Kommt derzeit schwer in Tritt, was auch an seinen Nebenleuten liegt: Emre Can, der hier vom Bochumer Kevin Stöger (links) gestoppt wird.
Quelle: Ina Fassbender / AFP
Da war er wieder, der alte Emre Can: Kunstvoll per Hacke geklärt - kurz vorm eigenen Strafraum. Wenn’s gut geht, Respekt! So wie beim
Länderspiel gegen Frankreich, bei dem Cans Showeinlage sogar die Führung fürs DFB-Team einleitete.
Die Fans von Borussia Dortmund kennen aber auch die Kehrseite: Cans gefährlicher Hang zum Schnörkel hat oft für kollektives Stöhnen im Dortmunder Stadion gesorgt.
Härtetest in der Champions League gegen PSG
"Emre ist das Spiegelbild unserer ersten Spiele", hatte BVB-Trainer Edin Terzic vorm
mühevollen Sieg beim SC Freiburg gesagt. Der 29-Jährige verkörpert den schwierigen Neustart des Beinahe-Meisters der Saison 22/23, der nach vier mäßigen Auftritten und Punktverlusten in der
Bundesliga nun in der
Champions League bei Paris Saint-Germain zum Härtetest antritt (Dienstag, 21 Uhr, ausführlicher Bericht im ZDF am Mittwoch ab 23 Uhr).
Borussia Dortmund hat die hohe Auswärts-Hürde beim SC Freiburg erfolgreich genommen. Nicht zuletzt dank eines Doppelpacks von Mats Hummels siegte der BVB mit 4:2.18.09.2023 | 9:11 min
Can spielt oft unglücklich und ist noch nicht in der Lage, dem wackligen BVB-Spiel die nötige Struktur und Sicherheit zu geben. Etwa, wenn die Gegner nickelig dagegenhalten wie in Bochum, frech ihr Glück suchen wie Köln oder sogar strukturiert antworten wie Heidenheim oder zuletzt Freiburg.
Emre Can, der Antreiber und Leader
Das war vergangene Saison ganz anders bei der spektakulären Aufholjagd, die fast mit dem Titel belohnt wurde. Allrounder Can ging als Leader voran - zweikampfstark, mutig und effektiv.
Zurück zu den Basics - dieses Motto hatte Can extrem gutgetan: keine unnötigen Zweikämpfe mehr, keine Risikopässe, im Zweifel den Ball auf die Tribüne jagen.
Emre Can brilliert in der Rückrunde
So entwickelte sich Dortmunds Nummer 23 im dritten Jahr für Schwarz-Gelb zum Dauerbrenner und zeigte seine beste Halbserie im BVB-Dress. Dass Can im dramatischen Saisonfinale gegen Mainz nicht zum Elfmeter antreten durfte, bedauern heute noch viele Fans.
Was für ein Drama: Borussia Dortmund wird von Mainz früh kalt erwischt, verschießt einen Elfmeter und kommt am Ende nur noch zu einem 2:2 - zu wenig für den Titel.28.05.2023 | 9:44 min
In der neuen Spielzeit sucht Can seine Form - wie die meisten Teamkollegen. Mit dem fehlenden Selbstvertrauen ist der Hang zum Risiko zurück. Vier Gelbe Karten in fünf Pflichtspielen sprechen Bände - in Freiburg schrammte Can schon in der Anfangsminute an Rot vorbei.
Can auf sich allein gestellt
"Wir müssen es einfach schaffen, den Gegner im Mittelfeld zu dominieren", forderte Abwehrchef Mats Hummels. Dass dies zurzeit nicht gelingt, liegt aber längst nicht nur an Can. Trainer Edin Terzic hat keine Antwort gefunden, wie er den Qualitätsverlust durch die Abgänge von Raphael Guerreiro und Jude Bellingham kompensieren will. Seine Spielidee ist bislang nicht erkennbar.
Der robuste Abräumer Can ist oft auf sich allein gestellt, dabei benötigt er Absicherung. Marcel Sabitzer und Felix Nmecha, sind noch keine Hilfe im Mittelfeld. Auch die Unterstützung über die Außen ist lässt zu wünschen übrig.
Kein echtes Trainingslager beim BVB
Zudem rächt es sich, dass es wegen der PR-Reise in die USA kein echtes Trainingslager gab und nur wenig Chancen, Automatismen einzuüben.
Bislang hält Terzic an etablierten Strukturen fest. An Sebastien Haller im Sturm etwa, der nun in das Loch fällt, das nach seiner Krankheit viel eher zu erwarten war. Aber auch am System, in dem Can als tief stehender Sechser oft verloren wirkt. Dass der Trainer ihn zum Kapitän beförderte, macht die Sache nicht leichter.
Wäre Edson Alvarez eine Hilfe gewesen?
Can ist zudem unverschuldet zwischen die Stühle geraten. Sportdirektor Sebastian Kehl wollte den vier Jahre jüngeren Edson Alvarez von Ajax Amsterdam fürs zentrale Mittelfeld holen, ehe Terzic sein Veto einlegte.
Aber auch der Coach scheint nicht uneingeschränkt von seinem Kapitän überzeugt zu sein. Sonst hätte er ihn beim Saisonauftakt gegen Köln nicht so früh vom Feld genommen oder in Freiburg in die Dreierkette verschoben, als das Spiel auf der Kippe stand.