Der Umgang mit den Geschassten war nicht Bayern-like, kommentiert Boris Büchler. Rechts Bayern-Aufsichtsratschef Herbert Hainer und Kahn-Nachfolger Jan-Christian Dreesen.
Quelle: ZDF/dpa
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Aus für Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic zeigt: Die Bayern sind tief gesunken, können anscheinend nicht einmal mehr ihre Mitarbeiter mit Anstand und Würde entlassen (wie schon bei Julian Nagelsmann) und stecken nach dem jüngsten personellen Knall endgültig in einer tiefen Sinnkrise.
Ein Foul an den Werten des FC Bayern
Dass die fundamentale Nachricht der Doppel-Entlassung kurz nach dem Schlusspfiff beim Meisterfinale öffentlich wurde, ist ein Debakel. Das Prozedere beim personellen "Doppel-Wumms" ist auch ein Foul an den Werten des FC Bayern.
Salihamidzic ging immerhin mit Anstand, Kahn mit Wut. Losgelöst davon, ob der Ex-CEO - als er von seinem Aus erfuhr - vor Herbert Hainer und Uli Hoeneß ausgerastet sein soll oder nicht: Dass er anschließend sofort entmachtet und ein Meisterfeier-Verbot bekam, ist nicht Bayern-like.
Die Trennung von Oliver Kahn ist laut FCB-Präsident Herbert Hainer "nicht einvernehmlich" über die Bühne gegangen. "Das war sehr emotional", so Hainer.
Auch Kahn muss sich die Stilfrage stellen
Egal was vorgefallen sein mag: So geht man mit einer Vereinslegende nicht um. Andererseits muss auch Kahn sich fragen, wie sich Nagelsmann gefühlt haben muss, als er aus der Presse erfuhr, dass Schluss ist. Und der Tuchel-Vorgänger hat bis heute nicht verbal nachgetreten. Das hat Stil, Herr Kahn.
Bei den Abläufen der Abberufung haben beide Seiten komplett unterschiedliche Sichtweisen. Hier steht Aussage gegen Aussage. Dass Kahn im Vorfeld des letzten Spieltages abserviert wurde, ist das eine. Doch dass sich danach eine Schlammschlacht mit einem solchen Ausmaß entwickelt, ist für alle Beteiligten unwürdig und das nächste Bayern-Beben nach einer Chaos-Saison mit Champions-League- und Pokal-Aus.
Die Fehler des Duos Kahn/Salihamidzic
Das entlassene Duo hat sich durch seine Führungsschwäche praktisch selbst demontiert. Ein unausgewogener Kader, viele Managementfehler und ein umstrittener Trainerwechsel sind die Hauptvorwürfe.
Denn Kahn und Salihamidzic haben in der Causa Nagelsmann kein Fettnäpfchen ausgelassen. Das vermeintliche Langzeitprojekt mit einer panisch wirkenden Kurzschlussreaktion zu beenden, lastet immer noch schwer auf ihrem Image. "Mia san mia" geht anders.
Tuchel sitzt fest im Sattel
Jan-Christian Dreesen, der den Klub verlassen wollte (angeblich wegen Dissonanzen mit Kahn), ist nun als Krisenmanager gefragt. Thomas Tuchel steht nicht zur Debatte, hat volle Rückendeckung der Klubbosse.
Aber dem Cheftrainer fehlt noch sein wichtigster Ansprechpartner: Ein neuer Kadermanager und Sportvorstand. Max Eberl gilt Gerüchten zufolge als Kandidat für den Posten. Wenn der Ex-Gladbach-Manager schon nach sechs Monaten den RB Leipzig tatsächlich wieder verlassen sollte, hätte das mehr als einen faden Beigeschmack.
Hoeneß mit zu viel Einfluss
Wenn beim FC Bayern in kurzen Abständen mit Hansi Flick und Julian Nagelsmann zwei Top-Trainer aus unterschiedlichen Gründen gehen und dazu jetzt auch noch die zwei wichtigsten Entscheidungsträger vor die Tür gesetzt werden, dann sagt das viel über den Ist-Zustand des Rekordmeisters. Auch Uli Hoeneß, der nicht loslassen kann und noch viel zu viel Einfluss ausübt, hat daran seinen Anteil.
Nun heißt es: Ende Legende. Kahns Aus ist ein richtiger, aber nur ein erster Schritt. Denn der Reformbedarf im Umgang miteinander, auf Führungsebene, beim Scouting und in der Transferpolitik ist riesengroß. Der ewige Meister gibt ein Bild der Zerrissenheit ab und muss aufpassen, nicht ein ewiges Tollhaus zu werden.