Andreas Wellinger geht erstmals als Führender ins Neujahrsspringen der Vierschanzentournee. Die Schanze in Garmisch liegt ihm. Trägt ihn die Euphorie-Welle zum zweiten Sieg?
Die Unterstützung der deutschen Skisprung-Fans ist Wellinger gewiss.
Quelle: dpa
Andreas Wellinger hat schon vor dieser 72. Vierschanzentournee seinen Traum ganz klar formuliert: "Ich will am 6. Januar lesen: Endlich wieder ein Deutscher ganz oben."
Die Chancen stehen nach Wellingers spektakulärem Auftakt-Triumph von Oberstdorf gut, dass er selbst für den ersten deutschen Gesamtsieg seit 22 Jahren sorgen könnte. Der DSV-Adler will sich auch beim Neujahrsspringen (14 Uhr / ZDF live) von der Welle der neuen deutschen Skisprung-Begeisterung tragen lassen.
Andreas Wellinger nimmt Kurs auf den Sieg beim Neujahrsspringen. Die Qualifikation zum zweiten Wettbewerb der Vierschanzentournee gewinnt allerdings der Slowene Anze Lanisek.
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In der Qualifikation hat das schon gut geklappt: Er sprang Tagesbestweite und wurde Zweiter hinter Anze Lanisek.
Wellinger von Atmosphäre begeistert
25.500 Zuschauer in Oberstdorf hatten Wellinger in einem schwarz-rot-goldenen Fahnenmeer zum Sieg getragen. "Der Wettkampf, die Kulisse - ich habe noch nie gehört, dass die deutsche Hymne so laut mitgesungen wurde. Megageil", schwärmte er mit fast kindlicher Freude und einem Dauerlächeln im Gesicht.
Ein Haar in der Suppe, das Andreas Wellinger beinahe zum Verhängnis geworden wäre. Bei der Qualifikation in Oberstdorf hatte sein Anzug beim Jubeln nach der Landung einen Riss bekommen. Das hätte zur nachträglichen Disqualifikation führen können. ZDF-Experte Severin Freund und der österreichische Springer Stefan Kraft über die Regel.31.12.2023 | 2:02 min
Am Tournee-Ruhetag danach war er beim Krafttraining und der anschließenden Fahrt nach Garmisch-Partenkirchen jedoch schon wieder fokussiert auf die nächste Station dieser anstrengenden Tournee.
Wellinger: Garmisch keine Problemschanze mehr
"Ich bin ja schon ein alter Hase und kann die Emotionen in die richtigen Bahnen lenken. Es gilt jetzt, die richtige Balance zwischen Entspannung und Anspannung zu finden und einfach Sprung für Sprung zu denken", so Wellinger.
Seine "Problemschanze" bei dieser Tournee, mit der er in der Vergangenheit oft zu kämpfen hatte, hat Wellinger jedenfalls schon mal überwunden:
Qualifikations-Springen der Vierschanzentournee in Garmisch-Partenkirchen sowie die 10-Kilometer-klassisch-Rennen bei der Tour de Ski in Toblach/Italien.
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Die Konkurrenz ist Wellinger auf den Fersen
Der Japaner Ryoyu Kobayashi, der die Tournee 2019 und 2022 gewann, liegt nur drei Punkte (umgerechnet 1,66 Meter) zurück. Und auch der Österreicher Stefan Kraft als bisheriger Weltcup-Dominator liegt mit knapp sechs Metern Rückstand in Schlagdistanz zu Wellinger.
Und Wellinger weiß, dass man speziell auf der eigenwilligen Schanze von Garmisch-Partenkirchen "ganz schnell mal zehn Meter verlieren kann." Der letzte deutsche Sieg dort durch Sven Hannawald liegt übrigens genau wie der Gesamtsieg 22 Jahre zurück.
Nach schweren Jahren glänzt Andreas Wellinger zum Auftakt der Vierschanzentournee. Mit der Rolle des nun Gejagten kann der DSV-Adler umgehen. Der ganz große Coup scheint möglich.
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Die Tournee-Schanzen liegen Wellinger
Hoffnung für die zweite Station des Skisprung-Grand-Slams macht Wellinger, dass er die Große Olympiaschanze eigentlich gern mag. Schon vor zehn Jahren landete er hier im zarten Alter von 18 auf Platz fünf.
Auch die restlichen beiden Tournee-Schanzen in Innsbruck und Bischofshofen, wo er 2018 als Dritter jeweils aufs Podest sprang, liegen dem deutschen Tournee-Spitzenreiter.
Starkes deutsches Skisprung-Team in Lauerstellung
Dazu hat er ein deutsches Team an der Seite, das so stark wie ewig nicht mehr ist: Philipp Raimund und Karl Geiger (jeweils etwa 13 Meter Rückstand zu Wellinger) haben auf den Plätzen sechs und sieben selbst noch Außenseiter-Chancen auf eine Attacke nach ganz vorn. Und selbst Pius Paschke (etwa 16 Meter zurück) liegt als Elfter noch ordentlich im Rennen.
"Für uns wird es sehr schwierig, da ganz vorn noch einzugreifen. Aber am wichtigsten ist: Wir haben einen da ganz vorn", schätzt Karl Geiger ein: "Andi hat derzeit einfach unwahrscheinlich viel Konstanz auf höchstem Niveau":
Ähnlich sieht das auch Bundestrainer Stefan Horngacher. Nicht nur der Chefcoach glaubt, dass Wellinger bei dieser Tournee "durchziehen" könnte. Damit es am 6. Januar nach dem Finale in Bischofshofen Wellingers gewünschte Schlagzeile gibt.
2022/2023: Halvor Egner Granerud (Norwegen) … 11. Andreas Wellinger
2021/2022: Ryoyu Kobayashi (Japan) … 4. Karl Geiger
2020/2021: Kamil Stoch (Polen), 2. Karl Geiger
2019/2020: Dawid Kubacki (Polen) … 3. Karl Geiger
2018/2019: Ryoyu Kobayashi (Japan), 2. Markus Eisenbichler
2017/2018: Kamil Stoch (Polen), 2. Andreas Wellinger
2016/2017: Kamil Stoch (Polen) … 7. Markus Eisenbichler
2015/2016: Peter Prevc (Slowenien), 2. Severin Freund
2014/2015 Stefan Kraft (Österreich) … 6. Richard Freitag
2013/2014 Thomas Diethart (Österreich) … 10. Andreas Wellinger
2005/2006 waren der Finne Janne Ahonen und der Tscheche Jakub Janda mit 1081,5 Zählern am Ende exakt punktgleich. Also wurden das einzige Mal in der Geschichte zwei Gesamtsieger gekürt.