Das Glaubwürdigkeitsproblem von Friedrich Merz

    Analyse

    Kehrtwende bei Schuldenbremse:Das Glaubwürdigkeitsproblem von CDU-Chef Merz

    Dominik Rzepka
    von Dominik Rzepka
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    Vor der Wahl hat Friedrich Merz die Schuldenbremse verteidigt, nun hat auch der Bundesrat den Weg für eine Reform freigemacht. Merz' Zustimmungswerte sinken. Und nicht nur das.

    Friedrich Merz
    Es grummelt an den CDU-Stammtischen. Das Aufweichen der Schuldenbremse durch Friedrich Merz wird auch in den eigenen Reihen kritisiert.20.03.2025 | 2:49 min
    Es ist nicht einmal sechs Wochen her, da verteidigt Friedrich Merz die Schuldenbremse vehement. Im TV-Duell am 9. Februar verweist der CDU-Chef darauf, dass man selbst mit der bestehenden Schuldenbremse alleine im Jahr 2025 noch einmal 50 weitere Milliarden Euro Schulden machen könne.
    Merz fragt, wie weit man es mit der Verschuldung denn noch treiben wolle. Und sagt dann:

    Grundsätzlich sollten wir irgendwann mal mit dem Geld auskommen, das wir an Steuern in Deutschland einnehmen - und das sind mittlerweile fast 1.000 Milliarden Euro pro Jahr.

    Friedrich Merz am 9. Februar 2025

    SGS Zimmermann
    Friedrich Merz steht wegen des Schuldenpakets unter Druck. In den Koalitionsgesprächen muss er die Erwartungen der Basis erfüllen. ZDF-Korrespondentin Diana Zimmermann berichtet.21.03.2025 | 2:10 min

    Das hat Merz zur Schuldenbremse gesagt

    Zitate wie diese hat Merz in den vergangenen Monaten viele geliefert, zum Beispiel:

    Ich schließe eine Zustimmung meiner Fraktion zu einer Aufweichung der Schuldenbremse des Grundgesetzes heute von dieser Stelle aus erneut aus.

    Friedrich Merz im Januar 2024

    Und sogar nach der Wahl sagt Merz:

    Es ist in der nahe liegenden Zukunft ausgeschlossen, dass wir die Schuldenbremse reformieren.

    Friedrich Merz am 25. Februar 2025

    Die nahe Zukunft endet keine vier Wochen später. An diesem 21. März stimmt nach dem Bundestag auch der Bundesrat dem milliardenschweren Finanzpaket von Schwarz-Rot sowie der Reform der Schuldenbremse zu.
    Politbarometer Finanzpaket
    Viele kritisieren Friedrich Merz für seinen Kurswechsel bei den Schulden, gleichzeitig befürwortet eine Mehrheit das Milliardenpaket. Das zeigt das aktuelle ZDF-Politbarometer.21.03.2025 | 1:24 min

    Warum Friedrich Merz ein Problem hat

    AfD-Chefin Alice Weidel kritisiert eine "unverantwortliche Schuldenpolitik". Auf Steuerzahler und die junge Generation kämen "schwere Zeiten" zu. Zuvor hatte die AfD Merz den "größten Wählerbetrug der Nachkriegsgeschichte" vorgeworfen. Auch BSW-Chefin Sahra Wagenknecht hatte von einem "Wahlbetrug" gesprochen.
    Das Problem für Merz: Eine große Mehrheit in Deutschland sieht das ähnlich. Im aktuellen ZDF-Politbarometer geben 73 Prozent der Befragten an, Merz habe die Wähler getäuscht, sogar 44 Prozent der Unionsanhänger stimmen dem zu.
    Politbarometer DAVID 11
    ZDF-Politbarometer: Eine Mehrheit wirft der Union beim Thema Schulden vor, die Wähler getäuscht zu haben.
    Quelle: ZDF

    Das hat auch Auswirkungen auf die Kanzlertauglichkeit des CDU-Chefs. Nur noch 37 Prozent sagen, sie fänden Merz als Kanzler gut, deutlich weniger als zuletzt. 53 Prozent fänden ihn als Kanzler nicht gut.
     Berlin: Mona Neubaur (Bündnis 90/Die Grünen), Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie und stellvertretende Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen, spricht bei der Plenarsitzung im Deutschen Bundesrat am Rednerpult. Die Länderkammer beschäftigt sich in ihrer Sitzung unter anderem mit der vom Bundestag beschlossenen Reform der Schuldenbremse als Voraussetzung für das geplante milliardenschwere Finanzpaket der zukünftigen Bundesregierung für Verteidigung, Infrastruktur, und Klimaschutzmaßnahmen. Berlin: Mona Neubaur (Bündnis 90/Die Grünen), Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie und stellvertretende Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen, spricht bei der Plenarsitzung im Deutschen Bundesrat am Rednerpult. Die Länderkammer beschäftigt sich in ihrer Sitzung unter anderem mit der vom Bundestag beschlossenen Reform der Schuldenbremse als Voraussetzung für das geplante milliardenschwere Finanzpaket der zukünftigen Bundesregierung für Verteidigung, Infrastruktur, und Klimaschutzmaßnahmen.
    Das milliardenschwere Paket für Verteidigung und Infrastruktur ist vom Bundesrat gebilligt worden. Dem wohl künftigen Kanzler Friedrich Merz hat es politischen Kredit gekostet.21.03.2025 | 3:12 min

    Widerstände in den eigenen Reihen

    Der Rückhalt bröckelt auch in den eigenen Reihen. Gerhard Gey aus dem CDU-Kreisverband Leipzig Land sagt, Merz verstoße gegen die DNA seiner Partei. Seit Jahren stehe die CDU zur Schuldenbremse, nun gelte das nicht mehr. Er sei von Merz enttäuscht, sagt Gey im ZDF.
    CDU-Politikerin Heike Helbig sagt:

    Da trägt die CDU schwer dran. An dem, was vor der Wahl war. Und dem, was jetzt passiert.

    Heike Helbig, CDU Kreisverband Leipzig Land

    Zumal Merz noch bei einem anderen Thema vielleicht nicht Wort halten kann. Er werde am ersten Tag seiner Kanzlerschaft Grenzkontrollen anordnen, so Merz vor der Wahl. In den Koalitionsverhandlungen mit der SPD soll es dem Vernehmen nach genau an dieser Stelle haken. Ausgang offen.
    Friedrich Merz und Saskia Esken geben sich die Hand vor dem Marie-Elisabeth-Lüders-Haus. Im Hintergrund sind Lars Klingbeil und Markus Söder zu sehen.
    Im Wahlkampf noch sprach sich Friedrich Merz gegen neue Schulden aus. Jetzt will der CDU-Chef Investitionen auf Pump in Milliardenhöhe. In den eigenen Reihen wächst die Kritik.09.03.2025 | 4:23 min

    Merz zeigt Verständnis für Kritiker

    Merz selbst weist den Vorwurf des Wählerbetrugs zurück. Er habe bereits vor der Wahl gesagt, dass man die Schuldenbremse auch reformieren könne, so Merz zuletzt im Bundestag. Bei einer Veranstaltung der "Süddeutschen Zeitung" im November 2024 hatte sich Merz offen gezeigt für neue Kredite, wenn sie etwa für Investitionen bestimmt seien. Außerdem habe sich die weltpolitische Lage geändert.
    Und doch räumt Merz am Freitag ein, die Vorwürfe auch aus den eigenen Reihen ließen ihn nicht kalt. Sie seien auch "nicht gänzlich aus der Luft gegriffen". Auf einem Leserkongress der "FAZ" sagt Merz:

    Ich weiß, dass ich jetzt einen sehr hohen Kredit in Anspruch genommen habe, auch was meine persönliche Glaubwürdigkeit betrifft.

    Friedrich Merz, CDU

    Es dürfte eine Hypothek sein für seine Kanzlerschaft.

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