Bürgergeld: "Für die FDP geht's um die Existenz im Osten"

    Analyse

    Diskussion um das Bürgergeld:"Für die FDP geht's um die Existenz im Osten"

    Dominik Rzepka
    von Dominik Rzepka
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    Die FDP fordert ein geringeres Bürgergeld. Ein Wahlkampfmanöver, so Politikwissenschaftlerin Römmele. Für die FDP gehe es bei den Wahlen im Osten um die parlamentarische Existenz.

    Christian Lindner, Bundesvorsitzender der FDP und Bundesfinanzminister, spricht auf einer Wahlkampfkundgebung
    Die FDP möchte angesichts aktueller Haushaltslöcher das Bürgergeld kürzen. Bei den Koalitionspartnern stoßen die Vorschläge auf Kritik.12.08.2024 | 1:34 min
    Das Bürgergeld sei 14 bis 20 Euro im Monat zu hoch, sagt FDP-Fraktionschef Christian Dürr. Die FDP will es kürzen. Eine Forderung, die laut Politikwissenschaftlerin Andrea Römmele drei Wochen vor den wichtigen Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen vor allem eins ist: ein Wahlkampfmanöver.

    Für die FDP geht es um die parlamentarische Existenz in den ostdeutschen Landtagen. Sie will in Ostdeutschland über die Fünf-Prozent-Hürde.

    Andrea Römmele, Politikwissenschaftlerin

    Die FDP steht im aktuellen ZDF-Politbarometer deutlich unter fünf Prozent, sowohl in Sachsen als auch in Thüringen. Mit dem Thema Bürgergeld aber könne man vor allem bei der unteren Mittelschicht punkten, sagt Römmele.

    Die FDP versucht, Wähler von AfD und BSW abzugrasen, denn sie weiß, dass das Thema Bürgergeld in Ostdeutschland verfängt.

    Andrea Römmele, Hertie School of Governance

    links im Bild: Geldbündel mit 500-Euro-Scheinen, eine Ukraine-Flagge, über beidem ein Kreis mit einem Strich durch - rechts im Bild: ZDF-Hauptstadtkorrespondent Daniel Pontzen am Schreibtisch
    Der Vorschlag, ukrainischen Flüchtlingen das Bürgergeld zu entziehen, wenn sie nicht arbeiten, ruft ein geteiltes Echo hervor. Billiger Populismus oder durchaus eine Option?30.06.2024 | 13:39 min

    Wie die FDP die SPD provoziert

    Römmele geht nicht davon aus, dass die FDP mit dem Vorstoß erfolgreich sein wird. Schließlich befinde sich die Partei in einer Koalition mit SPD und Grünen. Vor allem die SPD werde bei dem Thema nicht einlenken. Denn während die Schuldenbremse ein Markenkern der FDP sei, sei das Bürgergeld entsprechend wichtig für die SPD.
    "Die SPD wird wahrscheinlich den ganz großen Streit mit der FDP vermeiden, denn sie weiß, dass die FDP hier ein Wahlkampfmanöver veranstaltet", sagt Römmele. In drei Wochen, nach den Wahlen, sei die Diskussion vielleicht auch schon wieder vorbei. Aber:

    Die SPD wird sich schon überlegen müssen, wie sie eigentlich das letzte gemeinsame Jahr in der Koalition gestalten will.

    Andrea Römmele, Politikwissenschaftlerin

    Berlin: Im Jobcenter Tempelhof-Schöneberg liegt ein Antrag auf Bürgergeld und dazu passende Ausfüllhinweise.
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    Die zahlreichen Konflikte in der Ampel

    Die Diskussion um das Bürgergeld zeigt erneut, wie angespannt die Stimmung in der Koalition ist. Zuletzt hatten sich Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) wegen des Haushalts gestritten.
    Vergangene Woche hatte FDP-Vize Wolfgang Kubicki den Rücktritt des Gesundheitsministers gefordert. Karl Lauterbach (SPD) habe kurz vor der Entscheidung des Bundestags zur Impfpflicht die Corona-Angst in der Bevölkerung aufrechterhalten wollen, gegen die Empfehlung des Krisenstabs des Robert Koch-Instituts, so sein Vorwurf.
    Die FDP hat am Montag außerdem ein Papier zum Thema Verkehr beschlossen, es trägt den Titel "Fahrplan Zukunft - Eine Politik für das Auto". Darin fordert die Partei unter anderem kostenloses Parken in Innenstädten und spricht sich erneut gegen ein Tempolimit auf Autobahnen aus. Vor allem bei den Grünen dürfte das auf Widerstand stoßen.

    Wie zerrüttet ist die Koalition?
    :Corona: Kubicki greift Lauterbach frontal an

    FDP-Vize Kubicki fordert offen den Rücktritt des Gesundheitsministers. Karl Lauterbach habe während Corona gelogen und die Regierung schwer beschädigt. Ein neuer Ampel-Tiefpunkt.
    von Dominik Rzepka und Britta Spiekermann
    Wolfgang Kubicki

    Scharfe Kritik aus der SPD

    Die Kritik vom Koalitionspartner lässt nicht lange auf sich warten. Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der SPD, Martin Rosemann, sagt zum Thema Bürgergeld, er halte "überhaupt nichts davon, ständig mit völlig unausgegorenen Ideen fernab jeder Realität für Verunsicherung zu sorgen".
    Rosemann verweist darauf, dass die FDP den Anpassungsmechanismus zum Bürgergeld mit beschlossen habe. Er sagt:

    Es wäre ganz hilfreich, wenn man nach fast drei Jahren endlich mal in seiner Rolle als Teil einer Regierungskoalition und damit in einer Verantwortungsgemeinschaft ankommen würde.

    Martin Rosemann, SPD

    Die Debatte zeigt einmal mehr: Drei Wochen vor den Landtagswahlen im Osten und rund ein Jahr vor der nächsten Bundestagswahl kämpft inzwischen jeder der drei Ampelpartner für sich selbst.
    "ZDF.reportage: Alltag Kinderarmut - Kein Geld - keine Chance?": Ein Junge mit dem Rücken zur Kamera, mittig im Bild, auf einem Klettergerüst. Er trägt eine rote Kapuze und helle Shorts. Im Hintergrund sieht man einen Plattenbau.
    Rente, Bürgergeld, Mindestlohn: Der Sozialstaat ist ein Kernelement unserer Gesellschaft. Doch über seine Ausgestaltung haben die einzelnen Parteien unterschiedliche Vorstellungen.02.06.2024 | 3:48 min

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