Lindners Botschaft zum Dreikönigstreffen: Weitermachen

Es ist schon eine Quadratur des Kreises, die da vor den Liberalen liegt. Seit 158 Jahren soll der Neujahrsauftakt im Opernhaus vor allem eins sein: harmonisch. Doch so einfach wird es nicht: Hinter fast jedem politischen Thema lauern liberale Fallstricke für die gemeinsame Koalition.

Das Hochwasser ist eines davon: Je höher die Pegelstände, desto höher der Druck auf die Liberalen, die Schuldenbremse auszusetzen. Bundesfinanzminister Christian Lindner hat Rufe aus der SPD nach einem Aussetzen nun zurückgewiesen. Der "Stuttgarter Zeitung" sagte der FDP-Politiker:

Das ist ein klarer Vorwurf an die Koalitionspartner.

SPD und Grüne favorisieren eine Aussetzung der Schuldenbremse, um mehr Geld zur Verfügung zu haben. Die Liberalen halten auch an ihr fest aus Überzeugung - aber sicher auch, da es einer ihrer letzten Markenkerne ist. Nur ausgerechnet den Betroffenen in den Hochwassergebieten nun nur bedingt Hilfe anbieten zu können, wird der FDP mutmaßlich weder Sympathiepunkte noch Wählerstimmen sichern. Intern wird Lindner Applaus ernten, aber schwerlich darüber hinaus.

Auch die Bauern brachten die drei Haushalts-Verhandler Scholz, Habeck und Lindner auf die Barrikaden. Auch hinter den FDP-Kulissen reagierten einige gereizt auf die hohe Bauern-Belastung. Nun wird zurückgerudert. Lindner braucht zwar im Haushalt 2024 und 2025 noch Gelder, aber niemandem soll zu sehr wehgetan werden. Liberale verabscheuen subventionsgetriebene Wirtschaftspolitik. Aber mitregieren bedeutet wohl auch mittragen.

Auch beim Thema Bürgergeld geht die FDP gerade mal wieder auf Distanz zum eigenen Koalitionspartner. Schon länger machen sie deutlich, dass sie die Erhöhung um zwölf Prozent für zu hoch halten und fordern klare Veränderungen bei den Ausgaben im Sozialbereich. Nun wollen sie die Berechnung des Bürgergeldes prüfen lassen. Dies werden sie intern begrüßen, doch mit den Sozialdemokraten provoziert es Streit.

Dabei wollten sie den doch gerade nicht mehr. Beim Dreikönigstreffen redet auch ihre neue Spitzenfrau für Europa: Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Gerade erst kritisierte sie den Politikstil in der Ampel-Koalition. Die "Störgeräusche und sehr lauten Diskussionen" übertönten die Erfolge und nervten vermehrt die Bürger, sagte sie der Funke Mediengruppe. Das beträfe alle drei Koalitionspartner - man solle bestenfalls hinter den Kulissen diskutieren, Lösungen finden und dann gemeinsam auf die Bühne treten.

So vielleicht auch ihr persönlicher Vorsatz. Denn es ist ja gerade ihre eigene Deutlichkeit im Krieg in der Ukraine, die ihr Bekanntheit und Sympathiepunkte einbrachten. Als Vorsitzende des Verteidigungsausschusses kritisierte sie auch manches Mal den Kanzler. Abzuwarten, wie sie nun die Bühne des Opernhauses nutzt.

Sowieso - die FDP und die Ampel. Lindner wird zum Weiterregieren auffordern. Sein Schlagwort: "politische Verantwortung." So argumentierte er auch nach der knappen FDP-Mitgliederbefragung pro Ampel. Es brauche das liberale Profil im Dreier-Bündnis. Die Wähler strafen bisher die Liberalen ab - und 2024 dürfte es noch schlimmer kommen, wenn im September in Sachsen, Thüringen und Brandenburg abgestimmt wird.

Jüngsten Umfragen zufolge liegt die FDP in allen drei Ländern unterhalb der Fünf-Prozent-Hürde und dürfte damit nicht in den Parlamenten in Dresden, Erfurt und Potsdam vertreten sein.

Mut machen ist eine Herausforderung in diesen Zeiten. Das werden neben Lindner und Strack-Zimmermann auch FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai und die Landes- und Fraktionschefs Michael Theurer und Hans-Ulrich Rülke beim Dreikönigstreff versuchen. Es geht um viel für die Liberalen.