Julia Klöckner als Bundestagspräsidentin? Ein Porträt

Dass die Wahl auf Julia Klöckner fällt, ist keine wirkliche Überraschung. Lange schon hatte sich die 52-jährige Rheinland-Pfälzerin als stramme Unterstützerin von Friedrich Merz positioniert. Nun wird sie mit dem zweithöchsten Staatsamt belohnt.

Ein Amt, das in der nächsten Legislaturperiode besondere Bedeutung hat, angesichts einer verdoppelten AfD und der Verabredung von SPD und Union, das Wahlrecht noch mal anzugehen. So könnte man es sehen.

Man könnte aber auch sagen, dass Klöckner, die schon zwischen 2018 und 2021 Mitglied des Kabinetts von Angela Merkel war, jetzt auf einen wichtigen, aber nicht einflussreichen Posten abgeschoben wird. Damit ist der große CDU-Landesverband Rheinland-Pfalz bedient und eine Hürde im Postengeschacher wäre aus dem Weg geräumt.

Nebenbei hätte Merz, ganz elegant, wieder mehr Freiheiten bei der Wahl eines neuen Bundespräsidenten 2026. Der Zwang, hier eine Frau zu nominieren, wäre wohl geringer. Außerdem sieht ein neues Kabinett Merz eben nicht ganz so aus, als wäre die ehemalige Ministerriege Merkels wieder auferstanden.

Klöckner gilt bei manchen als zu undiplomatisch und wenig parteiübergreifend, weshalb es auch Kritik an ihr gibt. "Eine einigermaßen erfolgreiche Amtszeit als Bundestagspräsidentin wird ihr einiges abverlangen", so zitiert der Spiegel einen nicht genannten Christdemokraten.

Wer auf Klöckners Kommunikation der vergangenen Monate schaut, wird dem vielleicht zustimmen. Bei Grünen und SPD hat man nicht vergessen, mit welch harter Münze die CDU-Politikerin im Wahlkampf ausgeteilt hat. Etwa, als sie den Rest-Ampel-Parteien unterstellt, es bei der Migrationspolitik nicht ernst zu meinen:

Und auch für einen Instagram-Post an potentielle AfD-Wähler hagelte es Kritik:

Klöckner wird unterstellt, das eigene Programm und das der AfD auf eine Stufe zu stellen. Später löscht sie den Satz.

Nicht immer agiert Julia Klöckner glücklich. In der Flüchtlingskrise 2015 setzt sie sich bewusst von Angela Merkel ab. Zusammen mit dem baden-württembergischen CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf fordert sie Kontingente und Grenzzentren zur Aufnahme von Flüchtlingen.

Als Spitzenkandidatin zu Landtagswahl in Rheinland-Pfalz legt sie damals auch den Plan "A2" vor, der nationale Maßnahmen vorsieht. Damals tritt sie bewusst mit CSU-Chef Horst Seehofer im Wahlkampf auf - auch, um Merkel zu ärgern. Dennoch beruft diese sie 2018 zur Landwirtschaftsministerin.

Als sie 2019 in einem gemeinsamen Video mit dem Nestlé-Chef gerade dieses Unternehmen für seine Zuckerreduzierung lobt, wird ihr selbst von Parteifreunden zu viel Industrie-Nähe unterstellt.

Doch für viele, die Klöckner erleben, hat sie auch etwas sehr Herzliches und Gewinnendes. Vielleicht ein Überbleibsel aus ihrer Zeit als Deutsche Weinkönigin. Dieses Amt bekleidete sie 1995. Noch heute redet sie voller Stolz darüber, beschreibt es als enge Verbundenheit mit der Herkunft aus einer Winzerfamilie.

Auch in ihrem derzeitigen Amt, als Schatzmeisterin der CDU gilt sie als hart in der Sache und umgänglich im Ton. Aus dem Kreis der Kolleginnen und Kollegen der anderen Parteien hört man nichts Unfreundliches.

Das mag auch daran liegen, dass Klöckner darauf geachtet hat, auch die kleinen Parteien wie Grüne, FDP und Linkspartei in die Verhandlungen um die Anrechnung der Kosten für Social Media einzubeziehen.

Gerade dieses Amt könnte jetzt zur Achillesferse für das Neue werden. Als Bundestagspräsidentin ist Klöckner auch für die Kontrolle der Finanzen aller Parteien in Deutschland zuständig. Zwar werde sie dieses Amt "zum Zeitpunkt ihrer Wahl" niederlegen, wie eine CDU-Sprecherin versichert.

Aber die Kontrollfunktion erstreckt sich auch auf Prüfungen, die rückwirkend zu tätigen sind. Muss sich Klöckner demnächst also vielleicht selbst prüfen? Der Ausweg wäre wahrscheinlich, dass sie die dann amtierende Präsidentin für befangen erklärt. Ein Geschmäckle aber hat es schon.