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Frontalangriff auf CDU-Chef:Scholz brüllt Merz an: "Sie können es nicht"
von Dominik Rzepka
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Heftiger Schlagabtausch im Bundestag: Kanzler Scholz greift CDU-Chef Merz frontal an: "Sie können es nicht", ruft er. Die Replik von Merz hat es in sich - die der FDP aber auch.
Sehen Sie hier die Rede von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und seinen Angriff auf CDU und CSU in voller Länge.11.09.2024 | 28:17 min
So erlebt man den Kanzler selten. Olaf Scholz (SPD) ballt die Faust und wird laut. Seine Regierung habe in der Migrationspolitik gehandelt und "das große Sprücheklopfen" christdemokratischer Innenminister beendet. Scholz wendet sich zur Unionsfraktion, blickt in Richtung CDU-Chef Friedrich Merz. Und ruft:
Dann wird Scholz ungewöhnlich persönlich:
Scholz setzt nach: "Zumal, wenn man zu der Gruppe von Politikern gehört, die kaum, dass sie die Redaktionsräume verlassen haben, vergessen haben, was Sie gerade vorgeschlagen haben, weil Sie niemals vorhatten, sich darum zu kümmern." CSU-Politiker Alexander Dobrindt hatte Ende August in der Bild-Zeitung "Ampel-Hinhaltegesprächskreise" kritisiert. Scholz wirft Merz vor, er habe sich "in die Büsche geschlagen".
"Infam": Sehen Sie hier die Rede von CDU-Chef Friedrich Merz im Bundestag in voller Länge.11.09.2024 | 20:32 min
Scholz spricht sich für Rückführungen aus
Tosender Beifall in den Fraktionen der Ampel-Parteien. Merz selbst dreht sich weg, fasst sich an den Kopf. Scholz verteidigt jetzt seine Migrationspolitik. Seine Regierung habe in diesem Bereich die größte Wende der vergangenen Jahrzehnte geschafft. So ähnlich hatte sich der Kanzler bereits im ZDF-Sommerinterview geäußert.
Das Grundrecht auf Asyl stehe im Grundgesetz. "Das stellen wir nicht zur Debatte", sagt Scholz. Jedoch bedeute Weltoffenheit nicht, dass jeder kommen könne, der möchte. Man müsse zum Beispiel diejenigen, die nicht bleiben könnten, auch wieder zurückführen.
Scholz spricht sich für Zurückweisungen im Rahmen des geltenden Rechts aus. Das Konzept werde man nun auch ohne Unterstützung der Union umsetzen, bietet aber auch weitere Gespräche an: "Die Tür ist nicht zu."
Im Bundestag ging es heute bei der Generaldebatte um die Asylpolitik. Kanzler Scholz verteidigte seine Migrationspolitik und lieferte sich mit Oppositionsführer Friedrich Merz einen heftigen Schlagabtausch.11.09.2024 | 4:02 min
Merz zu Scholz: "Infam"
Und Merz? Es dauert eine Stunde, bis der CDU-Chef ans Rednerpult tritt. Er spricht leise, bedächtig und erinnert erst einmal an den Jahrestag der Anschläge vom 11. September. Und sichert der Ukraine Unterstützung zu. Erst dann spricht er das Thema Migration an - und den Kanzler ganz persönlich.
Merz weist den Vorwurf zurück, er habe den Migrationsgipfel bewusst scheitern lassen. Es sei keinesfalls sein Drehbuch gewesen, erst Gespräche mit Scholz zu führen und diese dann abzubrechen.
Deutschland müsse ein offenes und ausländerfreundliches Land bleiben. Die Zahl der Menschen, die irregulär nach Deutschland kämen, sei aber zu hoch, sagt Merz. Eine "Endlosschleife" an Gesprächen lehnt er ab.
Sehen Sie hier die Rede von AfD-Fraktionschefin Alice Weidel.11.09.2024 | 13:25 min
FDP distanziert sich von der Ampel
Unterstützung bekommt Merz von FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai. Er spricht den CDU-Chef direkt an: "Wir als FDP stehen Ihnen weitaus näher als unsere geschätzten Kollegen in der Koalition."
Djir-Sarai, der von einigen in der FDP bereits als neuer Parteichef ins Gespräch gebracht wurde, überrascht mit einem Abgesang auf die Ampel:
Die Union hat die Gespräche mit der Ampel über eine Reform der Migrationspolitik abgebrochen. Die Vorschläge gingen nicht weit genug, so Unions-Verhandlungsführer Frei.10.09.2024 | 2:57 min
Warum die Taktik der Union aufgegangen ist
Die Rolle des Angreifers überlässt Merz der CSU. Alexander Dobrindt hatte bereits ganz zu Anfang geredet, vor Scholz. Und er ist im Angriffsmodus und wirft Scholz vor, nicht genug gegen irreguläre Migration zu tun. Gestern hätte Scholz die Möglichkeit gehabt, gemeinsam mit CDU und CSU umfassende Zurückweisungen an den Grenzen umzusetzen, sagt Dobrindt.
Das aber habe Scholz abgelehnt. Das, was Scholz beim Migrationsgipfel am Dienstag vorgeschlagen habe, praktiziere die Bundespolizei allerdings bereits an den Grenzen. Dobrindt sagt unter lautem Beifall aus den eigenen Reihen in Richtung Scholz:
Dobrindt soll den Kanzler erkennbar provozieren. Scholz wird dann tatsächlich laut. Am Ende tritt Merz schließlich ruhig auf, wirkt besonnen, staatsmännisch. Es ist seine Bewerbungsrede als Kanzlerkandidat der Union. Wenn das die Taktik der Union war, ist sie aufgegangen.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt in der Generaldebatte zum Haushalt 2025.11.09.2024 | 12:18 min
Weitere Stimmen aus der Debatte
Quelle: AP/Schreiber
Die AfD-Vorsitzende Alice Weidel wirft der Bundesregierung ein umfassendes Versagen vor. Die Ampel-Koalition betreibe eine Politik, die zu "Wohlstandsvernichtung, Deindustrialisierung, Massenmigration und einem Verlust der inneren Sicherheit" führe. Dafür sei der Bundeskanzler auch persönlich verantwortlich: "Sie sind der Kanzler des Niedergangs, Herr Scholz."
Quelle: dpa/Nietfeld
FDP-Fraktionschef Christian Dürr fordert die Union auch nach dem Abbruch der Migrationsgespräche zur Zusammenarbeit mit der Ampel-Regierung auf. "Ich glaube, für eine Blockade in der Frage der Ordnung und Begrenzung der Migration haben die Menschen in Deutschland kein Verständnis mehr", so Dürr. Die Migrationspolitik stehe nun im Zentrum der Debatten in der deutschen Öffentlichkeit und im Bundestag.
Quelle: dpa/Nietfeld
Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge wirft CDU-Chef Merz vor, in der Migrationspolitik "mit den Ängsten der Menschen Wahlkampf zu machen". Wer einen Aufnahmestopp fordere, würde auch die Opfer von Terroristen und Islamisten treffen, wie verfolgte jesidische Frauen oder Menschenrechtsaktivisten in Afghanistan. Dies sei eine "Politik ohne Herz" und "ohne Sinn und Verstand".
Quelle: epa/Bilan
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich nennt die Migrationsgespräche zwischen Ampel und Union ein "Trauerspiel". Mützenich sagt in Richtung CDU und CSU: "Indem Sie gestern gegangen sind, haben Sie der Demokratie und vielleicht sich selbst einen Bärendienst erwiesen."
Quelle: epa/Bilan
Die Vorsitzende der Gruppe Bündnis Sahra Wagenknecht fordert Olaf Scholz auf, die irreguläre Migration zu stoppen. Es dürfe keine Anreize geben, so Wagenknecht.
Quelle: dpa/Dulian
Die Vorsitzende der Linken-Gruppe, Heidi Reichinnek, wirft der Ampel-Regierung vor, keine Lösungen für Themen wie Mieten, Kliniken oder Arbeitsplatzsicherung zu haben. Man müsse zwar über Migration reden. "Aber tun Sie doch nicht so, als wäre das das einzige Problem, vor dem unser Land gerade steht", sagt sie.
Interview
Boris Rhein zu Migrationspolitik:"Brauchen sehr deutliches Stoppschild"
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Migrationsgipfel scheitert:Kein Deal zwischen Union und Ampel
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