Hilfe in Krisen für Jugendliche: Wenn per Mail beraten wird
Hilfe in Krisen für Jugendliche:Wenn per Messenger oder Mail beraten wird
von Susanne Gentsch
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Psychische Probleme bei Jugendlichen nehmen zu. Doch vielen fällt es nicht leicht, sich Hilfe und Unterstützung zu suchen. Wie digitale Angebote dabei helfen können.
Nahezu jeder Jugendliche in Deutschland nutzt täglich sein Smartphone. Telefoniert wird damit aber nur noch selten. Die meiste Kommunikation findet über Messenger in Form von Text- oder Sprachnachrichten statt. Das geht schnell und lässt sich leicht in den Alltag junger Menschen integrieren.
Ein Vorteil, den sich auch digitale Hilfsangebote zunutze machen. Sie unterstützen, wenn Jugendliche mit psychischen Problemen auf der Suche nach Hilfe sind.
Bedarf ist auch wegen Corona-Pandemie gestiegen
Der Bedarf daran ist zuletzt stark angestiegen. So waren psychische Erkrankungen 2020 der häufigste Grund für einen Klinikaufenthalt bei Menschen zwischen 15 und 24 Jahren. Vor allem der erste Lockdown im Zuge der Corona-Pandemie brachte einige Jugendliche an ihre psychische Belastungsgrenze. Doch lange Wartezeiten bei Psychologen und Psychotherapeuten und ein Mangel an Therapieplätzen verhindern in vielen Fällen schnelle Hilfe vor Ort.
Der Deutsche Ethikrat fordert, dass Kinder und Jugendliche nie wieder so ins Hintertreffen geraten dürfen, wie während der Corona-Zeit. Rund ein Viertel hat Depressionserfahrung.28.11.2022
Beratungsmöglichkeiten für Jugendliche direkt aufs Handy
Immer mehr Beratungsstellen für Jugendliche mit psychischen Problemen reagieren auf die hohe Nachfrage mit digitalen Hilfsangeboten per Messenger oder Mail. Hier finden junge Menschen niederschwellig schnell und anonym Ansprechpartner. Christine Rummel-Kluge, Leiterin der Psychiatrischen Institutsambulanz am Uniklinikum Leipzig, befürwortet solche Angebote und sieht weitere Vorzüge:
Ein Vorteil ist sicherlich, dass man sie rund um die Uhr erreichen kann, und dass man als ersten Schritt auch tatsächlich nur chatten oder schreiben muss.
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Prof. Dr. Christine Rummel-Kluge, Leiterin der Psychiatrischen Institutsambulanz am Uniklinikum Leipzig
Dass solche digitalen Angebote unter jungen Menschen gut angenommen werden, zeigt eine Auswertung des Online-Hilfsangebots Krisenchat. Im Schnitt gibt es hier seit August 2022 knapp 4.000 Anfragen pro Monat, sagt Melanie Eckert, psychologische Leiterin und Mitgründerin von Krisenchat.
Wer bei Sorgen und Krisen hilft
Die meisten digitalen Hilfsangebote sind mit ehrenamtlichen Beratern besetzt. Sie arbeiten in kurzen Schichten, zum Beispiel zweimal im Monat. Betroffene können sich auf den Websites der Onlinehilfen anonym registrieren und werden einem Berater im Chat zugewiesen.
Manche Angebote vergeben Beratungstermine, während andere direkt antworten. Es kann sein, dass die Ansprechpartner während einer Beratung wechseln, damit Betroffene nicht lange auf eine Antwort warten müssen. Je nach Angebot und Mitarbeiterqualifikation können unterschiedliche Aspekte in einer digitalen Onlineberatung abgedeckt werden.
In sogenannten Peer-Beratungen arbeiten junge Menschen, die teilweise selbst Betroffene waren. Jugendliche können sich mit ihnen besser identifizieren, es fällt ihnen leichter, sich zu öffnen und über ihre Probleme zu sprechen. Peer-Berater brauchen zwar keinen akademischen Abschluss, müssen aber eine Schulung absolvieren, bei der sie das Wichtigste über psychische Erkrankungen sowie Gesprächsführung lernen.
An die Grenzen kommen diese Angebote, wenn es sich nicht mehr nur um kleinere Sorgen handelt, sondern sich die Hilfesuchenden in einer ernstzunehmenden Krise wie etwa Suizidgefahr befinden. In diesem Fall verweisen die Peer-Berater deshalb an speziell darauf ausgelegte Krisendienste.
Ein großer Unterschied zwischen Peer- und Krisenberater liegt in der notwendigen Qualifikation der Mitarbeiter. Die sei Grundvoraussetzung für die Arbeit bei Krisendiensten, so Psychiaterin Rummel-Kluge: "Es müssen erfahrene Menschen sein, die zum Beispiel ein Psychologiestudium absolviert haben."
Einige der Krisendienste sind Tag und Nacht erreichbar und damit oft erste Anlaufstelle bei akuten Situationen wie Suizidgefahr. Denn Anlaufstellen wie Arztpraxen haben dann geschlossen. Das Smartphone ist hingegen immer verfügbar.
Dass Beratungschats auch bei solchen akuten Krisen in Anspruch genommen werden, zeigte eine Studie des Angebots Krisenchat in Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Leipzig: "Wir haben in unserer Untersuchung gesehen, dass über ein Fünftel der Teilnehmerinnen und Teilnehmer aufgrund von Suizidgedanken tatsächlich gechattet hat", meint Christine Rummel-Kluge. Weiter sagt die Leipziger Ärztin, dass darunter die Weiterempfehlung des Angebots mit fast 90 Prozent sehr hoch war und den Jugendlichen folglich per Chat angemessen geholfen werden konnte.
Grenzen der digitalen Angebote
Neben dem Mangel an Therapieplätzen ist die Scham, sich als junger Mensch psychologische oder psychotherapeutische Hilfe zu holen, für viele groß. Onlineberater können deshalb als erster Ansprechpartner bei einer neutralen Einschätzung helfen, meint Christine Rummel-Kluge.
Diese Beratungsangebote, die können eine gute erste Anlaufstelle sein, was sie aber sicher nicht können, sie können keine Psychotherapie beispielsweise ersetzen.
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Christine Rummel-Kluge, Leiterin der Psychiatrischen Institutsambulanz am Uniklinikum Leipzig
Im Rahmen der Onlineberatung können Betroffene bei Bedarf aber über weiterführende Hilfsangebote informiert werden. Sie können auch an das bestehende Versorgungssystem, zum Beispiel an eine Klinik, weiterverwiesen werden.
Onlinehilfe weiter ausbauen
Obwohl die Pandemie sich aktuell nicht mehr so gravierend auf die Psyche junger Menschen auswirkt, erwarten Onlineberatungsstellen in den kommenden Monaten einen Anstieg der Anfragen. "Ob steigende Kosten durch die Inflation, Angst vor einer Ausweitung des Krieges oder einer weiteren Corona-Welle: Die Stimmung ist vielerorts angespannt.", so Melanie Eckert, psychologische Leiterin von Krisenchat.
Daher lohne sich ein Ausbau der Angebote, sagt Psychiaterin Rummel-Kluge. Je früher und leichter erste Hilfsangebote zugänglich seien, desto früher könne man unterstützen.
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