Deutsche Nationalmannschaft: Nagelsmann Crux mit der Abwehr
Deutsche Nationalmannschaft:Nagelsmanns Crux mit der Abwehr
von Frank Hellmann
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Die Defensive ist in Julian Nagelsmanns Augen elementar für eine möglichst erfolgreiche Heim-EM. Deshalb soll sich die DFB-Elf in den Testspielen am besten kein Gegentor einfangen.
Dreier- oder Vierer-Kette oder beides? Bundestrainer Julian Nagelsmann (rechts) und Co-Trainer Sandro Wagner vor den Länderspielen gegen die Türkei und Österreich.
Quelle: dpa
Öfter mal was Neues kann auch der deutschen Nationalmannschaft nicht schaden. So war bei der ersten Einheit von Julian Nagelsmann auf dem DFB-Campus am Dienstagmorgen viel Musik drin.
Training der Nationalmannschaft mit Musik
Extra Lautsprecher waren aufgestellt, aus denen anfangs der Queen-Klassiker "Don’t stop me now" dröhnte, später übertönte der Deutschrapper Kontra K mit seinem Lied "Erfolg ist kein Glück" sogar den Fluglärm im Frankfurter Stadtteil Niederrad.
Die Beschallung beim Aufwärmen ist angeblich ausdrücklicher Wunsch des Bundestrainers, der mit seinem Trainerteam auch die Playlist zur Premiere zusammengestellt hat.
Vielleicht gilt es ja auch, sich an die laute Atmosphäre im Länderspiel gegen die Türkei in Berlin (Samstag, 20.45 Uhr) zu gewöhnen, ehe es am Dienstag, 20.45 Uhr (ZDF live), in Wien gegen Österreich geht.
Julian Nagelsmann will variabler werden
Seiner Mannschaft liegt Nagelsmann derzeit noch mit einem weiteren Anliegen in den Ohren - einem, das ihn seit seinem Einstand bei der USA-Reise beschäftigt:
Das hört sich nach einem Switch zwischen Dreier- und Viererkette an. Damit hat Nagelsmann schon früher bei der TSG Hoffenheim, RB Leipzig und Bayern München experimentiert.
Problem: Wenig Trainingszeit
Doch der Wechsel zwischen den Grundordnungen bedingt ausreichend Trainingszeit, die ein Nationaltrainer in der Regel nicht hat. Außerdem sprechen die missglückten Experimente unter Vorgänger Hansi Flick eigentlich gegen die Dreierkette.
"Jetzt geht es darum, dass man eine Stammelf findet", berichtet ZDF-Reporter Boris Büchler. Dabei gehöre Joshua Kimmich "ganz klar in die Stammformation".14.11.2023 | 2:44 min
Aktuell sind mit Antonio Rüdiger, Niklas Süle und Jonathan Tah nur drei Innenverteidiger gesund; bei Mats Hummels zwickt noch "zwei, drei Tage" der Rücken, wie er selbst sagte.
Malick Thiaw musste absagen
Grundsätzlich aber ist der Weltmeister als fester Anker zurückgeholt worden: Nagelsmann schätzt das Stellungspiel, den Spielaufbau und die Ausstrahlung von Hummels.
Ihm in den Anlagen am nächsten kommt Malick Thiaw, doch der 22-Jährige ist wegen bevorstehender Vaterfreuden nicht angereist.
Für die Testspiele gegen die Türkei und gegen Österreich freut sich Marvin Ducksch über eine Nominierung. Im Aufgebot der DFB-Elf trifft er nun Ex-Kollege Niclas Füllkrug wieder.
von Frank Hellmann
Süle auch in der DFB-Elf auf Außen?
Nagelsmann probierte im Training nun Rüdiger und Tah in der Zentrale aus, weil zuletzt gegen Mexiko (2:2) vor allem Süle als Innenverteidiger schlecht aussah. Nicht umsonst spielt er auch beim BVB oft rechter Verteidiger.
Die individuellen Aussetzer der Abwehrreihe zogen sich wie ein roter Faden durch die verpatzten Turniere der WM 2018, die EM 2021 oder die WM 2022: ganz gleich, ob Joachim Löw oder Nachfolger Flick verantwortlich waren.
Vorbild Frankreich
Dabei macht ein Topteam wie Frankreich doch eigentlich vor, wie individuelle Klasse vorne mit der nötigen Stabilität hinten erfolgreich gepaart wird: indem das ganze Kollektiv voller Hingabe gegen den Ball verschiebt und verteidigt.
Frankreichs Nationalcoach Didier Deschamps hat diese Denke auch seinen Offensivkünstlern eingetrichtert und Kritik an seinem Pragmatismus stets nonchalant gekontert.
DFB-Elf: Gegentore vermeiden
Nagelsmann geht es vor seinem Heimdebüt um eine "erweiterte taktische Herangehensweise" und "hohes Pressing". Die Nationalelf solle sich "mannschaftstaktisch weiterentwickeln, die Offensive ist weiter das Prunkstück", sagte der 36-Jährige bei der Kaderbekanntgabe.
Aber ohne eine funktionierende Defensive wird es nicht gelingen, die EM 2024 erfolgreich zu bestreiten. Intern soll schon das Ziel ausgegeben worden sein, gegen die EM-Teilnehmer Türkei und Österreich kein Gegentor zu kassieren.
Auch Marc-André ter Stegen hofft
Es wäre auch ganz im Sinne von Marc-André ter Stegen. Der Torwart von FC Barcelona kann jedes Erfolgserlebnis gut gebrauchen, weil bei den nächsten Länderspielen im März vermutlich auch der Kampf um die Nummer eins voll entbrennt.
Diesmal fehlt Manuel Neuer zwar noch, aber alleine die Tatsache, dass ihn der DFB-Ausrüster am Mittwoch nach Berlin gebeten hat, um den offiziellen EM-Spielball vorzustellen, besagt ja einiges.
1,2 Millionen Tickets für die Fußball-EM 2024 bei 20 Millionen Bewerbern: Die Enttäuschung war absehbar. Trotzdem: Es gibt weitere Chancen, an ein Ticket zu kommen.