Historisches Schuldenpaket:Sondervermögen: Wie geht das konkret?
von Sven-Hendrik Hahn
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Das sogenannte Sondervermögen für Infrastruktur ist auf dem Weg, hunderte Milliarden Euro neuer Schulden sind geplant. Doch wie kommt Deutschland genau an so viel Geld?
Nach langen Debatten und Verhandlungen ist das milliardenschwere Finanzpaket von Union und SPD im Bundestag verabschiedet worden. Am Freitag muss noch der Bundesrat zustimmen.18.03.2025 | 2:48 min
Es ist eine Zahl, die schwindlig macht: 500.000.000.000 Euro sollen in den nächsten zehn bis zwölf Jahren in die Erneuerung der Infrastruktur fließen. Was unglaublich klingt, ist in Wahrheit Alltagsgeschäft für die Schuldenspezialisten der Finanzagentur des Bundes:
Die Bundesschuldenagentur in der Verwaltung der deutschen Staatsschulden hantiert jedes Jahr mit Hunderten von Milliarden Staatsschulden.
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Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DEKA Bank
Der Bundestag stimmt über den milliardenschweren Finanzplan von Union und SPD ab – und braucht dafür eine Zweidrittelmehrheit. Die Analyse des Ergebnisses bei ZDFheute live.18.03.2025 | 40:50 min
Wie geht das technisch?
Die Bundesregierung will mit Hilfe eines Sondervermögens in Höhe von 500 Milliarden Euro für Infrastrukturinvestitionen in Deutschland erneuern. Ein Sondervermögen liegt außerhalb des regulären Bundeshaushalts, wodurch die Schuldenbremse formal eingehalten wird. Aber da ein Sondervermögen im Grundgesetz verankert ist, müssen Bundestag und Bundesrat mit Zweidrittel-Mehrheit zustimmen.
Danach erhält die Finanzagentur des Bundes den Auftrag, das Geld zu besorgen. Es gibt verschiedene Mittel, wie die Finanzagentur die Kredite besorgt, vorrangig geht das über langjährige Staatsanleihen beziehungsweise Bundesanleihen verschiedener Laufzeiten. Die Nachfrage sei groß, sagt DEKA-Chefvolkswirt Kater.
Deutsche Staatsanleihen sind weltweit sehr beliebt, weil sie als eine der sichersten Anlagemöglichkeiten weltweit gelten.
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Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DEKA Bank
"Ja, Deutschland kann sich das leisten", sagt Sina Mainitz von der Frankfurter Börse zu den Krediten im Finanzpaket. Deutschlands Schuldenquote sei vergleichsweise gering.18.03.2025 | 1:34 min
Geld aus dem Ausland
Die Abnehmer dieser Staatsanleihen schätzten vor allem die Zuverlässigkeit bei überschaubaren Zinsen: Pensionskassen, institutionelle Anleger, ausländische Staatsfonds etwa von Norwegen oder China, bis hin zu Kleinanlegern, die Bundesanleihen kaufen über die Börse.
Das Geld wird nicht auf einmal abgerufen, sondern über einen Zeitraum von bis zu zwölf Jahren. Das stellt sicher, dass planbar, nachhaltig und effektiv investiert wird.
Wofür ist das Geld konkret gedacht?
Die Mittel sollen insbesondere in folgende Bereiche fließen:
Verkehrsinfrastruktur wie zum Beispiel Straßen, Brücken, Schienen und Wasserwege
Energieinfrastruktur: unter anderem Ausbau und Erneuerung der Energienetze
Gesundheit, Bildung und Betreuung: zum Beispiel Modernisierung von Schulen und Krankenhäusern
Digitalisierung und Forschung
100 Milliarden Euro sind direkt für Länder und Kommunen vorgesehen
Weitere 100 Milliarden Euro sollen in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) fließen.
Das Sondervermögen sei ein wirtschaftliches Vorhaben mit großen Risiken. Entscheidend sei, "wie die Mittel eingesetzt werden", so der Wirtschaftswissenschaftler Prof. Jörg Rocholl.17.03.2025 | 5:36 min
Was genau ist "Infrastruktur"?
Rechtlich und politisch ist unumstritten, dass die Gelder nur in Infrastrukturprojekte fließen dürfen. Dass dadurch im regulären Haushalt Gelder frei werden für andere Bereiche, ist ein Nebeneffekt.
Experte Kater sieht das Problem, dass Sondervermögen schon immer in der praktischen Ausgestaltung recht frei waren. Er erwartet aber, "dass der Haushaltsausschuss, dass das Parlament den Verlauf dieses Projektes Sondervermögen überwacht". Hier gebe es verschiedene Instanzen bis zum Bundesverfassungsgericht.
Mit der geplanten Grundgesetzänderung eröffne man einen Raum der Möglichkeiten, so Politikwissenschaftler Faas. Man müsse bereit sein, die Entscheidung zu verteidigen. 18.03.2025 | 6:56 min
Wie teuer wird das Sondervermögen?
Seit Bekanntwerden der Pläne sind die Zinsen, zu denen sich Deutschland Geld besorgt, deutlich gestiegen, von 2,5 Prozent auf 2,93 Prozent für zehnjährige Bundesanleihen. Für Experte Kater ist das etwas viel, aber mit einer Steigerung rechnet auch er. Das wird also teuer für Deutschland, auch für andere Kreditnehmer wie Bauwillige, da das Zinsniveau insgesamt angezogen hat.
Und: "Eine Rückzahlung der Sondervermögen in dem Sinn, dass die jetzt aufgerufenen Kredite dann in 30 oder 40 Jahren wieder getilgt werden, gibt es nicht", sagt Ulrich Kater. Denn Staatsschulden würden nicht zwingend zurückgezahlt, sondern eher in neue Kredite beziehungsweise Anleihen umgeschichtet.
Wichtig: Die Schuldenquote sollte nicht zu hoch werden, sonst steigt die Zinsbelastung immer weiter und der Spielraum für reguläres Haushalten gar im Rahmen der "Schuldenbremse" wird enger.