Neue Beitragssätze zur Pflegeversicherung seit Juli 2023: Ganz allgemein wurde der Beitragssatz angehoben. Entlastungen gibt es für Eltern, Zuschläge für Kinderlose.
Quelle: Imago/Christian Ohde
Die Vorgaben aus Karlsruhe waren klar: Im April 2022 hatte das Bundesverfassungsgericht der Politik aufgetragen, beim Pflegebeitrag den Erziehungsaufwand von Eltern und auch die Zahl der Kinder stärker zu berücksichtigen.
Das hieß: Die
Bundesregierung musste ein Gesetz auf den Weg bringen, das eine neue Staffelung der Pflegebeiträge enthält.
Pflegereform: Neue Versicherungsbeiträge seit Juli
Konkret bedeutet das: Seit Anfang Juli zahlen Eltern mit zwei bis fünf Kindern weniger als bisher in die Pflegeversicherung ein. Für alle anderen steigt der Beitrag dagegen. Besonders stark betroffen sind Kinderlose und Rentner.
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von Kai Dietrich
Beitragssatz für Pflegeversicherung insgesamt angehoben
Allgemein wurde der Beitragssatz zu Anfang Juli um 0,35 Prozentpunkte angehoben. Der Arbeitnehmeranteil am Pflegebeitrag beträgt damit nun 1,7 Prozent des Bruttoeinkommens für Eltern mit einem Kind.
Wer ein Kind hat, gilt lebenslang als Versicherter mit Kind und muss unabhängig von dessen Alter für den Rest seines Lebens keinen Kinderlosenzuschlag mehr bezahlen. Nur die Entlastungen für zwei oder mehr Kinder sind zeitlich begrenzt - und zwar bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres des jeweiligen Kindes. Das gilt für beide Elternteile.
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Belastungen für Kinderlose und Rentner
Menschen ohne Kinder zahlen deutlich mehr: mit dem Kinderlosenzuschlag von 0,6 Prozentpunkten insgesamt 2,3 Prozent des Bruttoeinkommens (bisher: 1,875 Prozent). Der Arbeitgeberanteil beläuft sich bei allen Beitragszahlern im Berufsleben auf 1,7 Prozent.
Rentner müssen allerdings den vollen Pflegebeitrag selbst zahlen. Das sind meist 3,4 Prozent - den Kinderlosenzuschlag gibt es nur für Menschen, die nach 1940 geboren sind. Kinderlose Rentner, die nach diesem Jahr geboren sind, zahlen also vier Prozent.
Pflegebeiträge für Arbeitnehmer seit 1. Juli 2023
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Wie viel zahlt ein Arbeitnehmer mit zwei Kindern?
Ein Beispiel: Ein Berufskraftfahrer verdient 3.500 Euro brutto im Monat und hat zwei Kinder im Alter von 16 und 19 Jahren. Als Versicherter mit Kind muss er lebenslang keinen Kinderlosenzuschlag mehr bezahlen. Für ihn gilt also der ermäßigte Beitragssatz von 3,4 Prozent, an dem sein Arbeitgeber mit 1,7 Prozent beteiligt ist.
Dadurch, dass sein zweites Kind noch unter 25 Jahre alt ist, bekommt er zusätzlich einen Abschlag von 0,25 Prozentpunkten auf den Beitragssatz. Sein Anteil als Arbeitnehmer beläuft sich also auf 1,45 Prozent (50,75 Euro). Wird sein erstes Kind 25 Jahre alt, muss er sich mit 1,7 Prozent (59,50 Euro) am Pflegebeitrag beteiligen.
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Wie viel zahlt Rentnerin mit drei Kindern?
Ein weiteres Rechenbeispiel: Eine 65-jährige Rentnerin hat drei Kinder im Alter von 21, 23 und 25 Jahren. Auch sie gilt seit der Geburt ihres ersten Kindes als Versicherte mit Kind, muss also keinen Kinderlosenzuschlag mehr bezahlen.
Als Rentnerin trägt sie den Pflegebeitrag allein, kommt also auf einen Beitragssatz von 3,4 Prozent, der von der gesetzlichen Rente abgezogen wird. Bei einer Bruttorente von 1.500 Euro würden dann eigentlich monatlich 51 Euro fällig.
Zwei ihrer drei Kinder sind jedoch unter 25 Jahre alt. Pro Kind unter 25 Jahren erhält die Rentnerin somit einen Abschlag von 0,25 Prozentpunkten auf den Beitragssatz. Sie kommt damit auf einen Beitragssatz von 2,9 Prozent (43,50 Euro).
Wird eines der beiden Kinder 25 Jahre alt, erhöht sich der Satz auf 3,15 (47,52 Euro). Erreicht auch das zweite Kind die Altersgrenze, zahlt die Rentnerin wieder 3,4 Prozent ihres Bruttoeinkommens. Hätte sie gar keine Kinder, wären 60 Euro monatlich fällig.
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Rentenversicherung verlangt zunächst vollen Beitragssatz
Übrigens:
Die Rentenversicherung berücksichtigt die ermäßigten Sätze für Eltern mit zwei Kindern und mehr zunächst nicht und verlangt in vielen Fällen erst einmal 3,4 Prozent des Bruttoeinkommens, also den ermäßigten Beitragssatz für Versicherte mit Kind.
Die überzahlten Beiträge werden spätestens Mitte 2025 erstattet. Bis dahin soll es ein zentrales Nachweisverfahren über Anzahl und Alter der Kinder geben. Einige Arbeitgeber bieten schon jetzt vereinfachte Verfahren an, um den Beitragssatz schneller korrekt anzusetzen, Rentner müssen sich wohl bis 2025 gedulden.