Oktoberfest :Wie groß ist die Corona-Gefahr auf der Wiesn?
|
Das Oktoberfest ist der ideale Ort, um sich einen Virus einzufangen. Experten sehen jedoch keine größere Gefahr durch Corona. Die klassische "Wiesn-Grippe" könnte es aber geben.
Gäste im Hofbräu-Festzelt auf der Theresienwiese (Archiv 2022)
Quelle: imago/Future Image
Corona? Was war das noch? Zweimal hat die Stadt München das Oktoberfest wegen der Coronapandemie abgesagt. Im vergangenen Jahr gab es noch besorgte Stimmen - doch die Riesen-Wiesn-Welle blieb aus.
Dieses Jahr besorgt Sars-CoV-2 die Mediziner vor dem größten Volksfest der Welt nur noch wenig. Die bierselige Enge voller Festzelte bleibt aber ein Eldorado für Krankheitskeime - und vor allem für leicht übertragbare Erkältungsviren. Millionen Gäste aus aller Welt werden von diesem Samstag an bis zum 3. Oktober zu dem Volksfest in München erwartet - und mit ihnen diverse Erreger.
Experten sehen keine größere Corona-Gefahr auf den Wiesn
Schon vor der Pandemie begann regelmäßig kurz nach dem Wiesnstart in München das große Niesen: Das Phänomen "Wiesn-Grippe" ist lange bekannt - und gehört dazu wie die Maß Bier und das Hendl. Die Wiesn werde auch in diesem Jahr die Zahl der Atemwegserkrankungen steigen lassen, sagt der Leiter der Infektiologie des Klinikums rechts der Isar der Technischen Universität München, Christoph Spinner.
Auch Clemens Wendtner, Chefarzt der Infektiologie an der München Klinik Schwabing, der Anfang 2020 die ersten Corona-Patienten in Deutschland behandelt hatte, sagt: "Es kann das Infektionsgeschehen durch die Wiesn etwas angeheizt werden." Es sei aber anders als in den ersten beiden Pandemie-Jahren absolut vertretbar, das Volksfest wie früher zu feiern.
Keine große Winter-Welle erwartet
Wendtner, in der Pandemie einer der vorsichtigsten in der Diskussion um Corona-Schutzmaßnahmen, sieht in diesem Herbst und Winter erstmals einigermaßen entspannt entgegen. Anders als 2022 habe es keine Sommerwelle gegeben. "Ich glaube nicht, dass wir eine riesige Welle wie bei Omikron erwarten. Da bin ich optimistisch für diesen Winter." Dennoch sollten Risikopatienten, Ältere und Gesundheitspersonal sich gegen Corona impfen lassen, ebenso gegen Grippe und unter Umständen auch gegen das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV).
Sowohl die Grippe als auch die RSV-Saison war 2022 sehr früh gestartet, im September und Oktober - genau zur Wiesnzeit. Mit einer Impf-Vorsorge für die Wiesn wird es zeitlich aber knapp.
Angepasste Corona-Impfung kommt für das Oktoberfest zu spät
Der Grippe-Impfstoff soll bis Monatsmitte ausgeliefert werden. Die neuen Corona-Vakzine könnten laut Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ab 18. September in den Praxen sein - zwei Tage nach dem Oktoberfest-Start. Und bis nach einer Impfung ein wirksamer Schutz eintritt, vergeht mindestens eine Woche. "Wenn ich könnte, würde ich mich noch vor dem Oktoberfest gegen Influenza und Corona impfen lassen. Aber für einen Impfschutz rechtzeitig zur Wiesn wird es nicht reichen", sagt Spinner.
Schon 1854 und 1873 wurde die Wiesn wegen einer Pandemie abgesagt: die Cholera wütete damals in der Welt. Auf der Wiesn werden trotz dicht gedrängter Massen offenbar jenseits von Erkältungsviren übertragbare Krankheiten kaum ausgetauscht. Magen-Darm-Erkrankungen, Herpes, Krätze, Läuse - all das spielt keine größere Rolle.
Selbst das ansteckende Noro-Virus hat bisher auf der Wiesn zu keinem Ausbruch geführt. Erbrechen ist zwar ein typisches Volksfest-Phänomen, aber meist als Folge übermäßigen Alkoholgenusses.
In den Fokus rückte nach der Welle bei Kindern im vergangenen Winter das RS-Virus. Es trifft, so die Ärzte, keineswegs nur Kleinkinder, sondern auch Erwachsene. "Es ist sehr wahrscheinlich, dass RSV auch auf dem Oktoberfest eine Rolle spielen wird", sagt Spinner.
Vor Corona hatte sich kaum jemand um steigende Zahlen von Erkältungsfällen durch Volksfeste gekümmert. 2022 zeigte: Nicht nur zur Wiesn, sondern auch während anderer großer Volksfeste stiegen - vermutlich exemplarisch auch für andere Erkältungskrankheiten, die nicht registriert wurden - die Corona-Inzidenzen.