Tuvalu: Versenkt der Klimawandel bald den Inselstaat?
Klimakrise bedroht Inselstaat:Steht Tuvalu kurz vor dem Untergang?
von Johannes Hano
|
Der steigende Meeresspiegel bedroht Tuvalu. So lautet seit Jahren die Warnung. Doch steht der Inselstaat wirklich vor dem Untergang? Eine Reise in den Pazifik wirft Fragen auf.
In der endlosen Weite des Pazifik gedeihen kostbare Delikatessen, Atolle stehen angeblich kurz vor dem Untergang, und ein riesiges Atommüllendlager droht zu bersten. 09.01.2025 | 43:39 min
Im größten Ozean der Welt gibt es Orte, die abgelegener kaum sein könnten. Die man, wenn überhaupt, nur aus Abenteuerromanen, durch schrille Warnungen der Vereinten Nationen oder von Klimaaktivisten kennt. Mittendrinnen Tuvalu, einer der kleinsten Staaten der Welt. 11.000 Einwohner verteilt auf neun Atolle, die zusammen nur knapp 26 Quadratkilometer groß sind - allein Hamburg ist von der Fläche 30 mal größer. Und doch haben viele schon einmal von Tuvalu gehört - als Staat, der bedingt durch den Klimawandel zuerst im Meer versinken wird.
Quelle: ZDF
Tuvalu: Eine Nation im Metaversum
Hüfttief im Wasser hatte 2021 der damalige Außenminister von Tuvalu, Simon Kofe, medienwirksam eine Botschaft an die Delegierten der Klimakonferenz, COP 26, in Glasgow geschickt.
Wir sinken, so wie andere niedrig liegende Inselstaaten.
„
Simon Kofe, damaliger Außenminister von Tuvalu
Und er kündigte an, dass Tuvalu die erste digitale Nation werde - eine Nation, die im Metaversum erhalten bleibe, wenn der reale Inselstaat längst im Meer verschwunden sei. Zeitungen aus der ganzen Welt hatten über den sinkenden Inselstaat berichtet, der in der digitalen Welt überleben will. Eine tolle Story, die den Klimawandel dem Publikum emotional näher bringt.
Laut Deutschem Wetterdienst war 2024 das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Mit 0,3 Grad fällt der Temperaturanstieg zum Vorjahr außergewöhnlich hoch aus.30.12.2024 | 1:41 min
Überraschende Begegnungen im Pazifik
Für uns ein Grund mehr, auf unserer Reise durch den Pazifik mal vorbeizuschauen. Soviel vorweg: Es war ein Besuch mit Überraschungen. Kaum gelandet treffen wir durch Zufall einen jungen Deutschen. Sami Alaoui ist 21 Jahre alt, Polizeischüler aus Düsseldorf, der sich hier einen Traum erfüllt - Urlaub auf Tuvalu, mitten im pazifischen Ozean. Touristen gibt es hier so gut wie keine, die touristische Infrastruktur praktisch nicht existent. Sami schläft mal bei der einen, mal bei anderen Familien - Couch-Surfing mitten im Pazifik. Die Leute seien freundlich und offen. Natürlich habe er mit den Menschen über den Klimawandel gesprochen und gefragt, ob die Inseln sinken würden, aber:
Für die Leute hier ist das kein Riesenthema.
„
Sami Alaoui, Polizeischüler aus Düsseldorf
Marine Ökosysteme schützen, Ozeane nachhaltig nutzen: Weltweit engagieren sich Menschen für den bedrohten Lebensraum Meer - in Projekten, die klein anfangen, aber Großes bewirken.14.12.2023 | 29:31 min
Keine Spur von Untergangsstimmung
Wir machen uns auf Fongafale, der Hauptinsel, selbst ein Bild und tatsächlich sieht es auf den ersten Blick nicht danach aus, als würde die Insel kurz vor dem Untergang stehen. Wir fragen uns kreuz und quer über die Insel, aber niemand, den wir treffen, sorgt sich vor dem Untergang.
Auch von dem Projekt "First Digital Nation" hat niemand, mit dem wir sprechen, etwas gehört. Selbst als wir uns durch das Regierungsgebäude fragen: nur Kopfschütteln. Einmal heißt es, es sei wohl ein Projekt der Vorgängerregierung gewesen.
Als wir uns schließlich mit Maina Talia treffen, dem Innenminister Tuvalus, der auch für Umwelt und Klimapolitikzuständig, klingt alles plötzlich wieder sehr viel dramatischer. Tuvalu würde nicht erst in den nächsten 10-50 Jahren untergehen, sondern sei schon jetzt dabei, zu versinken und er sagt uns:
Es ist eine große Herausforderung, so isoliert vom Rest der Welt, das Thema richtig zu vermarkten und Unterstützer zu finden.
„
Maina Talia, Innenminister Tuvalu
Trotz eines nur mäßig warmen Sommers war das Jahr 2024 das wärmste Jahr in Deutschland seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. ZDF-Meteorologe Özden Terli berichtet. 17.12.2024 | 1:33 min
Viele Millionen für die Rettung von Tuvalu
Eine Milliarde US Dollar möchte Tuvalu von internationalen Geldgebern zur Landgewinnung und Schutz der Inseln haben. Schon jetzt spült das Narrativ der sinkenden Insel riesige Millionenbeträge nach Tuvalu: in Projekte, die Arbeitsplätze schaffen und die die wirtschaftliche Zukunft sichern sollen.
Dass die Inseln Tuvalus aber schon am Absaufen sind, daran gibt es zumindest Zweifel. Eine Studie der Universität Auckland kommt 2018 zu dem Schluss, dass die Inseln der Atolle in den letzten vier Jahrzehnten trotz steigendem Meeresspiegel insgesamt um circa 3 Prozent gewachsen sind, nur wenige Inseln seien dabei geschrumpft. Wenn es keinen völlig unvorhergesehenen Anstieg des Meeresspiegel gebe, dann seien die Inseln auch noch in hundert Jahren bewohnbar, so die Autoren der Studie.
Dass der Klimawandel real ist, haben wir überall im Pazifik beobachtet. Größtes Problem ist der sich immer stärker aufheizende Ozean und die damit verbunden immer stärker werdenden Stürme. Das apokalyptische Narrativ von den untergehenden pazifischen Inselstaaten scheint uns aber zu weit zu gehen. Vielmehr folgt es wohl den politischen Interessen ganz unterschiedlicher Akteure.
Johannes Hano ist Asienkorrespondent und Leiter des ZDF-Studios Singapur.
Pures Abenteuer und tropische Paradiese: Auf entlegenen Inseln suchen Menschen nach verborgenen Schätzen, erforschen die Folgen des Klimawandels und tauchen mit Walen. 08.01.2025 | 43:31 min
Quelle: dpa
Sie wollen auf dem Laufenden bleiben? Dann sind Sie beim ZDFheute-WhatsApp-Channel richtig. Hier erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten auf Ihr Smartphone. Nehmen Sie teil an Umfragen oder lassen Sie sich durch unseren Podcast "Kurze Auszeit" inspirieren. Zur Anmeldung: ZDFheute-WhatsApp-Channel.
Um dir eine optimale Website der ZDFmediathek, ZDFheute und ZDFtivi präsentieren zu können, setzen wir Cookies und vergleichbare Techniken ein. Einige der eingesetzten Techniken sind unbedingt erforderlich für unser Angebot. Mit deiner Zustimmung dürfen wir und unsere Dienstleister darüber hinaus Informationen auf deinem Gerät speichern und/oder abrufen. Dabei geben wir deine Daten ohne deine Einwilligung nicht an Dritte weiter, die nicht unsere direkten Dienstleister sind. Wir verwenden deine Daten auch nicht zu kommerziellen Zwecken.
Zustimmungspflichtige Datenverarbeitung • Personalisierung: Die Speicherung von bestimmten Interaktionen ermöglicht uns, dein Erlebnis im Angebot des ZDF an dich anzupassen und Personalisierungsfunktionen anzubieten. Dabei personalisieren wir ausschließlich auf Basis deiner Nutzung der ZDFmediathek, der ZDFheute und ZDFtivi. Daten von Dritten werden von uns nicht verwendet. • Social Media und externe Drittsysteme: Wir nutzen Social-Media-Tools und Dienste von anderen Anbietern. Unter anderem um das Teilen von Inhalten zu ermöglichen.
Du kannst entscheiden, für welche Zwecke wir deine Daten speichern und verarbeiten dürfen. Dies betrifft nur dein aktuell genutztes Gerät. Mit "Zustimmen" erklärst du deine Zustimmung zu unserer Datenverarbeitung, für die wir deine Einwilligung benötigen. Oder du legst unter "Einstellungen/Ablehnen" fest, welchen Zwecken du deine Zustimmung gibst und welchen nicht. Deine Datenschutzeinstellungen kannst du jederzeit mit Wirkung für die Zukunft in deinen Einstellungen widerrufen oder ändern.