Angriff auf Kursk: Was bedeutet das für Moskau und Kiew?
FAQ
Ukrainischer Angriff gemeldet:Kursk: Was bedeutet das für Moskau und Kiew?
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Die Ukraine hat auf russischem Gebiet in Kursk angegriffen. Tausende flohen, der Ausnahmezustand wurde verhängt. Was heißt das für den Ukraine-Krieg? Und wie reagiert Russland?
Ausnahmezustand in der russischen Region Kursk: Die Ukraine hat bei Gefechten im Grenzgebiet offenbar auch russische Panzer zerstört. Mehr als 3.000 Menschen sollen geflohen sein.08.08.2024 | 1:35 min
Was ist in Kursk passiert?
Ukrainische Truppen sind in die westrussische Region Kursk vorgestoßen. Als Reaktion wurde in dem Gebiet der Ausnahmezustand verhängt und der Schutz für das dortige Atomkraftwerk erhöht. Bereits am Dienstag war Kursk ins Visier ukrainischer Drohnen geraten.
Seit Mittwoch haben sich die Angriffe intensiviert - Tausende Zivilisten wurden daraufhin von russischer Seite evakuiert.
Ukrainische Truppen überschritten Berichten zufolge unterstützt von Panzern und Artillerie die russische Grenze vom Gebiet Sumy aus bei Sudscha und sollten mehrere Dörfer unter ihre Kontrolle gebracht haben. Unbestätigten Berichten zufolge seien sie dabei bis zu 15 Kilometer in Richtung des Atomkraftwerks vorgedrungen.
Weiter Gefechte auf russischem Gebiet: Nach dem Vorstoß ukrainischer Truppen sind rund 3000 Menschen in Sicherheit gebracht worden. Die Region Kursk hat den Notstand ausgerufen.08.08.2024 | 1:29 min
Wo liegt Kursk?
Kursk liegt im Westen Russlands, direkt an der Grenze zur Ukraine. "Aus dieser Region wird die Ukraine permanent angegriffen. Der Nachschub für diesen russischen Angriffskrieg hier im Land läuft über diese Region", erklärt ZDF-Korrespondentin Anne Brühl in Odessa. Aufgrund der geografischen Nähe gab es in der Region traditionell eine große ukrainische Minderheit - ihre Zahl sank in den vergangenen Jahrzehnten.
Ukrainische Truppen liefern sich seit Wochenbeginn offenbar Gefechte in der russischen Grenzregion Kursk. Wie ist dieser Vorstoß der Ukraine zu erklären? Anne Brühl in Odessa.08.08.2024 | 0:59 min
In dem Gebiet liegt auch die Gasmessstation Sudscha - die ebenfalls im Visier der ukrainischen Truppen ist. Über diese läuft der Transit von russischem Erdgas durch die Ukraine und weiter in die Slowakei und nach Österreich. 2023 wurden auf diesem Wege trotz des laufenden Krieges 14,6 Milliarden Kubikmeter Erdgas nach Europa transportiert.
Der österreichische Osteuropaexperte Gerhard Mangott erklärte auf X, dass die Militäroperation in Kursk "die Gefahr einer Unterbrechung des Gastransits von Russland nach Zentraleuropa" berge. "Dann nämlich, wenn der letzte Einspeisepunkt für russisches Gas in Sudscha durch die Kampfhandlungen beeinträchtigt oder gar zerstört werden könnte."
Je mehr die Ukraine zeigen kann, dass sie vorstoßen kann und danach nichts passiert, entlarvt sie Russland Schritt für Schritt, sagt Militärökonom Marcus Keupp.08.08.2024 | 27:50 min
Wie viele Soldaten sind im Einsatz?
Russischen Angaben zufolge sind gut 1.000 ukrainische Soldaten an der Operation beteiligt. Verschiedene Blogger schätzen die Stärke der Ukrainer auf 900 bis 2.000 Mann. Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben nicht. Die Ukraine selbst hat sich bislang offiziell nicht zu dem Angriff geäußert.
Militärexperte und Oberst a.D. Ralph Thiele gab im ZDF-Morgenmagazin zu bedenken, dass die ukrainischen Truppen, die über die Grenze gegangen seien, nun in Donezk fehlen würden. Dort würden die "wirklich heftigen Gefechte toben".
Der Angriff auf Kursk werde "wohl nicht zu diesem Ziel, zu dem Ergebnis führen, dass russische Verbände […] ausgedünnt werden", analysiert Ralph Thiele, Oberst a.D..08.08.2024 | 5:04 min
Was bedeutet der Vorstoß für den Ukraine-Krieg?
"Das Überraschungsmoment scheint auf Seiten der Ukrainer zu liegen", erklärt Anne Brühl. "Viele glauben hier auch, dass dieser ukrainische Angriff auf Kursk jetzt auch ein Signal sein könnte". Nach dem Motto: "Wir können auch Druck aufbauen, auch wir können euch auf eurem Gebiet angreifen."
Militärisch stehe die Ukraine aktuell sehr unter Druck, seit fast zwei Jahren gebe es im Grunde genommen überhaupt keine militärischen Erfolge mehr.
Bei einem ukrainischen Angriff auf die Grenzregion Kursk sollen laut russischen Angaben fünf Menschen ums Leben gekommen sein. Tausende Russen seien in Sicherheit gebracht worden. 07.08.2024 | 0:29 min
Zudem würde aktuell diskutiert, ob die Ukraine eine Art "Faustpfand" sucht für Friedensverhandlungen, so Brühl.
Militärexperte Marcus Keupp von Militärakademie der ETH Zürich erklärte jedoch, dass die Ukraine für einen dauerhaften in Effekt in Kursk einiges investieren müsse: "Entscheidend für diese Operation ist wie immer die Logistik: In einen Raum vorstoßen ist leicht - ihn dauerhaft zu halten, erfordert aber kontinuierlichen Nachschub."
Ralph Thiele zufolge ziele der Angriff vor allem auf den Informationskrieg zwischen beiden Seiten. Präsident Wolodymyr Selenskyj müsse verschiedene Zielgruppen bespielen - die Menschen und Entscheidungsträger in der Ukraine - aber auch die Unterstützer außerhalb des Landes.
Angesichts eines möglichen dauerhaften Erfolgs des Vorstoßes äußerte er sich skeptisch. "Hier haben wir in der Gegend viele russische Verbände, das heißt also, es wird wahrscheinlich nicht zu dem Ergebnis führen, dass die russischen Verbände jetzt in diesem umkämpften Bereich ausgedünnt werden", so Thiele.
Die Ukraine ist erstmals seit Beginn des russischen Angriffskriegs in russisches Territorium vorgestoßen. Was bringt die Offensive? Die Analyse bei ZDFheute live.08.08.2024 | 39:29 min
Was bedeutet der Angriff für Russland?
"Das trifft Russland, das verunsichert die Menschen", erklärt ZDF-Korrespondent Armin Coerper in Moskau.
In der russischen Stadt Kursk kam es heute zu Kämpfen. Mehrere Menschen sollen bei den Angriffen getötet oder verletzt worden sein. Armin Coerper und Anne Brühl berichten.07.08.2024 | 2:07 min
Der Angriff könnte Ralph Thiele zufolge gleichzeitig Putins Narrativ in der Bevölkerung verstärken, demzufolge Russland von der Nato angegriffen werde. "Wir haben jetzt hier auch Stryker-Fahrzeuge, also amerikanische Fahrzeuge, bei diesem Vorstoß in Richtung Kursk. Das heißt, man wird das als Beleg nehmen, dass das Narrativ von Putin stimmt."
Wladimir Putin reagiere am Dienstag auf die Angriffe und warf Kiew eine "groß angelegte Provokation" vor. Die Ukraine feuere "wahllos, mit Waffen verschiedener Art, auf zivile Gebäude, Wohnhäuser und Krankenwagen", sagte er bei einem im Fernsehen übertragenen Treffen mit Regierungsmitgliedern. Weiter gab er an, sich mit den Chefs seiner Sicherheitsdienste über eine Reaktion beraten zu wollen.
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Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.