CDU-Politiker Frei zu Migration: 2016 wird sich wiederholen
CDU-Politiker Frei bei "Lanz":Domino-Effekt bei Grenzschließungen wie 2016?
von Michael C. Starke
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Die Union will auch Asylsuchende an der Grenze zurückweisen. CDU-Politiker Frei hofft bei "Markus Lanz" so auf einen Domino-Effekt - ähnlich wie beim Schließen der Balkanroute.
Sehen Sie hier die Sendung Markus Lanz vom 11. September 2024.11.09.2024 | 75:26 min
Am Dienstagnachmittag ist er geplatzt - der Migrationsgipfel zwischen Ampel-Koalition und der Union. Nach dem Treffen in Berlin sagte Unions-Verhandlungsführer Frei, die Vorschläge der Bundesregierung gingen nicht weit genug.
Noch am selben Abend hatte sich Kanzler Olaf Scholz darüber verärgert gezeigt, er warf CDU/CSU vor, mit "Taschenspielertricks und Provinzbühnenschauspielerei" zu arbeiten. Der SPD-Politiker zeigte sich überzeugt:
Das Rausgehen aus dieser Runde, das stand schon vorher fest.
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Olaf Scholz, Bundeskanzler
Den Vorwurf, man habe von vornherein keine Einigung gewollt, wiederholte der Kanzler im Rahmen der Generaldebatte im Bundestag - in einer, für Scholz' Verhältnisse, emotionalen Rede. CDU-Chef Friedrich Merz wies das als infame Unterstellung zurück.
Die Union gibt sich beim Migrationsgipfel mit den Ampel-Vorschlägen nicht zufrieden und hat die Beratungen abgebrochen. Die Gespräche will die Ampel auf Länder-Ebene fortsetzen.11.09.2024 | 2:00 min
Abbruch durch Union?
Wurden die Gespräche wirklich abgebrochen? Ist die Union einfach rausmarschiert? Eine eindeutige Antwort auf diese Fragen blieb CDU-Politiker Thorsten Frei am Mittwochabend bei "Markus Lanz" schuldig. Dort schilderte er die Ereignisse so:
Wir sind so aufgestanden wie alle anderen auch. Dieses Gespräch war auf die Zeit von 15 bis 17 Uhr terminiert und etwa um 17 Uhr haben wir gemeinsam erkannt, dass wir keine Gemeinsamkeiten finden, die in diesem Format tatsächlich einen Schritt nach vorne bedeuten.
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Thorsten Frei, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Man habe zwei Stunden miteinander gesprochen, um festzustellen, "was die Ampel angeboten hat, nicht das ist, was wir eine Woche zuvor besprochen haben". Von einem Abbruch wollte Frei trotzdem nicht sprechen, weil man gemeinsam zum Ergebnis gekommen sei, "es macht keinen Sinn".
Angesprochen auf die Aussagen von FDP-Vize Johannes Vogel, der einen Tag zuvor Gast in der "Lanz"-Sendung war, erwiderte Frei: "Herr Vogel war nicht dabei und ist falsch informiert."
Der FDP-Politiker hatte gesagt, der Union sei bei dem Treffen angeboten worden, ein eigenes Konzept an der Grenze testen zu lassen. Darauf sei die Partei aber nicht eingegangen.
Regierung und Union konnten sich nicht auf umfassende Zurückweisungen von Migranten an den Landesgrenzen einigen. So reagieren die Bundesminister Faeser, Buschmann und Baerbock.10.09.2024 | 22:59 min
Frei: "Haben ehrliches Interesse an Lösung"
Nur besser zu werden bei Rückführungen und das bestehende Dublin-Verfahren zu beschleunigen, wie es die Ampel plane, das reiche der Union nicht, führte Frei danach aus. Er betonte, dass für die Union die Zurückweisungen an der Grenze der entscheidende Punkt sind.
... ist ein zentraler Bestandteil des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS). Hat ein Dublin-Staat die Einreise einer Person durch die Ausstellung eines Visums oder anderen Aufenthaltstitels ermöglicht und beantragt diese Person im späteren Verlauf internationalen Schutz, ist der ausstellende Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig.
Quelle: UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR)
Geht es nach der Union, sollen künftig alle Geflüchteten von der Bundespolizei an der Staatsgrenze zurückgewiesen werden, die über einen anderen EU-Staat einreisen wollen - und das auch, wenn sie Asyl beantragen. Bislang geschieht dies nur dann, sofern kein Asylantrag gestellt wird.
Man sei weiter an einer Lösung interessiert, sagte CDU-Mann Frei. Mit Blick auf den Migrationsgipfel ergänzte er: "Dieses Format war dafür ausgerichtet, etwas Großes zu erreichen. Manche sagen so etwas wie 1992/93, als wir gemeinsam Artikel 16a des Grundgesetzes geändert haben."
Und für uns als Opposition in diesem Format muss auch etwas Großes rauskommen. Etwas, wo die Menschen einen Unterschied zwischen dem Davor und Danach erkennen, damit wir auch eine Mitverantwortung übernehmen können.
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Thorsten Frei, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Die Bundesregierung hat vergangene Woche ein "Sicherheitspaket" verabschiedet - als Reaktion auf die Messerattacke in Solingen mit drei Toten. Es soll Grundlage für die Beratungen beim Migrationsgipfel sein. Das Paket sieht folgende Maßnahmen vor:
eine härtere Gangart bei der Rückführung abgelehnter Asylbewerber in ihre Herkunftsländer,
Schritte zur entschiedeneren Bekämpfung des islamistischen Terrors,
Verschärfungen beim Waffenrecht
Vorgesehen ist außerdem:
dass Schutzsuchende, für die ein anderes europäisches Land zuständig ist, in Deutschland keine Leistungen mehr erhalten (wenn dieses Land zur Rücknahme bereit ist, also sogenannte Dublin-Fälle).
ein Verbot von Springmessern und
ein leichterer Ausschluss vom Schutz in Deutschland für Migranten, die eine Straftat begangen haben.
eine Verbesserung des Dublin-Verfahrens (also die Regelungen zur Abschiebung von Asylsuchenden in andere europäische Staaten, die für sie zuständig sind). Dies war beim mutmaßlichen Attentäter von Solingen der Fall gewesen, der eigentlich nach Bulgarien hätte abgeschoben werden sollen.
Die Union habe das Spitzentreffen zur Migration "nicht besonders ernst gemeint", sagt der Co-Vorsitzende der Grünen, Omid Nouripour. Die Tür bleibe aber offen für Gespräche.11.09.2024 | 4:37 min
Forscherin: Zurückweisungen finden schon statt
Widerspruch zu Freis Ausführungen kam von Victoria Rietig. Die Migrationsforscherin wies darauf hin, dass es sehr wohl schon Zurückweisungen gebe und deren Zahl auch zugenommen habe, meist wegen fehlender Papiere.
Europarechtlich kritisch sah sie hingegen den Unionsplan, Zurückweisungen auch bei Menschen anzuwenden, die explizit um Asyl ersuchen. Aktueller Rechtsstand: Wird ein Asylantrag gestellt, ergibt sich daraus ein bedingtes Aufenthaltsrecht.
Und Rietig ging auf ein weiteres Problem ein: "Wie soll das praktisch gehen, wenn Nachbarländer nicht bereit sind, Leute zurückzunehmen?", fragte sie Frei. Entsprechende Reaktionen waren aus Polen und Österreich zu hören.
Die innenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion Mihalic zeigte sich bei der Begrenzung der Migration gesprächsbereit. Sie mahnte aber, man müsse geltendes Recht einhalten.10.09.2024 | 0:31 min
Frei: 2016 wird sich wiederholen
Freis Replik darauf:
Ich bin sicher, es würde das passieren, was wir im Frühjahr 2016 erlebt haben.
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Thorsten Frei, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Er bezog sich damit auf das Schließen der sogenannten Balkanroute, mit Ausgang in Österreich.
Auf einen ähnlichen Domino-Effekt scheint Frei nun wieder zu setzen: Er prognostizierte, wenn das erste Land anfange zurückzuweisen, dann würden "nicht innerhalb von Tagen, sondern innerhalb von Stunden alle anderen Länder das genauso handhaben".
Mit dem Effekt: "Wir wären sehr schnell an den europäischen Außengrenzen und das muss ja schließlich auch das Ziel sein." Um auf Binnengrenzen verzichten zu können, brauche es laut Frei einen effektiven Schutz der EU-Außengrenze.
Quelle: dpa
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