Militäranalyse:Ukraine-Krieg - so ist die aktuelle Lage
von Christian Mölling und András Rácz
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Die Ukraine bekommt F-16-Kampfjets, ukrainische Truppen dringen weiter nach Süden vor und ein Flugzeugabsturz mit vielen offenen Fragen: ein Blick auf die jüngsten Entwicklungen.
F16-Kampfjets für die Ukraine: Genauer Zeitpunkt der Übergabe noch unklar (Archivbild)
Quelle: dpa
Die Ukraine erhält Kampfjets
Ein weiterer zäh errungener Erfolg für den ukrainischen Präsidenten: Bei seinen Besuchen in den Niederlanden und Dänemark erhielt Wolodymyr Selenskyj die Zusage, dass die Ukraine 41 beziehungsweise 19 F-16-Kampfjets von den beiden Ländern erhalten wird.
Zwar sind weder der genaue Zeitpunkt der Übergabe noch die genaue Version und der Zustand der Flugzeuge, die an die Ukraine übergeben werden sollen, bekannt. Doch bedeutet die Ankündigung das Ende des Tabus, der Ukraine Kampfflugzeuge zu liefern. Dies wäre ohne die aktive Zustimmung der USA nicht möglich gewesen.
Nachdem der Präzedenzfall geschaffen war, wurde einige Tage später bekannt, dass auch Norwegen eine nicht näher bezeichnete Anzahl von F-16-Jets angeboten hatte.
Die Zusagen aus Kopenhagen und Den Haag zur Lieferung von F-16-Kampfjets an die Ukraine erhöhen den Druck auf die Bundesregierung, nun auch eine Entscheidung in Sachen Taurus-Marschflugkörper zu fällen.22.08.2023 | 1:48 min
Dänemark und die Niederlande unterstützen die Ukraine nun mit Kampfjets:
Ukraine verkündet Befreiung des Ortes Robotyne
Die ukrainischen Truppen gaben offiziell die Befreiung des Dorfes Robotyne bekannt, was durch Videobeweise bestätigt wurde. Außerdem haben die ukrainischen Streitkräfte die Bresche, die sie in die erste russische Verteidigungslinie zwischen Robotyne und Verbove geschlagen haben, weiter vergrößert.
Während die genaue Position der vorrückenden ukrainischen Streitkräfte aus offenen Quellen nicht zu bestimmen ist, erklärte der Kommandeur der Armee, General Valery Zaluzhny, gegenüber den US-Partnern, dass die Ukraine kurz vor einem Durchbruch in dieser Region stehe.
Ukraine trifft weit entfernten Militärflughafen
Ein ukrainischer Drohnenangriff hat den Militärflughafen Soltsy-2 südlich von St. Petersburg getroffen. Mindestens ein Überschallbomber vom Typ Tupolew Tu-22 wurde nachweislich zerstört, ein weiteres Flugzeug möglicherweise schwer beschädigt. Die übrigen Flugzeuge wurden auf andere Flughäfen verlegt. Bislang ist dies der am weitesten entfernte russische Militärflughafen, den die Ukraine während des Krieges treffen konnte.
Quelle: DGAP
... leitet das Programm "Europas Zukunft" für die Bertelsmann Stiftung in Berlin. Er forscht und publiziert seit über 20 Jahren zu den Themenkomplexen Sicherheit und Verteidigung, Rüstung und Technologie, Stabilisierung und Krisenmanagement. Für ZDFheute analysiert er regelmäßig die militärischen Entwicklungen im Ukraine-Konflikt.
Quelle: DGAP
... ist Associate Fellow im Programm Sicherheit und Verteidigung der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in Berlin. Er forscht und publiziert zu Streitkräften in Osteuropa und Russland und hybrider Kriegsführung.
Absturz von Prigoschin-Flugzeug
Am 23. August stürzte das Flugzeug von Jewgeni Prigoschin auf dem Weg von Moskau nach St. Petersburg ab. Alle zehn Personen an Bord kamen ums Leben, darunter drei Besatzungsmitglieder, mutmaßlich Prigoschin selbst, der militärische Befehlshaber der Wagner, Dmitry Uktin, sowie der Geschäftstreuhänder von Prigoschin, Valery Chekalov. Durch den Absturz ist die Wagner-Gruppe praktisch führungslos.
Offizielle russische Quellen gaben ungewöhnlich schnell bekannt, dass Prigoschin an Bord des Flugzeugs war. Am nächsten Tag hielt Wladimir Putin eine Trauerrede und bestätigte damit de facto den Tod Prigoschins, trotz verschiedener Verschwörungserzählungen über einen vorgetäuschten Tod.
"Putins Koch": Jewgeni Pregoschin
Die überlebenden, untergeordneten Wagner-Kommandeure hielten unmittelbar nach dem Absturz eine Dringlichkeitssitzung ab, veröffentlichten jedoch keine Erklärung, was möglicherweise auf Verwirrung in ihren Reihen hindeutet. In der Zwischenzeit begannen die Behörden in einigen russischen Regionen damit, die Friedhöfe der Wagner-Gruppe abzureißen, offenbar in dem Bestreben, ihren Namen aus dem öffentlichen Gedächtnis zu tilgen.
Ukrainische Spezialkräfte landen auf der Krim
Am 24. August gab die Ukraine bekannt, dass ihre Spezialeinheiten einen amphibischen Angriff auf der besetzten Krim-Halbinsel durchgeführt haben. Die Meldung wurde durch Videobeweise untermauert. Dies ist der erste dokumentierte Fall, dass ukrainische Streitkräfte auf der Krim gelandet sind.
Die militärische Bedeutung des Angriffs ist zwar minimal, hat aber sowohl für die Ukraine als auch für Russland große symbolische Bedeutung. Während es sich für die Ukraine um eine demonstrative Aktion am Unabhängigkeitstag des Landes handelt, ist es für Russland ein Zeichen dafür, dass die russischen Streitkräfte nicht einmal in der Lage sind, die Krim sicher zu halten. Russland wird wahrscheinlich zusätzliche Einheiten auf die Krim verlegen, um die Küstenlinie zu schützen.
Die Ukraine vermeldet militärische Erfolge auf der Krim:
Russischer Angriff ohne strategische Vorteile
In der Zwischenzeit kam die russische Offensive bei Kupjansk nicht nennenswert vorwärts. Starke ukrainische Verteidigungsanlagen, darunter ausgedehnte Minenfelder und präziser Artilleriebeschuss, hielten die meisten russischen Vorstoßversuche auf; die Frontlinie veränderte sich nur geringfügig, allerdings zu Russlands Gunsten.
Aktuelle Meldungen zu Russlands Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit in unserem Liveblog:
Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.