Lange Wartezeit: "Rosinenpickerei" bei Patientenversorgung?

    Debatte um gerechte Arzttermine:"Rosinenpickerei" bei Patientenversorgung?

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    Die Deutsche Stiftung Patientenschutz wirft manchem Kassenarzt "Rosinenpickerei" vor, etwa eine Benachteiligung von Kassenpatienten bei Terminvergaben. Die KBV widerspricht.

    Patienten im Wartezimmer einer Arztpraxis, Archivbild
    Ein volles Wartezimmer: Die SPD will laut Wahlversprechen die Terminvergabe bei Privat- und Kassenpatienten gerechter gestalten. (Archivbild)
    Quelle: dpa

    Im Streit um die ärztliche Versorgung in Deutschland wirft die Deutsche Stiftung Patientenschutz manchen Kassenärztinnen und -ärzten Rosinenpickerei vor. Sie würden Kassenpatienten benachteiligen, ohne dass dies aufgedeckt werde. "Rosinenpicker werden nicht identifiziert", sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch an die Adresse der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).
    Der KBV-Vorsitzende Andreas Gassen hatte sich in einem Interview gegen Vorwürfe gewehrt, dass Kassenpatientinnen und -patienten lange auf Termine warten müssten.
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    Ein aktuelles Bundestagswahlversprechen der SPD, durch eine Termingarantie Unterschiede zwischen privat und gesetzlich Versicherten in dem Punkt abzuschaffen, nannte Gassen in der "Rheinischen Post" "populistischen Blödsinn". Doch Patientenschützer Brysch stellt klar:

    Der KV-Vorsitzendende kann nicht davon ablenken, dass Selbstzahler bei der Terminvergabe klar bevorzugt werden.

    Eugen Brysch, Vorstand Deutsche Stiftung Patientenschutz

    Medizinische Gründe seien es nicht, die gesetzlich Versicherte benachteiligten, erklärt Brysch weiter.

    Unterschiede zwischen privat und gesetzlich?

    Der SPD und Vertretern von Patientinnen und Patienten sind die Unterschiede schon lange ein Dorn im Auge, die viele Praxen bei der Terminvergabe zwischen privat und gesetzlich machen. Ärztlicherseits wurde gelegentlich argumentiert, die Praxen bräuchten so eine Vorgehensweise, damit sie Probleme bei der Honorierung von Behandlungen gesetzlich Versicherter ausgleichen könnten.
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    Aktuell reagierte Gassen auf den Vorwurf des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenkassen (GKV), dass bei der Vergabe von Arztterminen eine Bevorzugung von Privatversicherten gegenüber gesetzlich Versicherten vorherrsche. Der KBV-Chef argumentiert, viele Hausarztpraxen böten Akut-Sprechzeiten an. Auch bei Fachärzten müsse man die Kirche im Dorf lassen: im internationalen Vergleich seien die Wartezeiten kurz.

    In Deutschland haben Patienten überdies die freie Arztwahl. Der Preis dafür ist, dass sie bei gefragten Ärzten Wartezeiten in Kauf nehmen.

    Andreas Gassen, KBV-Chef

    Echte Notfälle würden "entgegen aller Stimmungsmache hierzulande sofort versorgt".

    Was hinter der SPD-Forderung noch steckt

    Die SPD verbindet mit ihrem Vorschlag einer Termingarantie die Idee, dass Versicherte bei Nichteinhaltung einen Anspruch auf Beitragsreduzierungen bekommen sollten. Gassen lehnt den gesamten Vorstoß ab. "Dafür müsste es zunächst klare medizinisch begründete Dringlichkeiten geben, und Praxen müssten über freie Kapazitäten verfügen."
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    Der GKV-Spitzenverband reagierte knapp. "Beim Klicken auf Online-Buchungsportale kann jeder PKV oder GKV anklicken und so selbst überprüfen, ob die Terminvergabe fair und gleich ist oder nicht", sagte Verbandssprecher Florian Lanz.
    Brysch bezeichnete das Problem als "noch größer". Nicht alle Praxen seien online überhaupt erreichbar. Mitunter müssten Patientinnen und Patienten persönlich in die Praxis laufen, um einen Termin zu bekommen. Privatpatientinnen und -patienten bekämen ihn oft schneller.
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    Patientenschützer fordern Qualitätsüberprüfung

    Brysch sagte, die Kassenärztlichen Vereinigungen könnten ein Auseinanderklaffen zwischen privat und gesetzlich unterbinden. Die gängige Praxis hingegen schädige den Ruf vieler engagierter Ärztinnen und Ärzte.

    Doch weder die Angebote der Notfallsprechstunden, die Erreichbarkeit noch die Präsenzzeiten der rund hunderttausend Praxen werden von der Lobby der Kassenärzte überprüft.

    Eugen Brysch, Vorstand Deutsche Stiftung Patientenschutz

    Der Patientenschutzvorstand forderte deshalb eine wissenschaftliche Aufarbeitung und Qualitätsüberprüfungen. "Populismus von Ärzten und Politik hilft niemandem." Die Kranken im ganzen Land würden erleben, dass die kassenärztlichen Bereitschaftsdienste und ambulanten Notfallpraxen zusammengestrichen würden.
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    Sozialverband Deutschland fordert gerechtere Terminvergabe

    In puncto Termine hatte die Chefin des Sozialverbandes Deutschland (SoVD), Michaela Engelmeier, bereits im August gefordert: "Eine gerechte Vergabe von Arztterminen ist unabdingbar." Gerade in Zeiten, in denen gesetzlich Versicherte oft Monate oder gar Jahre auf einen Facharzttermin warten müssten, dürften sie nicht zu Patienten zweiter Klasse werden.
    In Deutschland werden nach Angaben des Kassen-Spitzenverbands rund 73 Millionen Versicherte von einer gesetzlichen Krankenkasse versorgt - rund 90 Prozent der Bevölkerung. Die privaten Krankenversicherungen hatten nach Angaben ihres Verbands (PKV) 2023 insgesamt gut 38 Millionen laufende Versicherungen im Bestand, darunter 8,7 Millionen Voll- und 29,6 Millionen Zusatzversicherungen.

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    von Stephanie Schmidt
    Ein Mann sitzt alleine vor einem Fenster, aufgenommen am 23.03.2021 in Bremen
    mit Video
    Quelle: dpa

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