seiner Reise nach Rio", so Diana Zimmermann aus Rio. Doch der Krieg in der Ukraine spiele auf dem Gipfel eigentlich keine große Rolle.20.11.2024 | 2:31 min
    Experte Masala rechnete nicht mit einer baldigen Kurskorrektur in Berlin - und argumentierte mit dem Kalender: Eine Bundestags-Neuwahl im Februar hieße, "wenn alles schnell läuft" im Mai könne eine neue Koalition regierungsfähig sein.
    Ob sich dann die Taurus-Frage für einen möglichen Bundeskanzler Friedrich Merz überhaupt noch stelle, daran meldete der Sicherheitsexperte laute Zweifel an:

    Wir wissen alle heute nicht, wo dieser Krieg im Juni stehen soll. (…) Und da kann der Krieg schon in einem Stadium sein, wo Taurus völlig obsolet ist.

    Carlo Masala, Militärexperte

    Taurus Debatte
    Die US-Entscheidung befeuert in Deutschland wieder die Diskussion über die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern.18.11.2024 | 2:04 min

    Masala: Krieg läuft zuungunsten der Ukraine

    Die Ukraine, soviel wurde in den Worten Masala deutlich, befinde sich gerade auf der Verliererseite: "Die Ukraine verliert im Donbass, die Russen drücken an allen Fronten", so der Experte. Und ergänzte seine Analyse wie folgt:

    Meine Vermutung ist, Putin will bis zum 20. Januar, also bis zur Amtseinführung, bis zur Inauguration von Donald Trump, so viele Fakten wie möglich schaffen.

    Carlo Masala, Militärexperte

    Erst mit diesem Datum entscheide sich aus Putins Perspektive wirklich, wie die Trump Administration auf den Ukraine-Krieg reagiere. Dem kolportierten Trump-Plan nach, so Masala weiter, würde der kommende US-Präsident "diesen Krieg gerne einfrieren und den Russen die Gebiete überlassen, die sie gerade besetzen".

    Angriffe auf Odessa bedrohen Ukraine wirtschaftlich

    In diesem Zusammenhang müssten auch die verstärkten russischen Angriffe auf die südukrainische Hafenstadt Odessa gesehen werden, mahnte der Professor für Internationale Politik - mit möglichen gravierenden Folgen: "Wenn Odessa von den Russen erobert werden sollte, dann ist die Ukraine vom Wasser abgeschnitten. Das ist eine ganz andere ökonomische Situation für die Rest-Ukraine."
    Als einer der größten Weizen-Exporteure der Welt ist das Land auf einen Zugang zum Seeweg angewiesen. Die US-Freigabe für ATACMS müssen daher auch als Versuch gewertet werden, der Ukraine Verhandlungsmasse zu erhalten, etwa für einen Gebietstausch oder andere Zugeständnisse. Masala sagte: "Wenn Kursk fällt bis zu dem Zeitpunkt, wo Donald Trump inauguriert wird, dann hat die Ukraine überhaupt nichts, womit sie in Verhandlungen reingehen kann."



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    Russland greift die Ukraine an
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    Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.
    Auf dem Bild sieht man ukrainische Soldaten von hinten.
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