Putin in der Mongolei: Prestige-Projekt gerät ins Wanken

    Russlands Erdgas-Problem:Was Putin von seiner Mongolei-Reise erwartet

    von Felix Klauser
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    Gegen Putin besteht ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs. Trotzdem fliegt er in die Mongolei. Verhaftet wurde er nicht - bislang. Was er sich von der Reise erhofft.

    Russlands Präsident Putin zu Besuch beim mongolischen Präsidenten in Ulan-Bator.
    Trotz Haftbefehl reiste Putin zuletzt öfters aus Russland, um Verbündete zu treffen. Beim Treffen in Ulan-Bator geht es um russische Gaslieferungen.
    Quelle: Reuters

    Ulan-Bator steht vergleichsweise selten im internationalen Rampenlicht. Dass sich an diesem Dienstag das Interesse von Politik und Presse dennoch auf die Hauptstadt der Mongolei richtet, hat einen Grund - und der heißt Wladimir Putin. Der Präsident, der Russland nur selten verlässt, ist gestern Abend zum Staatsbesuch in der Mongolei eingetroffen. Allein: Verhaftet wurde er bislang nicht. Obwohl ihm genau das in der Mongolei drohen könnte.

    Haftbefehl gegen Putin gilt auch in Mongolei

    Denn die Mongolei ist eines der Länder, die den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) anerkennen, dessen vertragliche Grundlage im Jahr 2000 unterschrieben haben und damit eigentlich an den vom IStGH ausgestellten Haftbefehl gegen Wladimir Putin gebunden sind. Der besteht seit März 2023 wegen des Vorwurfs der illegalen Verschleppung von Kindern aus der Ukraine - und zwar gegen die Kinderrechtsbeauftragte Russlands Maria Lvova-Belova und den Präsidenten persönlich.
    Bislang hat Putin Reisen in Länder, in denen ihm eine Verhaftung droht, vermieden - ist weder zum Brics-Gipfel nach Südafrika geflogen, noch nach Indien zum G20-Gipfel.

    Wie wahrscheinlich ist eine Verhaftung von Präsident Putin?

    Gestern aber landete Putin in Ulan-Bator und statt der Polizei bereitete ihm die mongolische Ehrengarde einen Empfang samt rotem Teppich. Angesichts dessen werden Forderungen an die Mongolei lauter, den Haftbefehl des IStGH tatsächlich umzusetzen - aus der Ukraine, von mehreren westlichen Ländern und zahlreichen NGOs.
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    Tatsächlich aber erscheint es extrem unwahrscheinlich, dass Putin noch eine Verhaftung droht. Ohne entsprechende Sicherheitsgarantien dürfte der Kremlchef die Reise wohl kaum angetreten haben - und so gab sich Kremlsprecher Peskow schon im Vorfeld der selbigen betont gelassen:

    Wir machen uns keine Sorgen, wir haben einen guten Austausch mit unseren Freunden aus der Mongolei. […] Alle Aspekte des Besuchs wurden sorgfältig vorbereitet.

    Kremlsprecher Dmitri Peskow

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    Ein solcher Auftritt auf internationaler Bühne dürfte Putin letztlich in die Karten spielen: Denn sollte der russische Präsident die Mongolei - wie erwartet - als freier Mann verlassen, gleicht das für den Kreml einem Coup. Für den IStGH dagegen einem Debakel.
    Welche Konsequenzen der Besuch für die Mongolei mit sich bringt - die zunehmend die Nähe zu Russland sucht - ist noch ungewiss. Das Gericht in Den Haag hält sich hinsichtlich der Konsequenzen für die Mongolei bislang noch bedeckt.

    Wirtschaftliche Interessen im Fokus der Reise

    Vor dem juristischen Hintergrund geraten die Inhalte des Treffens beinahe ins Hintertreffen. Offiziell kommt der Kremlchef auf Einladung des mongolischen Präsidenten, um dem 85. Jahrestag des Sieges sowjetischer und mongolischer Truppen über das japanische Militär zu gedenken.
    Beobachter sind sich aber einig, dass Putin - dem der Besuch in Ulan Bator auch als Zwischenstopp auf dem Weg zum Fernöstlichen Wirtschaftsforum im russischen Wladiwostock dient - vor allem wirtschaftliche Anliegen im Gepäck haben dürfte.
    Dabei geht es wie so häufig um russische Rohstoffe. Konkret: um russisches Erdgas. Denn durch die Mongolei soll, nach Putins Plänen, künftig eine Pipeline laufen, die für Russland von immenser Bedeutung wäre. "Power of Siberia 2" ist für den Kreml einerseits Prestigeprojekt und andererseits die Garantie dafür, dass Russland trotz westlicher Sanktionen ausreichend Gas exportieren kann - und zwar nach China.
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    Power of Siberia 2: Prestige-Projekt mit Problemen

    Entscheidend für die Bedeutung der Pipeline ist dabei die Herkunft des Erdgases. Dieses würde, anders als bei der "Power of Siberia 1", nicht die vergleichsweise kleinen Gasfelder im Osten Sibiriens nutzen, sondern Felder im Nordwesten. Jene Felder also, aus denen vor dem Krieg in der Ukraine, hauptsächlich europäische Abnehmer beliefert wurden.
    Russland könnte mit dem neuen Projekt die deutlich größeren Erdgas-Reserven im Nordwesten Sibiriens weiter nutzen. Allerdings gerät der Bau der 2.600 Kilometer langen Pipeline zunehmend ins Stocken.
    China zögert schon seit Monaten mit festen Zusagen - und jetzt macht auch die Mongolei Probleme. Laut Medienberichten erscheint das Projekt nicht mehr in der Langfristplanung des zentralasiatischen Staates für das Jahr 2028. Dabei sollte der ursprüngliche Baubeginn schon in diesem Jahr erfolgen. Avisierte Fertigstellung: 2030.
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    Fertigstellung der Pipeline mittlerweile ungewiss

    Angesichts dessen zweifeln Beobachter mittlerweile daran, dass die Pipeline noch fertig wird. Dabei ist Russland auf die Einnahmen aus den Erdgasexporten dringend angewiesen. Seit die Ausfuhren Richtung Europa zurückgegangen sind, steht der russische Staatskonzern Gazprom finanziell massiv unter Druck, musste im vergangenen Jahr erstmals Verluste schreiben.
    Das Interesse des Kreml, den Bau doch noch zu beschleunigen, dürfte also groß sein - ob der Besuch in der Mongolei dabei hilft, ist allerdings ungewiss. Letztlich entscheidet der Fortschritt beim Pipeline-Projekt darüber, ob die Reise für den Kremlchef tatsächlich ein Erfolg wird. Fest steht nur: Putins Hauptproblem in Ulan-Bator dürfte kaum die Polizei sein.
    Felix Klauser berichtet als Korrespondent über Russland, den Kaukasus und Zentralasien.

    Erstmals seit zwei Jahren
    :EU: Mehr Gas aus Russland als aus den USA

    Russland ist der zweitgrößte Gaslieferant der EU-Staaten. Erstmals seit knapp zwei Jahren kommt wieder mehr Gas aus Russland in die EU als aus den USA. Norwegen bleibt Spitze.
    Eine Gaspipeline des deutsch-russischen Joint Ventures Achimgaz in Russland (undatiertes Handout).

    Eine Person hält ein Smartphone in der Hand. Darauf ist der WhatsApp-Channel der ZDFheute zu sehen.
    Quelle: ZDF

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