Israelischer Historiker: Druck auf Israel "berechtigt"
Interview
Israelischer Historiker:Zimmermann: Druck auf Israel "berechtigt"
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Die vollständige Zerstörung der Hamas sei "eine Illusion", sagt der israelische Historiker Moshe Zimmermann. Deswegen sei das Verlangen nach einem Ausweg "sehr berechtigt".
Sehen Sie hier das Interview mit Historiker Moshe Zimmermann in voller Länge.05.04.2024 | 6:31 min
Laut der UNO droht im Gazastreifen eine Hungersnot. Nach einer deutlichen Warnung der USA kündigt Israel nun "sofortige Schritte" zur Erhöhung der humanitären Hilfe an. Warum brauchte es den massiven Druck aus den USA, dass sich der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bewegt? Historiker Moshe Zimmermann hat Antworten.
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Im Interview mit dem ZDF heute journal sagt Zimmermann, dass ...
... der Druck auf die Regierung Netanjahu berechtigt sei
Dass es den massiven Druck aus den USA brauche, sei das Problem mit Netanjahu persönlich, stellt Zimmermann fest. "Die hören nicht auf Mahnungen, nicht auf Andeutungen", sagt Zimmermann. Man brauche den Druck auf die israelische Regierung, er sei "sehr berechtigt".
Laut der UNO droht im Gazastreifen eine Hungersnot. Nach einer deutlichen Warnung der USA kündigt Israel nun "sofortige Schritte" zur Erhöhung der humanitären Hilfe an.05.04.2024 | 3:06 min
... es eine Illusion sei, die Hamas zerstören zu können
Auch in Israel wisse man Bescheid, dass das eigentliche Kriegsziel, die Hamas zu vernichten, unrealistisch sei. "Und deswegen muss man einen Weg finden, um irgendwie auszusteigen aus dem Krieg", sagt Zimmermann.
Dafür brauche es "selbstverständlich die Befreiung der Geiseln". "Aber wenn dann die Befreiung der Geiseln erfolgt, dürfte man mit dem Krieg aufhören. Und dann wird hoffentlich auch Netanjahu etwas nachgiebiger werden."
Die Hamas gebe es auch in den besetzten Gebieten im Westjordanland. "Das ist ein Krieg ohne Ende", sagt Zimmermann. Man müsse irgendwo eine Vereinbarung treffen, einen Weg finden, um den Krieg zu beenden. "Die vollständige Zerstörung der Hamas ist eine Illusion", so Zimmermann.
Angriff auf Israel (Karte Israel, Gazastreifen etc.)
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... nicht Israel, aber Netanjahu eine Eskalation riskiere
Warum riskiert Israel eine unabsehbare Eskalation? "Das ist nicht Israel, das ist die Regierung von Netanjahu. Die riskieren so etwas, weil sie daran interessiert sind, den Krieg fortzusetzen", stellt Zimmermann fest.
Während des Krieges gebe es keine Wahlen. Während des Krieges gebe es keine effektive Opposition. Das sei die Hoffnung der Regierung Netanjahu und das "Gefährliche". Im Interesse der Menschen in Israel sei es nicht, solche Risiken einzugehen und frontal mit Iran in eine Auseinandersetzung zu gehen.
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Im Land hoffe man, dass die Stimmung, die eher gegen Netanjahu sei, Wirkung zeige. "Das heißt, dass die Partei von Netanjahu verliert, die aktuelle Koalition verliert und eine neue Konstellation entsteht", sagt Zimmermann.
Das sei die Hoffnung, aber "wir müssen selbstverständlich realistisch sein und wissen, eine linke Koalition schafft es hier nicht zur Regierung". Aber zumindest hoffe man, dass die "Extremsten aller Extremsten, also die Gruppe der National-Religiösen", dann nicht mehr an der Regierung teilnehmen.
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... es die erste Aufgabe von Israel sei, die Geiseln zu befreien
Die Geiseln seien von Beginn an eine Art Lebensversicherung für die Hamas gewesen. "Aber, wenn die Hamas darauf besteht, für das Ende des Krieges oder für die Einstellung der Kämpfe die Befreiung der Geiseln zu versprechen, dann muss man darauf hören."
Israel habe "versagt", indem Netanjahu eine Situation entstehen ließ, in der Geiseln in dieser Zahl festgenommen wurden. Es sei die erste Aufgabe von Israel, diese Geiseln zu befreien. "Und wenn der Preis auch ist, diesen Krieg irgendwie zu Ende zu bringen", sagt Zimmermann.
Das Interview führte ZDF-Moderatorin Dunja Hayali. Zusammengefasst hat es Katharina Schuster.
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