Amerikas Nahost-Politik: US-Präsident vor Scherbenhaufen?
Amerikas Nahost-Politik:US-Präsident Biden vor einem Scherbenhaufen?
von Elmar Theveßen
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Die US-Regierung will unbedingt verhindern, dass der Nahe Osten im Krieg versinkt. Aber wie Israels Regierung ist sie zugleich entschlossen: Die Hamas muss zerstört werden.
Vor über einem Jahr kam US-Präsident Joe Biden nach Israel, um etwas scheinbar Unmögliches zu versuchen. Eine Aussöhnung zwischen dem jüdischen Staat und dem mächtigsten Player in der Region - Saudi Arabien. Für Biden sollte es eine diplomatische Meisterleistung werden. Dafür traf er sich sogar mit dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman, dem Verantwortlichen für den Mord an dem Journalisten Jamal Kashoggi.
Und Biden ging auf den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu zu, der aus Sicht vieler Israels Demokratie aushöhlt. Aber im Eifer, Geschichte zu schreiben, vernachlässigten sie wohl einen wichtigen Faktor, so John Brennan, ehemaliger CIA-Direktor: "Netanjahu und viele israelische Politiker dachten, dass die Aufnahme von Beziehungen zu arabischen Staaten wie Bahrein, den Emiraten, Sudan, Marokko und möglicherweise gar Saudi Arabien die Bedrohung der vergangenen Jahrzehnte eliminieren würde. Aber bei all diesen Schritten hat sich niemand um die palästinensischen Belange gekümmert."
Ganz ähnlich sieht es Laura Blumenfeld, Nahostexpertin an der Johns-Hopkins-Universität:
Dass sich Israelis und Saudis durch die amerikanischen Vermittler näherkamen, war für sie eine existentielle Bedrohung. Und deshalb haben sie sich auf diese Weise eingemischt."
Iran sieht saudisch-israelische Aussöhnung als Bedrohung
Was jetzt geschah, war so schrecklich perfekt koordiniert, wie man es sonst nur von einem Schurkenregime kennt. Für Israels Erzfeind Iran wäre eine saudisch-israelische Aussöhnung eine Bedrohung der eigenen Macht. Der oberste geistliche Führer im Iran, Ali Khamenei, behauptete Anfang Oktober, die Palästinenser und andere Kräfte würden - Zitat "das Krebsgeschwür Israel" bald schon auslöschen.
"Eindeutig steckt Iran dahinter. Wir sollten jetzt gemeinsam mit unseren Freunden in Israel andenken, Irans Ölindustrie ins Visier zu nehmen. Wenn dieser Krieg eskaliert, beschwöre ich die Biden Administration und die Israelis, einen gemeinsamen Plan zu entwickeln, um Irans Öl-Infrastruktur zu zerstören. Ohne Öl haben sie kein Geld. Ohne Geld verlieren die Terroristen ihren wichtigsten Unterstützer", sagt Lindsey Graham, republikanischer US-Senator.
Biden verlangt Milliardenpaket für Israel und Ukraine
Die Republikaner im Kongress fordern Stärke von Biden, auch um eigene Schwäche zu überdecken. Denn die republikanische Partei sorgte für Chaos und Handlungsunfähigkeit im Parlament. Von beiden Parteien verlangt der Präsident jetzt ein Milliardenpaket mit Militärhilfen nicht nur für Israel, sondern auch für die Ukraine: "Wenn der Kongress wieder tagt, bitten wir ihn, dringend zu handeln, um die Sicherheitsbedürfnisse für unsere wichtigsten Partner zu finanzieren. Es geht hier nicht um Parteipolitik."
Doch die innenpolitische Zerrissenheit der USA sind eine echte Hypothek, auch außenpolitisch, meint Blumenfeld: "Wir sind selbst so gespalten und demoralisiert. Und diese Uneinigkeit schwächt uns. Deshalb sagt der Präsident damit auch: Hey, Leute hier in Washington, seht Euch um, lernt daraus. Wir sollten die Ereignisse in Israel als Warnung verstehen. Unsere Schwächen sollten nicht so offenbar werden wie in Israel. Dessen Feinde haben das zu ihrem Vorteil genutzt und angegriffen."
Durch den Hamas-Überfall auf Israel ist der Nahost-Konflikt eskaliert - das israelische Militär reagiert mit Militäroperationen. Aktuelle News und Hintergründe im Liveblog.