Drohnenangriff auf Moskau: "Signal an russische Bevölkerung"
Interview
Drohnenangriff auf Moskau:Expertin: "Signal an russische Bevölkerung"
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Ein Drohnenangriff auf Moskau als ukrainische Vergeltung? Im ZDF-Interview ordnet Expertin Ulrike Franke ein, wer über solche Waffen verfügt und ein Motiv für die Attacke hätte.
Zum ersten Mal seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine haben mehrere Drohnen Moskau attackiert. Der Kreml spricht von einem "terroristischen Angriff" und beschuldigt die Ukraine. Kiew hingegen sagt, die Ukraine habe "keine direkte Verbindung" zu der Attacke.
Im ZDFheute live-Interview spricht Drohnenexpertin Ulrike Franke vom "European Council on Foreign Relations" darüber, wer über Waffen mit einer solchen Reichweite verfügt und wer hinter den Angriffen stecken könnte.
Sehen Sie das ganze Interview oben im Video und lesen Sie es hier in Auszügen. Das sagt Ulrike Franke zu ...
... den Szenarien, wer hinter dem Angriff stecken könnte
Franke betont, dass zum aktuellen Zeitpunkt nur sehr wenige Informationen zu den Angriffen vorliegen, die zudem nur schlecht überprüft werden könnten. Anhand von Videos und Bildern glaubt Franke dennoch zwei Drohnenmodelle identifizieren zu können: "Das wären beides ukrainische Modelle." Das erscheine ihr "sehr plausibel." Gesichert sei diese Information jedoch nicht, betont sie.
Ein weiteres Szenario sei, dass die Drohnen aus Russland gestartet wurden. Sollte das stimmen, vermutet Franke dahinter "pro-ukrainische Gruppierungen, die innerhalb von Russland agieren." Diese müssten aber nicht "direkt mit dem ukrainischen Militär in Verbindung stehen."
Nicht ausschließen will Franke die Möglichkeit einer russischen Operation unter falscher Flagge. Das hält sie jedoch für wenig plausibel, weil dieser Angriff "Russland nicht wirklich gut da stehen lässt" und der Kreml nach 15 Monaten Angriffskrieg auch "keinen Vorwand für die Eskalation" mehr brauche.
... den Lücken in der russischen Luftabwehr
Sollten die Drohnen wirklich in der Ukraine gestartet sein, sei es "ziemlich peinlich für die russische Luftabwehr", weil diese offenbar erst über Moskau eingegriffen und einige der Drohnen abgeschossen habe.
Gemäß der "militärischen Logik" sei es auch möglich, dass die Angriffe dafür da seien, die russische Luftabwehr zu beschäftigen, um Kapazitäten von der Frontlinie wegzuziehen. Dafür müsste es aber noch mehr Angriffe geben, sagt Franke.
Sie erinnert außerdem daran, dass es im Verlauf des Kriegs bereits Angriffe auf russischen Boden gegeben habe. Zum Beispiel im Dezember, als ukrainische Drohnen russische Flugfelder und andere militärische Ziele attackierten.
… den möglichen Zielen der Attacke
Mit Blick auf die Ziele der Drohnen, etwa ein russisches Wohnviertel, sieht Franke nicht "die direkten logischen Ziele". Es sei vermutlich eher darum gegangen, die Stadt Moskau zu treffen, nicht ein bestimmtes Haus.
Sollte es sich um eine Aktion der Ukraine oder pro-ukrainischer Gruppen gehandelt haben, könne der Angriff durchaus eine "Vergeltung für die ständigen, unaufhörlichen Angriffe auf die ukrainische Zivilbevölkerung sein." Für wahrscheinlicher hält sie aber die im Vordergrund stehende Symbolkraft der Attacke.
Franke spricht von einer möglichen, gezielten Signalwirkung auf die russische Bevölkerung und die russischen Machthaber mit folgender Botschaft: "Ihr seid nicht sicher. Wir können diesen Krieg auch nach Russland hineintragen, das ist nicht unmöglich."
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