Erste Reise nach Damaskus:Baerbock trifft Syriens neue Machthaber
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Die EU reicht der Übergangsregierung die Hand und schickt die Außenminister Deutschlands und Frankreichs nach Damaskus. Aber Baerbock und Barrot tragen auch eine Bitte vor.
Knapp einen Monat nach der Flucht des syrischen Diktators Assad wollen die Außenminister Deutschlands und Frankreichs den neuen Machthabern Unterstützung anbieten, aber auch für eine Beteiligung möglichst vieler Bevölkerungsgruppen am Übergangsprozess werben.
Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) ist am frühen Morgen vom Flughafen Larnaka auf Zypern in die syrische Hauptstadt Damaskus aufgebrochen. Ihr französischer Kollege Jean-Noël Barrot reist aus Beirut an.
Auch mit klaren Erwartungen an die neuen Machthaber reisen wir heute nach Damaskus.
Annalena Baerbock, Außenministerin
Einen Neuanfang könne es nur geben, wenn die neue Gesellschaft allen Syrerinnen und Syrern einen Platz im politischen Raum einräume, erklärte Baerbock vor ihrem Abflug. Frauen und Männer, gleich welcher ethnischen oder religiösen Gruppe, sollten Rechte gewährt und Schutz bekommen.
Neue Regierung: Wahlen erst in vier Jahren
Zuvor hatte Syriens neuer starker Mann, Ahmed Al-Sharaa, der Hoffnung auf baldige Wahlen eine Absage erteilt. In einem Fernsehinterview sagte der Ex-Dschihadist, man könne wahrscheinlich erst in vier Jahren wählen, weil zunächst eine Volkszählung abgehalten und eine Verfassung geschrieben werden müsse.
Außenministerin Annalena Baerbock in einem A400M-Flugzeug der Luftwaffe
Quelle: ZDF
Baerbock sagte, die Rechte der Menschen in Syrien sollten gewahrt und "eben nicht möglicherweise durch zu lange Fristen bis zu Wahlen" unterlaufen werden. Kritisch äußerte sich die Politikerin auch über Schritte zur Islamisierung des Justiz- und des Bildungssystems durch die neue Regierung, die aus der islamistischen Rebellengruppe HTS hervorgegangen ist.
Wir werden die HTS weiter an ihren Taten messen.
Annalena Baerbock, Außenministerin
Unter Anspielung auf die gewalttätige Vergangenheit zahlreicher Mitglieder der Übergangsregierung sagte Baerbock: "Wir wissen, wo die HTS ideologisch herkommt, was sie in der Vergangenheit getan hat."
Die EU, in deren Auftrag Baerbock und Barrot nach Damaskus reisen, sehe aber den Wunsch nach Mäßigung und Verständigung. Bei aller Skepsis dürfe man die Chance nicht verstreichen lassen, die Menschen in Syrien am Scheideweg zu unterstützen.
Deutsche Botschaft vor Wiedereröffnung?
Bei Baerbocks Besuch dürfte auch darüber gesprochen werden, wie Deutschland die diplomatischen Beziehungen zu Syrien wieder hochfahren kann. Die deutsche Botschaft in Damaskus ist seit 2012 geschlossen, der Zustand des Gebäudes wird dieser Tage untersucht.
Es gilt als wahrscheinlich, dass das Auswärtige Amt zunächst ein kleines Team entsendet und dann die Vertretung schrittweise ausbaut. Abgebrochen hat Deutschland die diplomatischen Beziehungen nie.
Quelle: dpa
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